Trauerbegleitung
Verdrängung ist auch keine Lösung
Lacrima heißt das neue Trauerzentrum für Eltern und Kinder in München. Hier soll Trauer verarbeitet und gelebt, aber nicht verdrängt werden.
In einem Punkt sind selbst die überzeugtesten Individualisten gleich: Jeder Mensch kommt nackt zur Welt und verlässt sie am Ende des Lebens als Häufchen Erde oder Asche. So nüchtern sehen Angehörige den Tod eines geliebten Menschen meistens nicht, denn sie trauern um den Verlust.
Trauer als Tabu
Die Trauer ist der Prozess, in dem sich der Mensch von einer emotionalen Beziehung zu Personen oder Lebensereignissen verabschiedet und löst. Daher sind trauernde Personen nicht krank, sondern sie leben ein notwendiges Grundbedürfnis aus. Im Gegenteil: Wer nicht trauert und den persönlichen Verlust leugnet oder verdrängt, hat auf lange Sicht mit pathologischen Problemen und Störungen zu kämpfen.
Allerdings ist es für Betroffene oft schwierig, die Trauer im eigenen Umfeld auszuleben, denn Gefühle zeigen bedeutet in diesem Fall auch Schwäche offenbaren. In einer stark leistungsbetonten Gesellschaft wird die Trauer nicht einfach akzeptiert, sondern es werden weiterhin Erwartungen an den Trauernden gestellt, erklärt Diplom Psychologe Johannes Röhrens, Leiter der Psychosozialenberatungsstelle des Studentenwerks München.
Für die Auseinandersetzung und Verarbeitung des Todes braucht es also einen geschützten Rahmen und ein offenes, verständnisvolles Umfeld. Die Johanniter München haben genau dieses Bedürfnis von trauernden Menschen aufgegriffen und das Trauerzentrum für Eltern und Kindern gegründet.
Familien brauchen besondere Untersützung in ihrer Trauer. (Foto: pexels.com)
Vor allem Familien brauchen besondere Unterstützung und Angebote, um den Tod eines Elternteils oder Geschwisters zu bewältigen. Eltern sind oft selbst so sehr mit ihrer eigenen Trauerarbeit beschäftigt, dass die Kinder keinen Raum zum trauern finden und der Familie nicht zur Last fallen wollen. Manche Kinder verdrängen dann ihre Trauer oder leiden unter Schuldgefühlen. Auch in Wutanfällen und Apathie kann sich die kindliche Trauer äußern.
Trauer bewusst und unbewusst erleben und aufarbeiten
In den Gruppenstunden von Lacrima hat jedes Kind die Möglichkeit den Verlust bewusst zu thematisieren und sich an den Verstorbenen zu erinnern. Hier finden die Kinder auch Anschluss zu Gleichaltrigen, die ein ähnliches Schicksal teilen und fühlen sich so verstandener und weniger allein mit ihrem Leid, meint Tobias Rilling, Gründer von Lacrima.
Während Sozialarbeiter und Geistliche die Eltern der Kinder beraten und begleiten, können diese in einem Toberaum, Rollenspielzimmer und Kunstwerkstatt ihre Erlebnisse aufarbeiten. Das Trauerzentrum bezieht im Dezember diesen Jahres neue Räumlichkeiten in München-Obergiesing, um sich zu erweitern und eine zentrale Anlaufstelle für Hilfesuchende anzubieten.