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SWAIN Im Interview

Heavy Dancing gegen die Trauer

Quelle: M94.5 / Eric Thurau

SWAIN auf der Bühne

Tanzen - so kämpfen die Grunge-Punks von SWAIN gegen die eigenen Probleme an. Ein Gespräch über das Tanzen, Konzerte und die Hardcore-Szene.

"Long, long hair, I long for your care". So klingt der letzte Track "Rid Myself of You" von SWAIN's neuer Platte "The Long Dark Blue" aus. Der Sound wirft den Hörer zurück in die 90er, Nirvanas "All Apologies" springt einem sofort in den Kopf. Tatsächlich wenden sich SWAIN auf ihrer dritten Platte den seichteren, melancholischen Tönen der Vergangenheit zu und bewegen sich vom wütenden Vorgänger "Howl" weg. Ein Wechsel, der nicht jedem gefällt - vor allem in der Hardcore Community stößt das oft auf Unverständnis. Für SWAIN ist das kein Problem, auf ihrer ersten Tour mit Touché Amoré wird nur so richtig getanzt. Nach dem Konzert haben wir mit den Jungs, Noam, Boy und Boris ein kleines Gespräch geführt.

Von der Wut zur Trauer

[1:27] Euer neues Album "The Long Dark Blue" handelt immer noch stark von negativen Gefühlen, ist jedoch deutlich in einem warmen, hoffnungsvollen Sound getränkt. War die Umstellung für euch natürlich?

Noam:  Ich kann nur für mich selbst sprechen, besonders was die Texte angeht. Aber ich glaube, was passiert ist, ist, anstatt immer nur sehr wütend zu sein, habe ich dieses Gefühl ausgetauscht - und war die ganze Zeit nur traurig. Und ich habe mich dann einfach entschieden, weniger Zeit aufzuwenden alles zu bekämpfen und lieber zu versuchen mit mir selbst zufrieden zu sein. Die ganze Sache hat sich von Außen nach Innen gewendet. Der Wechsel im Klang kam mit dem Verständnis, dass es einfach das Verlangen gibt, solche negativen Gefühle loszuwerden.

Boy: Und die Art und Weise wie man mit [den Gefühlen] umgeht. Dass man lernt mit ihnen klar zu kommen. Und allgemein lernt, wie man besser mit den Dingen klar kommt. Anstatt einfach nur die ganze Zeit wütend zu sein. Es gibt andere Wege, die Sachen zu handeln.

Noam: Ich glaube, nach "Howl" haben wir realisiert, dass viele Lösungswege, die wir versucht haben, einfach nicht mehr tragbar waren - oder wirklich irgendwas gebracht haben. Ein Teil von "The Long Dark Blue" ist der Versuch einfach am Leben zu bleiben, mit sich klar zu kommen, egal, ob man jetzt traurig ist oder fröhlich. Mit "Howl" haben wir versucht Probleme zu lösen, aber das ist manchmal einfach nicht machbar.

[0:00] In vielen eurer Lieder geht es um Gefühle der Diaspora, keine Wurzeln schlagen zu wollen, wie zum Beispiel in "Never Clean My Room" oder "Vaarwel". Denkt ihr, dass der Umzug nach Berlin auch nur temporär ist oder, dass ihr jetzt Wurzeln schlagen könnt?

Noam: Ich weiß es persönlich noch nicht, aber ich glaube, dass ich noch 2-3 Jahre in Berlin bleiben werde. Ich wollte schon immer in die USA, aber es kommt auch drauf an, wie es mit der Band steht, wo wir in 2-3 Jahren sein werden. Aber ich mag Berlin, ich fühle mich dort gut. Man kann dort seine Freunde treffen, aber auch oft anonym sein, es ist die perfekte Balance. Es gibt viel zu tun, aber ich bin mir nicht sicher, ich ändere meine Pläne alle Jahre wieder.

Boy: Für uns alle macht es im Moment einfach am meisten Sinn. Es ist nicht so, als ob wir wirklich an Berlin hängen würden oder uns dort permament niederlassen wollen. Im Moment fühlt es sich richtig an, aber in den nächsten paar Monaten kann viel passieren, wer weiß.

Das Tanzen im Blut

[4:35] Al (von Dangers) redet oft darüber, dass man in den 4 Wänden der Konzertsäle so verrückt sein soll, wie nur möglich. Wie seht ihr die Sache, ist das Auftreten für euch eine Art Katharsis?

Noam: Defintiv. Ich spiele Shows für mich selbst. Es ist toll, wenn es anderen Leuten gefällt. Aber für mich persönlich mache ich es nur, weil ich eine gute Zeit haben will, wenn ich mich auf einer großen Bühne bewege. Wenn ich den Raum dafür habe, dann gefällt es mir einfach, zu performen. Ich fühle mich dann gut, stark und selbstbewusst, vor allem wenn die Show gut läuft. Ich maches es einfach für mich. Wenn andere Leute das Konzert genießen, dann ist das großartig. Diesen Moment kann man dann teilen, denn ich denke Konzerte bieten einem die Möglichkeit, sich selbst auszudrücken. Der physische Aspekt ist kathartisch, sich zu bewegen. Man verspührt ein Gefühl der Kameradschaft.

[6:42] Wenn man diesen Aspekt bedenkt, wollt ihr, dass die Leute bei Shows mehr tanzen?

Noam: Die Leuten sollten einfach machen, was sie wollen.

Boy: Jeder reagiert auf Musik anders. Solange alle sich wohl fühlen mit dem, was sie tun. Für uns wird die Show nicht besser, wenn sich jeder bewegt. Solange jeder mit sich klar kommt, denken wir, dass es eine coole Show ist. Wenn sich jemand wohl fühlt, irgendwas besonders zu tun, dann sollen sie das einfach machen. Für die einen heißt das komplett auszurasten, für jemanden anderes kann es bedeuten einfach mit dem Kopf zu nicken. Das ist auch cool. Solange sich jeder frei fühlt zu tun, was er/sie will. 

Noam: Ich glaube, das ist ein Fehler, den ich oft auf der Bühne begehe. Es gibt dieses soziale Stigma, dass es wichtig ist, was man bei einer Show tut. Das muss weg. Ich möchte, dass die Menschen bei unseren Shows komplett frei sind, zu tun was sie wollen, ohne deshalb verurteilt, oder dumm angeschaut zu werden. Deshalb fühlen sich die Leute auch oft noch eingeschüchtert und nervös. Es ist egal, ob man einfach mal sein Hüften schwingen will, als Mädchen oder Junge. Wenn die Menschen ihre sozialen Grenzen überschreiten können - das sind die Momente, in denen ich mich am besten fühle. 

"Wir sind offen für alles"

[14:30] Gibt es schon irgendwelche Pläne für die Zukunft? Oder bestimmte Bands, mit denen ihr touren wollt?

Noam: Rage Against The Machine. Aber ich glaube, das wird nie passieren.

Boy: Wir sind eigentlich komplett offen für alles, wenn es für uns Sinn ergibt. Wir spielen komsiche Gigs, wir spielen standard Gigs, es ist für uns eigentlich egal.

Noam: Dieser Rapper, Casper, wir haben ja auf seinem Festival gespielt. Und das war großartig. Er ist ein cooler Typ. Und das Publikum war sehr aufnahmefähig. Sehr jung, aber, wenn ihnen was gefällt, dann hören sie es sich einfach an. Sehr offen für alle verschiedene Genres. Wenn wir solche Gigs öfter spielen, wäre das cool.

Boris: Wir versuchen, solche Konzerte öfter zu spielen. Natürlich kommen wir aus der Punk- und Harcore-Community. Und wir spielen solche Shows auch noch. Aber wenn wir einfach mit Bands touren könnten, mit denen wir uns auf einer persönlichen Eben verbunden fühlen, wäre das für uns das beste.

Platte des Monats

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