Flirrend! Nervös! Heiß!
Mit "Inherent Vice - Natürliche Mängel" kommt die erste Verfilmung eines Romans von Thomas Pynchon in die deutschen Kinos!
Mit "Inherent Vice - Natürliche Mängel" kommt die erste Verfilmung eines Romans von Thomas Pynchon in die deutschen Kinos!
... und nach rund 2 1/2 Stunden, die einen dieser hitzige und ordentlich zugedröhnte Bastard aus Film Noir Crime à la Chinatown, Raymond Chandler&Friends und sehr feinsinniger Comedy mit einem guten Gefühl für den Zeitgeist einer, irgendwann in den 1970er Jahren zu Ende gegangenen Zeit; ja, nach diesen 2 1/2 Stunden möchte man benommen aus dem Kino taumeln, auf die Knie fallend Arme und Blick gen Himmel richten und nur noch ausrufen:
"Beschte Pynchon-Verfilmung of all Times!!"
Und man hat ja recht. Wie gesagt, es handelt sich um die erste Verfilmung eines Romans von T.P.
Paul Thomas Anderson ist es - Boogie Nights, Magnolia - dem wir diesen rauschhaften und wahrhaftig inhärenten Tanz hier verdanken. Infernal überkommen und in den gut gelaunten Wahnsinn getrieben hat Inherent Vice den Autor dieser Zeilen vermutlich auch aus folgendem Grund: Er las nie eine Zeile zuvor von diesem "Vertreter der Postmoderne" (wikipedia): Thomas Pynchon. Aber die F.A.S. (Lügenpresse) vom vergangenen Sonntag schreibt, Inherent Vice sei "vermutlich Pynchons zugänglichster Roman". Und wir glauben ihr.
Worum geht es?
Nicht so wichtig! Privatdetektiv Doc Sportello (Joaquin Phoenix), der in seinem Bureau bevorzugt auf einem Gynäkologenstuhl nachdenkt, bekommt den Auftrag von seiner Ex Shasta Fay Hepworth (Jesus, diese Namen!!), ihren neuen Boy Mickey Wolfman zu finden. Dieser ist verschwunden. Dopehead Sportello nimmt seine Ermittlungen auf, wird erst einmal im LSD-Hippie-Puff niedergestreckt und erwacht wenig später zu Händen von Lieutenant Bigfoot (diese Namen, diese Namen).
Yo, und so gehts dann weiter. Und es ist alles nicht so wichtig, was passiert, denn im Mittelpunkt von Inherent Vice scheint nicht zu stehen, wer jetzt wen oder was entführt, gemordet oder geschmuggelt hat, sondern die wechselseitigen Beziehungen und Verbindungen der auftretenden Figuren zueinander. Und davon gibt's eine Menge. Für deren Darstellung verbürgt sich schon der wohlklingende Klang der beteiligten Schauspieler: Benicio Del Toro, zum Beispiel, Josh Brolin oder die New Yorker Indie-Harfen-Fee Joanna Newsom, die als kratzige Erzählerstimme Sortilége gar an die Erzähler-Katze aus Miranda July's "The Future" erinnert.
Wozu schaut man's?
Wichtiger als die Handlung ist in Inherent Vice zudem die historische Einordnung - denn diese erzeugt die stets irgendwie verstörte, misstrauisch bis paranoide Stimmung. Wir finden uns in einem Kalifornien wieder, deren Love&Peace-Hippietum gerade aufs Gröbste verunsichert wurde durch Charles Manson, seine Sekte und deren Morde. Doc Sportello ist ein wacher Geist, aber eben auch verballert - eine Art "Dude" wie wir ihn aus "The Big Lebowski" kennen.
Gerade letztgenannter Film, er gilt ja als Kult, und ist auf ewig in den - wer sie noch hat - DVD-Regalen von uns 90s und 2000er-Slackern zu finden. Und es heißt, solche Filme, sie blieben zeitlos. Dass sie dann aber irgendwann doch recht verstaubt daher kommen, schaut man sie nach Jahren wieder an, das liegt auch daran, dass in der Zwischenzeit Meisterwerke wie Paul Thomas Andersons neuer Film Inherent Vice in den Kinos zu sehen waren, die vielleicht nicht den White Russian neu erfinden, dafür aber den Zeitgeist aktualisieren. Birdman lässt grüßen.