Home > Musiknews > "You rock it, Munich"
Dänischer Pop-Export

"You rock it, Munich"

Autor(en): Coline Kuche am Freitag, 17. April 2015
Tags: , , , , ,
Quelle: Stefan Pfeil

Darkness Falls im Milla Live Club (München) ©Stefan Pfeil

Das Milla war voll, das Publikum euphorisiert - Darkness Falls zeigten sich in Höchstform. Wir haben mit dem Duo vor dem Konzert noch gequatscht.

Es fühlte sich an wie ein Heimspiel: Josephine Philip und Ina Lindgreen wurden vor ihrem Konzert im Milla (16. April 2015) begeistert in Empfang genommen. Autogramme, Fotos - für alles nahmen sich die beiden Freundinnen ausreichend Zeit, um ihren Münchner Fans eine Freude zu bereiten. 

Das Konzert war - lasst es uns so sagen - ziemlich geil! Das Duo hat seine alten und neuen Songs in neuem Gewand präsentiert, sodass der Sound noch clubbiger war. Der Bass, der Beat alles nahm einen mit und verwandelte die Location zu einem riesigen Dancefloor. Das Publikum verfiel in regelrechte Euphorieausbrüche. Bei Songs wie "Hazy" oder "Dance & Cry" wurden trotz aller Dualitäts-Thematik auf der neuen LP von Darkness Falls, sich dann doch für das Tanzen entschieden. Die Band wurde erweitert durch einen Drummer, dessen Solo genauso gefeiert wurde wie die beiden Frauen selbst. Ina und Josephine hatten sichtlich Spaß, sodass mehr als einmal der Satz "You rock it, Munich" fiel.

Wir hatten die Gelegenheit noch vor dem Konzert mit Darkness Falls - ganz gemütlich auf der Eingangtreppe mit Espresso und Sonnenschein - über ihre Musik, Gesellschaft und Schreibblockaden zu sprechen.

"Unser neuer Sound ist ein Schritt nach vorn - und kein Blick zurück"

M94.5: Euer neues Album klingt im Vergleich zum Vörganger deutlich weniger nach Indierock, sondern ihr seid jetzt viel mehr auf der Elektro-Synthie-Schiene unterwegs. Typische Frage, aber trotzdem: Wie kam es dazu?

Josephine: Wir haben am Anfang einfach ausprobiert, wo die Reise hingehen soll. Wichtig war für uns, dass wir mit dem neuen Album nicht zurückblicken, sondern nach vorne gehen. Außerdem verändert man sich natürlich auch als Person. Wir sind nicht mehr die, die wir damals waren, als das Debüt erschienen ist. So ist der neue Sound von Darkness Falls entstanden - und auf dem Weg dorthin mussten auch schon einige "Darlings" dran glauben, die zu sehr nach unserer Vergangenheit geklungen haben.

M94.5: Euer Albumtitel "Dance & Cry" klingt paradox - das müsst ihr jetzt mal genauer erklären...

Josephine: Wir haben uns eigentlich ziemlich früh für den Titel entschieden, nachdem wir erst einige Songs im Gepäck hatten. Da hatte sich schon rauskristallisiert, dass das Album deutlich weniger tanzbar, aber basslastiger ist. Gleichzeitig haben wir uns zu dem Zeitpunkt viel mit der Dualität des Lebens beschäftigt: Nichts ist entweder oder, sondern alles ist eher beides. Du hast das Gute und das Schlechte, Schwarz-Weiß...Wenn jetzt was Doofes passiert, dann weißt du, dass danach was Gutes kommt.  Das haben wir versucht, mit den Texten und der Musik zu erklären.

"Junge Mädchen sollten in ihrem Versuch Musik zu machen mehr unterstützt werden"

 M94.5: Es wird momentan viel zum Thema Feminismus diskutiert: in den Medien und besonders in der Musik. Nehmt ihr an dieser Debatte irgendwie aktiv teil?

Josephine: Wir beschäftigen uns nicht aktiv und ständig damit, aber klar - es gibt defintiv einen Unterschied im Zugang zu Musik zwischen Männern und Frauen. Ina und ich haben schon öfter darüber diskutiert, wie das in unserer Musik ist. Wir mögen sowohl die maskuline, als auch die feminine Seite in unserer Musik. Das Feminine ist uns wichtiger, was ja zeigt, dass es da einen Unterschied gibt. Es wäre schon toll, wenn mehr Frauen Musik machen würden. Aber im Endeffekt sollten die Leute einfach machen, worin sie gut sind.

Ina: Vielleicht sollte man junge Mädchen schon früher unterstützen, wenn sie Musik machen möchten. Es gibt in Schweden ganz gute Programme, wo junge Mädchen in der Schule eine Woche verbingen und zusammen Musik machen können. Sowas gibt es auch in Dänemark und ist genau das Richtige, um mehr Frauen im Musikbusiness zu haben, denn ich kann mich an meinen musikalischen Beginn erinnern. Ich war ziemlich schüchtern, als ich mit 15-16 Jahren angefangen habe, Bass zu spielen. Ich hätte nicht so einfach vorspielen können im Proberaum, sondern musste üben und üben bis ich sicher war, dass ich es perfekt kann. Dadurch, dass man als Mädchen gewisse Erwartungen erfüllen muss, wäre es einfacher, wenn Mädchen ihre Erfahrungen gemeinsam mit anderen Musikerinnen machen können. Dann fühlen sie sich sicherer und trauen sich mehr.

M94.5: Das ist echt überraschend, dass du mal mit Unsicherheit zu kämpfen hattest, was dein Talent zum Bass spielen betrifft...

Ina: Ich meine, Josephine und ich haben uns ja kennengelernt in einer Ska-Band aus sechs Mädchen. Das war für mich der perfekte Rahmen um ohne Druck meine Fähigkeiten verbessern zu können, ohne mich mit Jungs zu vergleichen. Ich hatte auch schon vorher in Bands mit Jungs gespielt und das war anders im Proberaum, weniger befreit.

 

"Uns inspiriert Vieles - Hauptsache es versetzt uns in eine besondere Stimmung"

M94.5: Ihr habt mal in einem Interview gesagt, dass ihr euch z.B. von David Lynch Filmen inspieren lässt. Blöd gesagt: Guckt Ihr Euch da einen Film an und plopp - habt eine Idee für einen Song?

Josephine: [lacht] Es ist eher die Stimmung, die seine Filme tragen, die uns inspiriert. Eigentlich alles - also Kunst, Musik, Filme oder Peosie, was eine bestimmte Atmosphäre transportiert - dient uns als Inspiration. Unsere Musik, vielleicht sogar noch mehr im ersten Album, ist sehr cineastisch. Unsere Songs funktionieren, wenn Bilder im Kopf entstehen und bestimmte Emotionen ausgelöst werden. Es funktioniert leider nicht so einfach, dass wir einen Film gucken und dann einen kompletten Song vor Augen haben. Aber manchmal, wenn ich nicht weiter weiß, dann schaue ich mir tatsächlich Videoclips an, um neue Ideen zu generieren.

 M94.5: Also quasi als Strategie gegen Kreativlosigkeit. Habt ihr da noch andere Tipps, die helfen bei Blockaden?

Josephine: Für dieses Album haben wir echt mit verschiedenen Workflows experimentiert.

Ina: Wir haben zum Beispiel einen Timer gesetzt, für eine halbe Stunde dieses Spiel gespielt, kennst du das? Wenn man malt, umklappt und der andere zeichnet weiter ohne zu sehen was du vorher gemacht hast...? So haben wir das mit Sounds gemacht.

M94.5: Das ist ja eine ziemlich geile Idee...

"Unsere Brian-Eno Karten retten uns manchmal durch kreative Leerlaufphasen"

Josephine: Dann hatten wir noch: "You are not allowed to judge anything". Weißt du manchmal, wenn man in diesem kreativen Prozess ist, ist man ziemlich streng. Dann sagt man schon bevor irgendwas gemacht ist: It sucks!" [lacht]

Ina: [lacht] Diese eine Note, die geht gar nicht...und der andere denkt sich: Mein Gott, das ist eine Note, sei vielleicht einfach mal ein bisschen offener.

Josephine: Und machmal, wenn es wirklich zu intensiv wird, dann gehen wir auch einfach spazieren oder machen etwas komplett anderes.

Ina: Manchmal gehen wir auch einfach nach Hause und warten bis zum nächsten Tag. Oder mein anderer Favorit sind unsere Brian Eno-Karten, um auf andere Gedanken zu kommen. Da gibt es zum Beispiel: Mach solange wie möglich nichts.

Josephine: ...oder du solltest gärtnern. [lacht] Da kommt man einfach auf andere Gedanken

"Die Musikvideos liegen uns sehr am Herzen, deshalb stecken wir viel Energie in diese Add-Ons rein"

M94.5: Ihr habt zu vielen Songs auch Musikvideos produziert. Inwieweit seid ihr da im Schaffungsprozess involviert?

Ina: Wir suchen uns immer verschiedene Regisseure und viele Videos sind mit Josephines Schwester entstanden. Wir haben aber eigentlich immer schon eine konkrete Idee, was wir  möchten.

Josephine: Wenn der Regisseur natürlich eine Idee hat und wir die gut finden, dann probieren wir auch was anderes. Aber das Wichtigste ist, dass man einen gemeinsamen Geschmack hat. Für uns sind Musikvideos ein relevanter Zusatz und wir wünschen, dass jedes für sich steht und besonders ist. Es ist toll, um unsere Musik nochmal anders aufzugreifen. Statt klassisch Musik zu Bildern zu bringen, ist es genau andersrum. Das ist spannend!

Ina: Für uns müssen die Bilder am Ende genau die Stimmung transportieren, die wir mit der Musik rüberbringen. Deshalb geben wir uns viel Mühe mit der filmischen Umsetzung.

(Anm.: Ina kennt sich mit Film aus. Sie arbeitet in Dänemark auch für die TV-Produktion und hat Film studiert. Josephine ist genauso fleißig und arbeitet als professionelle Sprecherin.)

Platte des Monats

Conor O'Brien zeigt mit The Art of Pretending to Swim, dass Indie-Folk auch im Jahr 2018 noch spannender klingen kann, als man das von diesem Genre erwartet hätte. Das vierte Album der Villagers vereint, was eigentlich widersprüchlich wirkt: Folk mit R'n'B und Experimentierfreude mit Zugänglichkeit. 

mehr
M94.5 präsentiert
Donnerstag, 18. Oktober, 18 Uhr
M218 LMU Hauptgebäude
 
Munich Rocks!
Donnerstag, 18. Oktober 2018
 
Freitag, Samstag: 19./20. Oktober
 
Neuhauser Musiknacht
Samstag, 27. Oktober 2018
M94.5 Bühne @ Freiheizhalle

 

mehr
M94.5 auf Youtube

Der M94.5-Newsletter
Du willst regelmäßig News von M94.5? Dann musst nur deine E-Mail-Adresse angeben! Keine Angst, wir spamen deinen Posteingang auch nicht voll.
 
 
Die afk Familie