Massagen der Versöhnung
Ein fiktives Interview mit Donald F. McKissinger, dem ebenso fiktiven amerikanischen Botschafter in Deutschland zu den Veröffentlichungen von Botschaftsprotokollen auf Wikileaks.
M94.5: Herr McKissinger, Wikileaks hat enthüllt, was amerikanische Diplomaten über die Politiker dieser Welt denken. Einige deutsche Würdenträger, wie zum Beispiel Herr Westerwelle und Frau Merkel kommen dabei nicht besonders gut weg. Ist eine offizielle Entschuldigung geplant?McKissinger: Nein, bis jetzt nicht. Außerdem wird das alles viel zu sehr dramatisiert. Man wird in Deutschland ja wohl noch sagen dürfen, dass Guido Westerwelle eine profilneurotische Knalltüte ist.
Ist ihr persönliches Verhältnis zu Herrn Westerwelle dadurch nicht gestört?
Ich persönlich hatte nie Kontakt zu Ihm. Er wollte nicht mit einem einfachen Botschafter sprechen, sondern immer nur mit Präsident Obama persönlich. Auch eine Einladung ins amerikanische Außenministerium hat er abgelehnt. Er wollte nur kommen wenn er und seine 100 köpfige Wirtschaftsdelegation mit der Air Force One abgeholt werden, und sein Lebensgefährte den nächsten Superbowl organisieren darf.
Aber Sie denken nicht, dass diese Enthüllungen das amerikanische Verhältnis zu Westerwelle in Zukunft belasten.Nein, wir haben sofort eine Taskforce zur Versöhnung mit verbündeten Politikern eingerichtet, und die hat die Sache mit Westerwelle bereits geregelt. Wir haben ihm zusicherten, dass ihn ab jetzt in der Botschaft jeder mit Namen anspricht. Dazu mussten wir extra ein Foto von ihm per Email rumschicken. Die meisten Mitarbeiter wussten gar nicht, dass er Außenminister ist. Die dachten er sei der Gewinner einer Big Brother Staffel, der seine Siegprämie für protzige Anzüge verpulvert hat und jetzt eine Art Stalker von Angela Merkel ist. Ausserdem hat die Taskforce ihm zugesichert, dass sich die amerikanische Delegationen bei internationalen Konferenzen nicht mehr an den allseits beliebten Späßen mit ihm beteiligen werden. Es wird nicht mehr mit Krampen auf ihn geschossen und es werden auch keine Zettel mehr auf seinen Rücken geklebt. Das Stuhl wegziehen wurde auch verboten. Selbst Kleinigkeiten wie Kopfnüsse und Ohrenschnippen sind ab jetzt untersagt.
Und was ist mit Frau Merkel? Aus den Dokumenten geht ja hervor, dass sie intern Teflon-Merkel genannt wird und als mutlos gilt.
Auch hier hat unsere Taskforce schnell gearbeitet. Sie haben es geschafft George W. Bush als Sonderbeauftragten zu reaktivieren. Zusammen haben sie beschlossen das Thema auszusitzen, während Bush sie dabei mit seiner legendären Shihatsu Massage massiert. Außerdem hat die CIA Helmut Kohls Speichelprobe vernichtet, die damals auf einer abgenagten Schweinehaxe sichergestellt wurde. Es wird damit definitiv kein Vaterschaftstest mehr gemacht.
Ist die amerikanische Botschaft also wieder mit allen deutschen Politikern im Reinen?
Im Prinzip ja. Wir haben auch mit Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel gesprochen. Er war gerade in Libyen, um sich über die optischen Vorteile einer weiblichen Leibgarde zu informieren. Er hat uns bestätigt, dass er gar nichts dagegen habe, wenn man ihn eine „Fehlbesetzung“ nennt. Er hält Entwicklungshilfe weiterhin für spätrömische Dekadenz. Und er will den Wikileaks-Skandal nutzen um sein Ministerium nachhaltig umzugestalten. Sein Budget will er für den Bau von Mövenpickhotels in Darfur ausgeben, um so auf die Lage der besserverdienenden Flüchtlinge aufmerksam zu machen, an die ja sonst keiner denkt.Deutschland ist ja nun nicht das einzige Land, in dem die Politiker über die Wikileaks-Dokumente verärgert sein könnten. Wird es für Amerika überall so leicht sein , die Verbündeten wieder zu beruhigen.
Nein, die deutschen Politiker sind im internationalen Vergleich doch recht pflegeleicht. Silvio Berlussconi ist zum Beispiel schon etwas schwerer zu besänftigen.Aber wir haben jetzt alle Forschungsaufträge an der Havard University gestoppt, um alle Kräfte auf die Erforschung von Haarwuchsmittel zu konzentrieren. Ausserdem soll die CIA sicherstellen das Italien die Fußball-WM 2014 gewinnt. Das ist schon erheblich teurer als ein paar Massagen von einem Frührentner.Herr McKissinger, vielen Dank für diese Gespräch und weiterhin viel Glück beim Frieden stiften.