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Raubkunst oder Kunstraub?

Autor(en): Carmen Thornton am Montag, 4. November 2013
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Quelle: © blu-news.org(blu-news.org)

Justizpalast München

Was haben Picasso, Matisse und Beckmann in einer Schwabinger Wohnung verloren? Richtig - ihren rechtmäßigen Besitzer!

Über 1500 Bilder in einer einzigen Wohnung: Die hat die Polizei schon 2011 gefunden. Jetzt erfährt auch die Öffentlichkeit davon.

 

Der Selfmade-Kunsthändler Cornelius Gurlitt fiel schon 2010 in einer Zollfahndung für Bargeld auf, als er 9000 Euro in in 500-Euro-Scheinen über die die Schweizer Grenze bringen wollte. 2011 konnte man ihn schließlich dingfest machen und erhielt einen Durchsuchungsbefehl. Dass man in seiner Schwabinger Wohnung nicht groß suchen brauchte, war schnell klar:

Zwischen vergammelten Konserven und Gerümpel hortete der 80-jährige jahrzehntelang rund 1500 Meisterwerke der Crème de la Crème der Modernen Kunst wie u.a. Marc Chagall, Franz Marc und Pablo Picasso im Wert von rund einer Milliarde Euro.

Das Erbe des Nazi-Regimes

Sein Vater Hildebrand Gurlitt (gest. 1956) kaufte die vom Nazi-Regime diffamierte „Entartete Kunst“ in den 30er- und 40er Jahren für billiges Geld von jüdischen Kunstfachhändlern auf. Teils verkaufte er die Meisterwerke teuer im Ausland, teils an inländische Sammler und einen Großteil behielt er selbst, wohl wissend wie wertvoll die einst vom Nazi-Regime konfiszierte Kunst war. Anschließend behauptete er, sein Kunstlager sei im Feuersturm von Dresden verbrannt. Nach seinem Tod vermachte er die Sammlung seinem Sohn. Dieser veräußerte die Drucke, Radierungen, Stiche und Gemälde, wenn er knapp bei Kasse war.

Wer zuletzt malt, malt am Besten

Seit dem Fund im Frühjahr 2011 werden die Gemälde im Hochsicherheitstrakt in Garching verwahrt. Dort untersucht sie die Kunsthistorikerin Meike Hoffmann von der FU Berlin auf den Wert und versucht die rechtmäßigen Eigentümer ausfindig zu machen.

Außerdem ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen Cornelius Gurlitt wegen Verdacht auf Steuerhinterziehung.

Das muss man sich mal ausmalen!

Wie ist es möglich, dass Gurlitt den „Löwenbändiger“ von Max Beckmann noch nach der Razzia in seiner Wohnung 2011 für 864.000 Euro versteigern konnte? Das Zuständige Kölner Auktionshaus Lempertz konstatiert, dass dieses Werk nicht im internationalen Art-Loss-Register verzeichnet war. Wie auch? Das Verzeichnis existiert erst seit 1991 und die Kunstwerke wurden schon im Dritten Reich beschlagnahmt. Es könnte also noch ein weiteres Kunstlager von Gurlitt existieren. Wo, ist bislang ungeklärt.

Wie kann es sein, dass wir von dem „größten Kunst-Skandal“, den wir seit der Nachkriegszeit hatten,“ erst nach zweieinhalb Jahren erfahren? Warum halten die Behörden diesen Fall so streng geheim? Laut Kunstmäzen und Rechtsanwalt Peter Raue hätten die Bilder längst ins Internet gehört, sodass sich jüdische Familien, denen die Kunstwerke damals weggenommen wurden, auf Anzeigen melden können.

Dem Recht auf den Zahn gefühlt

Rein rechtlich betrachtet geht ein Sachgegenstand nach 30 Jahren durch sogenannte „Ersitzung“ in das Eigentum des Besitzers, in dem Fall Gurlitt, über. Aber da es sich hier um „Entartete Kunst“ handelt, steht man vor einem moralischen Dilemma. Denn die ursprünglichen Eigentümer, meist jüdische Familien, haben einen sogenannten „Restriktionsanspruch“, sie müssten also die Bilder aufgrund der unrechtmäßigen Enteignung im Nazi-Regime zurückerhalten. Andererseits ist Kulturanspruch der Museen sowie der Stadt, dass die „Entartete Kunst“ öffentlich zugänglich gemacht wird und nicht in Privateigentum übergeht. Bei Museen, wie beispielsweise dem Lenbachhaus, das sich nach wie vor wehrt die „Entartete Kunst“, die in dessen Besitz ist, an die jüdischen Familien zurückzugeben, ist es das gleiche Spiel. Die Museen haben sich über die lange Zeit (über 30 Jahre) das Eigentum an den Meisterwerken ebenfalls „ersessen“. Es kommt hierbei auf die kunsthistorische Einschätzung und die Satzungen der Museen an, wie mit den Werken verfahren wird.

 

 

 

 

 

 

 

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