Laury Reichart
Von 2001-2005 bei M94.5 (Leitung Musikressort, CVD und Moderator)
2005-2007: Moderator und Kolumnist beim Zündfunk
seit 2007: Moderator bei on3radio und on3startrampe „Singing in the rain“ – oder: wie ich einmal mit Thom Yorke gepinkelt habe
…eigentlich habe ja nur ich gepinkelt. Und Thom hat sich die Zähne geputzt.Und meine Erinnerung an die ganze Situation ist auch einigermaßen – sagen wir – verschwommen. Es war auf dem Southside Festival 2003. Das Jahr einer der spektakulärsten M94.5-Aktionen in meiner aktiven Zeit: mit den Familienkutschen meiner und Peter Fohrwikls Eltern und einem von irgendwelchen dubiosen Schweizern geliehenen Wohnwagen haben wir damals direkt hinter der Hauptbühne unser Lager aufgeschlagen, um drei Tage lang live zu senden. Einer der Sendecomputer war mein oller Aldi-Laptop und auch sonst war alles herrlich zusammengeschustert und improvisiert. Übrigens: Nach nun doch schon diversen Jahren im professionellen Radio kann ich sagen: es gab noch nie so wenig Probleme bei einer Liveübertragung wie seinerzeit. Das nur am Rande. Es war jedenfalls nach der gelungenen Livesendung des zweiten Tages. Wir hatten bei brütender Hitze in unserer kuscheligen Wohnwagensauna stundenlang moderiert und geschnitten und im gefühlten Minutentakt irgendwelche Gäste empfangen: Coldplay, Interpol, Röyksopp, Nada Surf, etc.pp. Da wurde es plötzlich unruhig.
Eine Heerschar von Bühnenarbeitern, wichtigen Menschen mit quäkenden Walkie-Talkies und vermutlich unwichtigen Menschen, die aber umso wichtiger dreinschauten, verwandelte den zuvor so entspannten Backstagebereich in ein angespanntes Gewusel. Überall Absperrbänder, wo man vorher noch unbehelligt seiner Wege gehen konnte; ein Helikopter schwebte vom Himmel herab und ich glaube mich sogar zu erinnern, dass ein bedeutungsschwangerer Wind aufzog.
Ich nahm das alles wahr, den Ernst der Lage hatte ich allerdings nicht wirklich erkannt. Das mehr als verdiente Feierabendbier war ein ziemlich großes gewesen, der Druck auf die Blase ein dementsprechender und in meinem bierseligen Kopf war nur ein Gedanke: gleich spielen Radiohead, ich mussmussmussmussmuss vorher noch aufs Klo. Gemeinsam mit Kollegin Buck, der es ähnlich ging, schlugen wir – wie wir es davor auch immer gemacht hatten – den Weg in Richtung der Militärbaracke ein, die während des Festivals als Catering-, Duschen,-Interview-, Chill und WC-Area gedient hatte. Dass Jutta von einem Riesen mit Funkgerät am Betreten des Gebäudes gehindert wird, kommt mir nicht komisch vor. Auch nicht, dass ich irgendwie durchschlüpfen kann und plötzlich völlig allein im vorher so betriebsamen Hütterl stehe. Ich jedenfalls rein in die Klokabine, als ich jemanden fröhlich „Singing In The Rain“ summen höre. Dann das Geräusch einer schrubbenden Zahnbürste. Ausspucken. Singing In The Rain.
Ich verlasse die Klokabine. Sehe von hinten einen Menschen am Waschbecken stehen und sich „frisch machen“. Stelle mich ans Waschbecken daneben. Und werde von einem freundlichen aber komisch genuschelten „Hello mate, how are you doing?“ begrüßt. Blick nach links. Ich kenne den Typen, der da mit Zahnbürste im Mundwinkel recht herzlich dreinschaut. Ihm scheint nichts komisch vorzukommen. Mir sowieso nicht. Ich sage irgendwas Geistreiches wie „thank you, I am fine“ und gehe. Erst als ich etwas später beim Konzert in einer der ersten Reihe stehe und ein seltsam gut gelaunter Thom Yorke „Fake Plastic Trees“ singt, ist alles plötzlich sonnenklar. Versteht mich nicht falsch: ich bereue nicht im Geringsten, kein Gespräch angefangen zu haben; ich bin auch nicht der Typ für gemeinsame Erinnerungsfotos mit Rockstars (schon gar nicht auf Militärbaracken-Backstage-Klos). Ein Radioleben ohne M94.5, das würde ich ernsthaft bereuen.
2005-2007: Moderator und Kolumnist beim Zündfunk
seit 2007: Moderator bei on3radio und on3startrampe „Singing in the rain“ – oder: wie ich einmal mit Thom Yorke gepinkelt habe
…eigentlich habe ja nur ich gepinkelt. Und Thom hat sich die Zähne geputzt.Und meine Erinnerung an die ganze Situation ist auch einigermaßen – sagen wir – verschwommen. Es war auf dem Southside Festival 2003. Das Jahr einer der spektakulärsten M94.5-Aktionen in meiner aktiven Zeit: mit den Familienkutschen meiner und Peter Fohrwikls Eltern und einem von irgendwelchen dubiosen Schweizern geliehenen Wohnwagen haben wir damals direkt hinter der Hauptbühne unser Lager aufgeschlagen, um drei Tage lang live zu senden. Einer der Sendecomputer war mein oller Aldi-Laptop und auch sonst war alles herrlich zusammengeschustert und improvisiert. Übrigens: Nach nun doch schon diversen Jahren im professionellen Radio kann ich sagen: es gab noch nie so wenig Probleme bei einer Liveübertragung wie seinerzeit. Das nur am Rande. Es war jedenfalls nach der gelungenen Livesendung des zweiten Tages. Wir hatten bei brütender Hitze in unserer kuscheligen Wohnwagensauna stundenlang moderiert und geschnitten und im gefühlten Minutentakt irgendwelche Gäste empfangen: Coldplay, Interpol, Röyksopp, Nada Surf, etc.pp. Da wurde es plötzlich unruhig.
Eine Heerschar von Bühnenarbeitern, wichtigen Menschen mit quäkenden Walkie-Talkies und vermutlich unwichtigen Menschen, die aber umso wichtiger dreinschauten, verwandelte den zuvor so entspannten Backstagebereich in ein angespanntes Gewusel. Überall Absperrbänder, wo man vorher noch unbehelligt seiner Wege gehen konnte; ein Helikopter schwebte vom Himmel herab und ich glaube mich sogar zu erinnern, dass ein bedeutungsschwangerer Wind aufzog.
Ich nahm das alles wahr, den Ernst der Lage hatte ich allerdings nicht wirklich erkannt. Das mehr als verdiente Feierabendbier war ein ziemlich großes gewesen, der Druck auf die Blase ein dementsprechender und in meinem bierseligen Kopf war nur ein Gedanke: gleich spielen Radiohead, ich mussmussmussmussmuss vorher noch aufs Klo. Gemeinsam mit Kollegin Buck, der es ähnlich ging, schlugen wir – wie wir es davor auch immer gemacht hatten – den Weg in Richtung der Militärbaracke ein, die während des Festivals als Catering-, Duschen,-Interview-, Chill und WC-Area gedient hatte. Dass Jutta von einem Riesen mit Funkgerät am Betreten des Gebäudes gehindert wird, kommt mir nicht komisch vor. Auch nicht, dass ich irgendwie durchschlüpfen kann und plötzlich völlig allein im vorher so betriebsamen Hütterl stehe. Ich jedenfalls rein in die Klokabine, als ich jemanden fröhlich „Singing In The Rain“ summen höre. Dann das Geräusch einer schrubbenden Zahnbürste. Ausspucken. Singing In The Rain.
Ich verlasse die Klokabine. Sehe von hinten einen Menschen am Waschbecken stehen und sich „frisch machen“. Stelle mich ans Waschbecken daneben. Und werde von einem freundlichen aber komisch genuschelten „Hello mate, how are you doing?“ begrüßt. Blick nach links. Ich kenne den Typen, der da mit Zahnbürste im Mundwinkel recht herzlich dreinschaut. Ihm scheint nichts komisch vorzukommen. Mir sowieso nicht. Ich sage irgendwas Geistreiches wie „thank you, I am fine“ und gehe. Erst als ich etwas später beim Konzert in einer der ersten Reihe stehe und ein seltsam gut gelaunter Thom Yorke „Fake Plastic Trees“ singt, ist alles plötzlich sonnenklar. Versteht mich nicht falsch: ich bereue nicht im Geringsten, kein Gespräch angefangen zu haben; ich bin auch nicht der Typ für gemeinsame Erinnerungsfotos mit Rockstars (schon gar nicht auf Militärbaracken-Backstage-Klos). Ein Radioleben ohne M94.5, das würde ich ernsthaft bereuen.