Home > Kultur > Getrübter Glanz?
#metoo bei den Oscars

Getrübter Glanz?

Quelle: © Elisabeth Pohl / M94.5

Ganz so gold glänzt Hollywood gar nicht mehr.

Die Crème de la Crème Hollywoods prämiert wieder die besten Filme des Jahres. Doch in diesem Jahr hat sich einiges bewegt in Hollywood.

Ein Riss durch die glänzende Fassade — ein Hashtag als Protest Bewegung. Das kommt uns doch irgendwie bekannt vor! Diesmal geht es nicht um #OscarsSoWhite, sondern um #metoo und #timesup. Dabei ist es zum Markenzeichen unseres Jahrhunderts geworden, dass sich gesellschaftliche Proteste auf Twitter und in form von Hashtags abspielen.

Sind Hashtags der neue Aktivismus?

Wenn ich etwas retweete, like oder einen Hashtag poste: Heißt das, ich protestiere? Ich engagiere mich? Protest wird kollektiv, einfach und bequem. Ich kann jedes Jahr Teil einer neuen Protestbewegung werden, ganz ohne mein Sofa zu verlassen.

Natürlich, die unglaubliche Reichweite, die das Internet mit sich bringt, gibt den Frauen der metoo-Bewegung Aufmerksamkeit und das Gefühl von Rückhalt und Zusammengehörigkeit, das sie brauchen. Basierend auf Plattformen, die in erster Linie zur Image-Konstruktion eines Bildes nach außen hin dienen, bleibt die Nachhaltigkeit hinter solchem Aktivismus aber fragwürdig.

Die Oscars als Rechtfertigung?

Trotzdem: Eine gesellschaftliche Diskussion ist entstanden. Veränderung ist da. Auch in Hollywood. Dafür ist wohl auch der bekannteste Missbrauchsskandal der Branche verantworlich: Harvey Weinstein. Wie kein anderer verkörpert er männlichen Machtmissbrauch und die übersteigerte Rolle und Prestige, die Hollywood-Produzenten zugeschrieben werden. Natürlich, #metoo und die männliche Ausnutzung von Machtverhältnissen gibt es überall, Hollywood ist nur ein Teil davon.
Das betont auch Oprah Winfrey in ihrer berühmten Rede bei den Golden Globes:

“This year we became the story. But it's not just a story affecting the entertainment industry, it's one that transcends any culture, geography, workplace. So tonight I want to express gratitude to all the women who’ve endured years of abuse and assault because they, like my mother, had children to feed, bills to pay and dreams to pursue.”

Was jetzt unter der bröckelnden Fassade herauskommt, ist innerhalb Hollywoods schon lange ein offenes Geheimnis und überschattet die gesamte glitzernde, eben nicht ganz so bunte Branche. Wie keine andere Veranstaltung repräsentieren die Oscars diese Branche. Das scheint in den letzten Jahren immer mehr zu einer Veranstaltung der Rechtfertigung zu werden. Die Academy hat inzwischen eine Frau als Präsidentin und einen 4-Jahres-Plan, der bis 2020 für mehr Frauen und Minderheiten in der Academy sorgen soll.

Auch die Nominierungen in den medienwirksamsten Kategorien wie beispielsweise "Bester Film" sprechen Bände. Vier der Nominierten handeln von starken weiblichen Hauptrollen, ein Thriller über Rassismus und eine homosexuelle Liebesgeschichte sind auch dabei. Alles sehr gute Filme; gleichzeitig auch ein Aushängeschild für Diversität. Aber leider auch irgendwo eine Academy, die mit allen Mitteln beweisen will, dass sie tolerant und vielseitig sein kann.

Die größere soziale Debatte

Machtverhältnisse und Missbrauch haben in Hollywood eine lange Tradition und tiefe Wurzeln. Sie lassen sich schwer in nur einem Jahr herausreißen. Sich dagegen einzusetzen, ein Zeichen zu setzen — auf Social Media und eben auch bei den Oscars — ist richtig und gut, aber lange nicht genug. Mit einem schwarzen Kleid wird kein Risiko eingegangen und Hashtags alleine verändern unsere Gesellschaft nicht.
Aber, wie Meryl Streep im letzten Jahr betont:

„An actor's only job is to enter the lives of people who are different from us and let you feel what that feels like.“

Und gerade deswegen ist es besonders an Hollywood, Geschichten zu erzählen, die über weiße, männliche hinausgehen; und das nicht nur in diesem Jahr. Ein tiefes Umdenken und eine größere soziale Debatte müssen die Kurzlebigkeit eines Hashtags überwinden, um langsam und unverkrampft Veränderung zu erzielen. Oder erinnert sich heute noch jemand an den Hashtag #yesallwomen von 2014?

Einen kritischen Blick auf die Verleihung werfen wir auch in der M94.5 Oscar-Nacht, vom 04. auf den 05. März 2018, live ab Mitternacht.

Platte des Monats

Conor O'Brien zeigt mit The Art of Pretending to Swim, dass Indie-Folk auch im Jahr 2018 noch spannender klingen kann, als man das von diesem Genre erwartet hätte. Das vierte Album der Villagers vereint, was eigentlich widersprüchlich wirkt: Folk mit R'n'B und Experimentierfreude mit Zugänglichkeit. 

mehr
M94.5 präsentiert
Donnerstag, 18. Oktober, 18 Uhr
M218 LMU Hauptgebäude
 
Munich Rocks!
Donnerstag, 18. Oktober 2018
 
Freitag, Samstag: 19./20. Oktober
 
Neuhauser Musiknacht
Samstag, 27. Oktober 2018
M94.5 Bühne @ Freiheizhalle

 

mehr
M94.5 auf Youtube

Der M94.5-Newsletter
Du willst regelmäßig News von M94.5? Dann musst nur deine E-Mail-Adresse angeben! Keine Angst, wir spamen deinen Posteingang auch nicht voll.
 
 
Die afk Familie