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Platten vor die Säue

Drangsal - Zores

Quelle: Caroline Records

Drangsal - Zores

Nach zwei Jahren beschert uns Max Gruber unter seinem Pseudonym Drangsal sein zweites Album Zores. Wird es der hohen Erwartungshaltung gerecht?

Der gebürtige Rheinland-Pfälzer und Wahlberliner Max Gruber aka Drangsal hat bereits mit seinem 2016er Debütalbum Harieschaim für großen Wirbel in der Musikszene gesorgt. Mit seinem eigenwilligen aber doch faszinierenden Stil aus New-Wave, Postpunk und einer ganzen Portion Pop-Wahnsinn katapultierte er sich nicht nur 2016 an die Spitze der M94.5 Jahrescharts, sondern lieferte seitdem auch live auf der Bühne konstant ab und belegte damit auch Seiten im Feuilleton.

Zores: "Ärger, Gezänk, Wirrwarr"

Nun steht das berühmt berüchtigte zweite Album Zores des umtriebigen Frontmanns an. Mit Markus Ganter, der auch schon Podcast-Kollegen und Kumpel Casper unter die Arme gegriffen hat und Die Nerven Mastermind Max Rieger scharrt Drangsal ein eigenwilliges Produzentenduo um sich, das auf den ersten Blick sehr vielversprechend klingt und Lust auf mehr macht.

Drangsal bleibt Drangsal?

Bereits die erste Single Auskopplung „Turmbau zu Babel“ sorgte in Fankreisen für hochgezogene Augenbrauen. Mit seiner (fast zu) eingängigen Hookline und der fröhlich poppigen Instrumentalisierung klingt der Song zwar typisch nach Drangsal, verliert sich aber in seiner übertriebenen Zugänglichkeit und fehlenden Verspieltheit. Aber schon die zweite Single mit dem selbstreferentiellen Titel „Arche Gruber“ scheint das Fanlager wieder zu versöhnen. Mit einem versteckten Black Sabbath Zitat, knackigen Gitarrenparts und krachenden Synthiesounds sind wieder alle typischen Drangsal-Elemente an Bord. Eine gewisse Restskepsis soll aber bestehen bleiben.

Handwerklich solide!

Drangsal eröffnet sein Album erst einmal mit einem großen Knall - im wahrsten Sinne des Wortes. Mit „Eine Geschichte“ erklingt Max Grubers Stimme über sphärischen Klängen, ehe ein laute Entladung den Hörer aus der anfänglichen Lethargie reißt und ihn mit zerrendem, dröhnenden Bass auf den Boden der Tatsachen zurückholt. Und schon drückt Zores mit „Jedem Das Meine“ auf die Tube. Der Song legt mit Drangsals klassischen cleanen, aber druckvollen Gitarren los, während der Bass verspielt durch die Refrains und Strophen rollt. Aber irgendwie will der Song nicht so recht zünden. Das ähnliche Schicksal ereilt auch Songs wie „Und du“, „Magst du mich oder magst du nur noch dein altes Bild von mir“, „Laufen lernen“ oder „Gerd Riss“. Die Nummern sind handwerklich solide ausgeführt und bestechen durch Eingängigkeit und Songstruktur, die sich bereits beim ersten Mal Hören erschließt. Einer tieferen Auseinandersetzung mit der Musik steht der Aufbau aber leider im Weg und man hat schon beim ersten Durchlauf vermeintlich das Gefühl, alles gehört zu haben. Zwar sind die Texte wieder überaus poetisch und vielschichtig, allerdings kann die musikalische Begleitung mit dem lyrischen Anspruch leider nicht Schritt halten.

Kreieren heißt Zitieren

Erst beim Abschlusssong „ACME“ tobt und probiert sich Drangsal wieder aus. Seines Zeichens bekennender Tool und A Perfect Circle Verehrer, lässt er Einflüsse und Zitate gekonnt in den bedrohlichen Sound einfließen, der in einem langen Akkuschrauber Solo seinen Höhepunkt findet. Schade, wenn so viel Experimentierfreude erst beim letzten Song zum Einsatz kommt. Warum denn nicht schon früher?

 

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Schade, schade!

Man muss es leider so sagen: Zores fehlt es einfach am Wiedererkennungswert. Während das Erstlingswerk durch seine Songstrukturen, den individuellen Sound und spielerischen Texten zu überzeugen wusste, rutscht Zores immer wieder in Belanglosigkeit ab. Auch ist es nur allzu symptomatisch, wenn sich die Singles, welche zunächst kritisch beäugt worden sind, im Albumkontext als beste Lieder herausstellen. Zwar ist Zores alles in allem ein gutes Album, scheitert aber an seinem grandiosen Vorgänger. Ob gewollt oder nicht, immer wieder setzt man Harieschaim als musikalischen Maßstab an. Drangsal gehört zurzeit zu den spannendsten Persönlichkeiten, die es im Musikgeschäft gibt, aber bei Zores wird man das Gefühl einfach nicht los, dass er das Songwriting mit gezogener Handbremse betrieben hat. Da wäre definitiv mehr gegangen. Aber Album Nummer drei kommt bestimmt! 

Gesamtwertung: 3 von 5 Punkten.

"Zores" erscheint am 27.04.2018 auf Caroline Records

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