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Rodeo Festival 2016

Bloom Up im Gespräch

Quelle: Daniel Doêmoêlky

Das "Bloom Up" Team

Was bietet die freie Szene Budapests? Wie lebt eine Künstlerin in Athen? Das "Bloom Up" Team diskutiert. Vier Künstlerinnen – vier verschiedene Kulturen. 

"Bloom Up im Gespräch". Hinter dieser Veranstaltung des Rodeo Festivals verbirgt sich ein weibliches Quartett aus den verschiedensten Ecken Europas. Deutschland, Ungarn, Griechenland, Serbien. Gemeinsam haben die Künstlerinnen das Stück "Get to know Kassandra" konzipiert, welches ebenfalls Teil des Rodeo Programms ist. An diesem Abend sind nur Jessica Glause und Beatrix Simkó anwesend. Kleopatra Markou, griechische Schauspielerin, und die serbische Bühnenbildnerin Aleksandra Pavlovic sind krank. Trotzdem entwickelt sich, vielleicht gerade deshalb, eine intensive Diskussion in persönlicher Atmosphäre.
Eine handvoll Leute hat sich an diesem Freitag Abend im Studio 2 des Muffatwerks zusammen gefunden. Auf Grund der spontanen Ausfälle liegt der Fokus vor allem darin eine Brücke zwischen Ungarn und Deutschland zu schlagen. 

Die Idee hinter der Veranstaltung: Einen Blick auf Arbeitskomplexe und Möglichkeiten werfen.

Was heißt es überhaupt in einer nicht deutschen Theaterlandschaft zu produzieren und zu arbeiten? Und gibt es überhaupt eine freie Szene in Budapest?
Absolut. Und sie ist nicht gerade klein. Theater und Tanz bilden schon lange eine Untergrundszene in den Straßen der ungarischen Hauptstadt. Trotzdem nimmt Beatrix Simkó, die selbst freischaffende Tänzerin ist, dem Publikum schnell die sowieso utopische Illusion: die staatliche Unterstützung für freie Künstler lässt mehr als zu wünschen übrig. Von einem sorglosen Leben ist man da weit entfernt.
Zwar bietet das staatliche System einige Kollaborationen und Möglichkeiten zur Finanzierung einer Produktion – aber die Companies lassen sich an einer Hand abzählen. Viele Nationaltheater sind zudem sehr staatskonform und geben wenig Raum für freie Themenwahl und kritische Reflektion. Auch wenn man da beide Augen zudrückt, eine Wahl hat man nicht. Feste Stellen sind nicht existent. Außerhalb von Budapest erst recht nicht.

Was bleibt ist der Blick ins Ausland.

Mit anderen Künstlern und einem bunten Geflecht aus verschiedensten Nationen zu arbeiten ist für viele die einzige Chance. Für Beatrix ist Europa die Eintrittskarte in verheißungsvolle Projekte. Neben dem "Bloom Up" Team ist sie gemeinsam mit ihrer griechischen Kollegin Kleopatra auch an einer Kooperation in der Schweiz beteiligt.
Ob das nicht eine finanzielle Zwangsheirat ist, die nicht ermöglicht selbst kreativ zu werden und eigene Gedanken umzusetzen, verneint sie bestimmt: Wer sehr lange nur in der freien Szene Budapests zugegen ist, wird irgendwann deperessiv in der Endlosschleife des immer gleichen Alltags. Die Kooperationen bringen da frischen Wind. 

München als sehr gutes Pflaster für Kunst- und Kulturschaffende

Ganz anders empfindet das Jessica Glause, Regisseurin aus München. Im Vergleich zu ihren Kolleginnen befindet sie sich in einer sehr priviligierten Position. Trägt aber auch Verantwortung. Und ist mehr für die finanzielle Seite zuständig als ihr lieb ist.
Jessica sieht sich vor allem als Kollaborateurin. Auch wenn das "Bloom Up" Team mit "Get to know Kassandra" vordergründig eine performative Bühnenform darstellt, steht für die Regisseurin in erster Linie administrative Arbeit an.

Eine freiwillige Entscheidung ist das weniger. Als einzige deutsche Muttersprachlerin des Künstlerteams zählen auch die Finanzen zur ihren Aufgaben. BGR gründen, Verantwortung tragen und jede Menge Papierkram. Das ist Zusatzarbeit! Trotzdem sieht Jessica die Machthierarchie weniger durch Geld gebildet, als durch Sprache. Sie schreibt alles. Prägt konzeptionelle Ideen. Das macht die Produktion manchmal schwierig. Was für sie einfaches navigieren durch die deutsche Grammatik darstellt, ist für die anderen drei mit viel Anstrengung verbunden.

Ein weiterer Punkt ist das Ungleichgewicht der Gage. Schaut sich die Regisseurin nach Produktionen im Ausland um, verlangt sie wesentlich mehr Geld als ihre Kollegen aus Moldawien. Das liegt vor allem an den unterschiedlichen Preisniveaus der Länder. Von Münchens unverschämt teuren Pflaster mal ganz zu schweigen.

Das Gespräch zeigt: Die Arbeitsbedingungen und Möglichkeiten freier Künstler in Europa unterscheiden sich stark.

Durch die Zunahme internationaler Projekte entsteht eine wechselseitige Vernetzung, die gerade für Länder mit weniger finanziellen Mitteln unabdingbar ist. Gleichzeitig entstehen neue Abhängigkeiten und Machthierarchien, deren Lösungen noch in den Startlöchern stehen.

Trotzdem ist nicht alles schwarz und weiß. Was wir uns im Münchner Kreativquartier wünschen, ist in Budapest schon längst vorhanden: Interdisziplinäre Künstler, ein öffentlicher Tanzsaal und ein Café, das Platz für neue Begegnungen bietet.

"Bloom Up im Gespräch" war am 8. und 9. Oktober im Rahmen des Rodeo Festival 2016 in der Muffathalle zu sehen.

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