Die Rahmenhandlung von „Du neben mir (und zwischen uns die ganze Welt)“ hört sich einfach zum Heulen an. Maddy ist 18 Jahre alt und hat wilde Locken, die um ihr Gesicht fallen, als wären sie gemacht zum Rennen und Springen und Tanzen. Nur ist Maddy anders als andere Mädchen. Sie verbringt ihr ganzes Leben in einem hochmodernen Haus mit allen materiellen Annehmlichkeiten und darf wegen einer Krankheit – eine extreme Schwäche des Immunsystems - noch nicht mal für ein paar Sekunden nach draußen. Umsorgt wird sie von ihrer Mutter, Ärztin, und einer Krankenschwester, die sie kennt, seit sie klein ist. Zu diesen Menschen hat sie Kontakt, ansonsten sind Bücher ihre einzige Quelle, um von der Außenwelt zu lernen und sich in die Leben anderer und vor allem ans Meer zu träumen.

Ein modernes Märchen

Maddys Geschichte erinnert an die von Rapunzel. Sie ist eingesperrt und hat alles, was das Herz begehrt, nur darf sie niemanden sehen und auch ihr Prinz ist trotz örtlicher Nähe unerreichbar fern. Maddys Prinz tritt in Form von Olly in ihr Leben. Olly trägt immer schwarz, hat längere fettige Haare und ist sehr schüchtern. Für Maddy ist Olly perfekt. Zwischen den beiden Schauspielern Amandla Stenberg und Nick Robinson stimmt einfach die Chemie, jede Szene wirkt besonders, nicht zu kitschig und einfach irgendwie wahr. Vom ersten Moment an, da sich die Blicke der beiden durch die Glasscheiben treffen, verheißt etwas Kleines, aber selbst im Zuschauerraum deutlich Spürbares den Beginn der ersten große Liebe.

Maddys und Ollys Zimmer liegen gegenüber voneinander

Klingt kitschig? Ist aber gar nicht so. Der Film hat etwas so Unaufgeregtes, Sanftes, die Kamera führt so gelassen durch das stimmige Bild, es braucht nicht viel mehr als die zwei jungen Schauspieler und ihre Sehnsucht, um den Film eindrücklich zu machen. Keine Bildgewalt und Special Effects, dafür ein wunderschöner Soundtrack. Heimlich fangen die beiden an, sich zu schreiben, und doch steht Maddys Krankheit zwischen ihnen wie eine unausgesprochene Warnung, die es ihnen verbietet, all das zu tun, was andere Paare tun.

Endlich Meer sehen

Da gibt es diese herzzerbrechende Szene: Maddy steht in einem Raum, der in den Garten des Hauses führt. Ihre Mama hat ihn extra für sie eingerichtet. Die Wände sind mit Bildern aus dem Dschungel bemalt, an einer Wand fließt ein kleiner Bach über bunte Steine, alles ist so weit wie möglich der unerreichbaren Natur draußen nachempfunden. Doch etwas ist anders als sonst. An der Glasfassade kleben hunderte Bilder, die Meere und Strände zeigen. In der Mitte ein Zettel von Olly: „Maddy, jeder Ozean verdient es, von dir gesehen zu werden.“

Maddys Traum ist es, einmal im Ozean zu schwimmen

Ein Film, der viel mehr eine wahre und klassische Liebesgeschichte ist als vieles, was mit viel Tam Tam auf die Leinwand stürmt. Wer denkt, die Krankheit stellt den Film in eine Reihe mit „Das Schicksal ist ein mieser Verräter“, der liegt falsch. Die große Gemeinsamkeit ist wirklich nur, dass beides Buchverfilmungen sind. „Du neben mir (und zwischen uns die ganze Welt)“ ist kein Film für Taschentücher und tropfende Nasen. Es ist einer, der das Herz hebt und die Mundwinkel nach oben biegt - ob man will oder nicht. Unbedingt anschauen!

"Du neben mir" ist ab 22. Juni 2017 in den deutschen Kinos zu sehen.