Mittsommer und Johannisfeuer
Weiße Nächte
Auch wenn die Temperaturen es nicht vermuten lassen: astronomisch gesehen beginnt am 21. Juni der Sommer – und das wird europaweit gefeiert.
Dienstag, der 21. Juni, ist der längste Tag des Jahres. Über 16 Stunden ist es an diesem Tag hell. Dass die Tage im Laufe des Jahres unterschiedlich lang sind, liegt an der Neigung der Erdachse realtiv zu ihrer Umlaufbahn um die Sonne.
Sonnenwende oder: wie war das mit der Ekliptik?
Ekliptik – so bezeichnet man die dadurch von der Erde aus gesehene scheinbare Bahn der Sonne im Jahresverlauf. Was sehr theoretisch klingt, hatte seit jeher einen enormen Einfluss auf das Leben der Menschen. Durch den unterschiedlichen Einstrahlwinkel des Sonnenlichts erwärmt sich die jeweilige Hemisphäre oder sie kühlt ab – es wird Sommer oder Winter.
Früher waren die Menschen den Jahreszeiten noch mehr ausgeliefert als wir es heute sind. Es ist daher nicht verwunderlich, dass Menschen den Lauf der Sonne schon immer sehr genau beobachteten. Archäologische Funde wie das 7000 Jahre alte Sonnenobservatorium in Goseck (Sachsen-Anhalt) zeigen, dass bereits die Kulturen der Steinzeit den Himmel genau beobachteten und die Sommersonnenwende bestimmen konnten. Auch die berühmten Steinkreise von Stonehenge in Großbritannien sollen sich in ihrer Ausrichtung an dem längsten Tag des Jahres orientiert haben. An der schätzungsweise um 3100 vor Christus errichteten Felsanalge feiern deshalb Esoteriker jedes Jahr die Sommersonnenwende.
Johannisfeuer: Heidnischer Brauch in christlichem Gewand
Feiern – damit sind wir schon am wichtigsten Punkt. Wichtige Ereignisse müssen gefeiert werden! Sonnwendfeiern gibt es genausolang wie es die Himmelsbeobachtungen gibt. Auf vorchristliche Zeit geht der Brauch zurück, den längsten Tag des Jahres am Abend mit einem großen Feuer zu feiern. In der heidnischen Kultur sollte das Feuer böse Geister vertreiben, die Fruchtbarkeit fördern und vor Krankheiten schützen. Im Volksglauben rankten sich um den Vorabend der Sonnenwende später zahlreiche Sagen – die Natur sei in dieser Nacht verzaubert, Hexen und Dämonen trieben ihr Unwesen und Elfen tanzten mit um die Feuerstellen.
Da es der christlichen Kirche später nicht gelang, den heidnischen Brauch abzuschaffen, integrierte sie ihn schließlich in den Kirchen-Kalender und legte die Geburt Johannes des Täufers auf das gleiche Datum. Die auf den alten Brauch zurückgehenden Feuerstellen, werden seither oft Johannisfeuer genannt.
Skandinavisches Johannisfeuer: Midsommareld. Quelle: M94.5/Alex Arnö
Weiße Nächte und Mittsommer: Sommersonnenwende in Skandinavien
Eine besonders große Rolle spielt das Fest zur Sommersonnenwende in den skandinavischen Ländern. Nicht verwunderlich – immerhin ist dort der Einfluss der Eklipitk der Sonne noch stärker als bei uns. In den sogenannten "weißen Nächten" geht die Sonne nur kurz unter, es bleibt die ganze Nacht über dämmrig-hell. Mittsommer ist in den meisten skandinavischen Ländern nach Weihnachten der wichtigste Feiertag des Jahres.
In Dänemark und Norwegen feiert man am 23. Juni mit einem großen Feuer den Sankt-Hans-Abend. Die Dänen verbrennen dabei als Symbol für die Fernhaltung von bösen Kräften eine Strohhexe. Jaanipäev heißt das Mittsommerfest in Estland und ist am 24. Juni. Gefeiert wird aber ebenfalls am Abend davor – mit einem Feuer, in dem traditionell alte Boote verbrannt werden. Genauso auf den christlichen Johannestag bezogen ist der Name des finnischen Sonnwendfestes: Juhannus. Die Tradition, die helle Nacht mit einem großen Feuer (Juhannuskokko) zu feiern, um böse Geister fernzuhalten, geht ebenfalls auf eine viel ältere Tradtition noch vor dem Christentum zurück.
Nur in Schweden hat das Fest zum Sommeranfang keinen Bezug zum christlichen Glauben, hier feiert man alljährlich am Samstag zwischen dem 20. und 26. Juni den Midsommar. Bekannt ist vor allem das Aufstellen des midsommarstång oder majstång, einem mit Blumen geschmückten Baumstamm, um den dann im Kreis herumgetanzt wird.
In Finnland feiert man mit Familie und Freunden - und singt gemeinsam Schnapslieder. Quelle: M94.5/Alex Arnö
Die Nacht wird zum Tag
"Weiße Nächte" gibt es auch in Südeuropa, dort bezeichnen sie aber kein metereologisches Phänomen, sondern durchgefeierte Nächte. Heute können wir mit Elektrizität jede Nacht zum Tag machen und sind nicht mehr ganz so verbunden mit dem Sonnenrhythmus wie die Menschen in Zeiten von Stonehenge und Co. Und doch sind wir immer noch von der Sonne abhängig – wie sie sich allein auf unsere Stimmung auswirkt, haben wir in den letzten Wochen gemerkt, als sie sich so wenig blicken hat lassen.
Nagu, Finnland, 21. Juni um 00:30 Uhr. Quelle: M94.5/Alex Arnö