Plakate gegen Rassimus
Wissen schlägt Angst
Mit einer Plakatkampagne versucht eine Künstlergruppe in München Ängste „besorgter Bürger“ abzubauen. Dazu verpackt sie Fakten in Comics.
Mutter, Vater, Kind sitzen zusammen auf dem Sofa. Mit Angst verzerrten Gesichtern starren sie in die Röhre. In den Nachrichten: Berichte über die Terroranschläge in Paris. Das ist eine Szene, die auf einem der Plakate der Künstler zu sehen ist. Unter der Zeichnung steht der Satz: „Die Flüchtlinge bringen den Terror zu uns.“ Er verdeutlicht eine Angst, die viele Menschen teilen - immerhin kamen seit dem vergangenen Jahr tausende Geflüchtete nach Deutschland.
Die Szene ist nur eine von sieben verschiedenen Motiven, die ab sofort an Häuserwänden, U-Bahnen und Litfasssäulen in München zu sehen sind. Die knapp 1000 Plakate der Künstlergruppe „Bildkorrektur – Bilder gegen Bürgerängste“ sind Teil einer großen Plakatkampagne der „Fachstelle für Demokratie – gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Menschenfeindlichkeit“ der Stadt München.
Angst - ein schlechter Ratgeber
Die Plakate illustrieren die typischen Ängste „besorgter Bürger“. Es sind Annahmen wie „Die Flüchtlinge nehmen uns unsere Arbeitsplätze weg“, „Die Flüchtlinge bringen den Islamismus zu uns“ oder „Zu uns kommen doch nur Wirtschaftsflüchtlinge“. Doch Angst, finden die Künstler, seien schlechte Ratgeber. Viele Ängste, die im Zusammenhang mit Geflüchteten stehen, seien faktisch unbegründet.
Um Vorurteile und Ängste abzubauen, setzen die Künstler den negativ, rot eingefärbten Bildern, eine „blaue Realität“ entgegen. Diese unterlegen sie mit Faktenwissen und rationalen Argumenten. Unter anderem wollen sie darüber aufklären, dass Asylbewerber keine Arbeitsplätze wegnehmen. Vielmehr dürften sie erst nach drei Monaten arbeiten und auch nur dann, wenn kein Deutscher, EU-Ausländer oder anerkannter Flüchtling für den Job in Frage kommt.
Fakten in Bildern verpackt
Anders als Veranstaltungen, Workshops oder Flyeraktionen, die häufig als Form politischer Kampagnen in Frage kommen, sollen die Plakate Leute abholen, die nicht ohnehin schon eine Pro-Geflüchtete Meinung haben. „Die Kampagne will zu einer Versachlichung der Flüchtlingsdebatte beitragen und Menschen dazu bewegen, sich nicht von Ängsten leiten zu lassen, sondern eigene Annahmen zu hinterfragen“, sagt Miriam Heigl von der „Fachstelle für Demokratie – gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Menschenfeindlichkeit“ der Stadt München.
Die comichaften Zeichnungen auf den Plakaten sollen die Menschen auf einer emotionalen Ebene ansprechen und so Fakten auf eine unaufdringliche Weise vermitteln. „Bilder wirken mehr als tausend Worte“, sagt Alexandra Klobuk. Die Münchnerin ist eine der 16 deutschen Zeichnerinnen und Zeichner. Sie hat die Kampagne initiiert. Die Gruppe hat sich der Aufgabe angenommen, trockene Zahlen und Tatsachen in eine bunte, unterhaltsame und eingängige Form zu bringen. Um ihre Botschaft zu verbreiten, hat das Kollektiv seine Bilder ins Internet gestellt. Dort kann sie jeder kostenlos herunterladen und unbegrenzt teilen .
„Wir müssen uns bewusst sein, dass wir alle in Schubladen denken“, sagt Heigl und warnt davor, Dinge zu pauschal zu bewerten. Die Plakate sollen genau dieses Verhalten mit einem Augenzwinkern kritisieren. Ob diejenigen, die die Aktion wirklich erreichen soll, sich von den Fakten überzeugen lassen, bleibt fraglich. Denn Angst ist ein starkes Gefühl.