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Das virtuelle Nachleben

Das Internet - ein digitaler Friedhof?

Autor(en): Sarah Walzel am Samstag, 1. April 2017
Quelle: Sarah Walzel

Facebook-Tod

Nicht nur die Zahl der Internet-Nutzer nimmt zu, es steigt auch die Anzahl verstorbener User des WWW. Doch was passiert mit deren Konten?

Laut “rp-online.de” stirbt in Deutschland alle drei Minuten ein Facebook-Nutzer und verschiedenen Online-Studien zufolge, soll es weltweit mittlerweile fast 20 Millionen Facebook-Profile toter User geben. Nicht nur Facebook, soziale Netzwerke insgesamt - im Grunde alle Internetportale, die ein Userprofil benötigen, werden mehr und mehr zu digitalen Friedhöfen.

Eine Zukunft der virtuellen Grabsteine

Doch wie sieht das in einigen Jahren aus, wenn nicht nur die Anzahl verstorbener Profile steigt, sondern - in nicht mehr allzu weiter Zukunft - die „Digital Natives“ Senioren sind? Wie geht man mit diesem wachsenden Problem um? Facebooks-Pressekontakt in Deutschland, "Heine PR", konnte sich zu diesem Thema nicht äußern. Angeblich gebe es hierzu keinen Ansprechpartner von Facebook selbst. Es folgte lediglich ein Hinweis auf den Hilfebereich Facebooks. Und zwar auf das Kapitel: „Was passiert im Fall meines Ablebens mit meinem Konto?“

Was geschieht mit meinem Profil, wenn ich sterbe?

Eine Frage mit der man sich – wenn überhaupt – sicher nur ungern beschäftigt, Hinterbliebenen das Vorgehen aber ungemein erleichtert. Da man bei der Löschung fremder Konten oder Kündigung anderer Internetdienste laut Gesetz selbst erbberechtigt sein, oder zumindest einen Sterbeschein vorlegen muss. So kann man auf Facebook selbst, über einige Klicks im Bereich „Einstellungen“, einen „Nachlasskontakt“ auswählen, der sich im Falle des eigenen Ablebens dann darum kümmert, was mit dem Konto passiert. Die Optionen die Facebook bietet: Entweder die Löschung des Kontos oder es in ein „Gedenkkonto“ umzuwandeln. Bei einem solchen Account wird neben dem Namen „In Gedenken“ angezeigt und er wird keinen anderen Usern mehr als Freund vorgeschlagen - aber es bleibt weiterhin möglich, seine Posts anzusehen oder selbst etwas in der Chronik zu teilen - ein rührendes „Rest in Peace“ etwa. Da könnte uns eine Zukunft voller “virtueller Grabsteine” erwarte.

Wenn die Pinnwand zum digitalen Gedenkstein wird. Quelle: Sarah Walzel

Ein makaberer Trend?

Ein Facebook-Profil als digitaler Grabstein? Das klingt makaber. Aber es gibt durchaus Menschen, die über die Pinnwand des Verstorbenen mit ihm kommunizieren – ähnlich dem traditionellen Gebet am Grab, wobei die Worte, die man dem Verstorbenen dann in der Regel im Stillen ins Jenseits sendet, der ganzen Welt, Pixel für Pixel zugänglich sind. Weder Facebook, noch deren deutsche Presse-Vertretung “Heine PR” wusste eine wirkliche Antwort darauf, wie mit diesem Phänomen, also dem Umgang mit dieser ganz neuen und besonderen Sterbe- und Totenkultur, am besten umgegangen werden sollte - oder welches Vorgehen die Social-Media-Plattform plant, vor allem, wenn es keinen digitalen Nachlassverwalter für verstorbene User gibt. Also: Wenn Facebook einfach niemand Bescheid sagt, dass ein Nutzer tot ist. Dabei ist es ja ein offenes Geheimnis, dass Facebook viel über seine User weiß – manchmal scheint es, dass sie gar alles über sie wissen. Der Tod wird ihnen da bestimmt nicht entgehen.

Wäre es da nicht sinnvoll, einfache Mechanismen einzuführen?

..etwa die Löschung von Usern, die ein unwahrscheinliches Alter erreicht haben, die Jahre lang inaktiv waren oder an deren Pinnwänden sich die R.I.P.-Posts sammeln? Auch auf diese einfachen Fragen keine Antwort von Heine – nur der Hinweis auf weitere Websites, die mir bei diesem heiklen Thema keine Hilfe waren. Noch kann Facebook vor dieser Problematik die Augen verschließen - doch im Jahr 2098 wird die Zahl der toten User erstmals die der lebenden übertreffen (Quelle: http://www.telegraph.co.uk). Spätestens dann muss sich Facebook eine Lösung für ihr digitales Friedhofsproblem überlegen - auch, wenn das nur einfache Hochrechnungen basierend auf aktuellen Trends sind.

Abseits von Facebook

Ein weiteres Problem, das man im Moment des Todes eines geliebten Menschen sicher nicht im Kopf hat, ist die einfache Lokalisierung all seiner Internetpräsenzen. Jeder einzelne von uns ist auf zahlreichen Portalen angemeldet, in mehreren sozialen Netzwerken unterwegs oder vielleicht Kunde eines kostenpflichtigen Internetdienstes. Und all diese Profile erstmal ausfindig machen, kann schwierig sein. Klar, über Kontoabrechnungen lassen sich zumindest letztere schnell ausfindig machen und mithilfe eines Sterbescheins in der Regel problemlos kündigen. Doch bei den anderen Kategorien ist Detektivarbeit angesagt. Man kann über E-Mail-Konten suchen, den Namen (oder den regulär verwendeten Nicknamen) googeln oder auf Verdacht auf verschiedenen Portalen stöbern. Wer seinen Angehörigen einen Gefallen tun will, bestimmt also nicht nur seinen digitalen Nachlassverwalter im Testament, sondern hinterlässt jenem auch alle nötigen Zugangsdaten zu diversen Konten. Das mag sich nach einem unangenehm Eingriff in die Privatsphäre anhören, kann aber Hinterbliebenen viele Unannehmlichkeiten ersparen.

Platte des Monats

Conor O'Brien zeigt mit The Art of Pretending to Swim, dass Indie-Folk auch im Jahr 2018 noch spannender klingen kann, als man das von diesem Genre erwartet hätte. Das vierte Album der Villagers vereint, was eigentlich widersprüchlich wirkt: Folk mit R'n'B und Experimentierfreude mit Zugänglichkeit. 

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