Platten vor die Säue
Hearts Hearts - Young
Österreicher können nur auf Wiener Schmäh singen? Ganz und gar nicht! Hearts Hearts beweisen mit ihrem Debut-Album "Young" das Gegenteil.
Ein gutes Album braucht etwas Zeit. Das haben sich Hearts Hearts wohl auch gedacht und veröffentlichen nach jahrelanger Zusammenarbeit ihr erstes Album "Young", das sich sehen und vor allem hören lassen kann.
Die beiden Österreicher David Österle und Daniel Hämmerle sind eigentlich schon seit 2010 musikalisch ein eingespieltes Team. Zunächst sind sie aber als klassische Singer/Songwriter unterwegs. Als neue Mitglieder der Band brachten Drummer Johannes Mandorfer und Elektro-Musiker Peter Paul Aufreiter schließlich mehr Rhythmus und Dimension in den Sound mit ein.
Experimente im Kloster
Aber warum haben Hearts Hearts so lange auf ihr Album warten lassen? Ob es vielleicht an ihrem Glauben lag? Denn auf jeden Fall wurde ein oberösterreichisches Kloster zur neuen Location für Proben und Sessions. Dort begann auch die Zusammenarbeit mit der Improvisationscellistin Christina Ruf. Klangbilder wurden geschaffen, wieder verworfen, neu aufgegriffen und miteinander verbunden.
Diesen experimentellen Charakter merkt man den Songs auch an: Oft beginnen die Tracks von Hearts Hearts langsam und schleifend. Dann setzt aber ein impulsiver Beat ein, von dem man erst so gar nicht recht weiß, was man von ihm halten soll. Der Rhythmus und die Klänge reißen jedoch schnell mit. Man wird in einen Pool aus Klängen hineingezogen, dem man nicht mehr entkommt und in dem man sich gerne treiben lässt.
Klassik meets Electro meets Retro
Wenn es mal zu viel vom Beat wird, lösen sich die Songs unvermutet in sanfte Celloklänge auf, die der ganzen Platte eine wunderschön, sanfte Seite verleihen.
Doch Singer/Songwriter wären keine echten Singer/Songwriter, wenn sie keine schönen Texte und Melodien zustande bringen würden. David Österles Stimme trägt eine ständige Melancholie mit sich, was die Songs allerdings nicht langweilig wirken lässt. Nur noch besser.
Ganz ungewohnt sind die Töne, die Hearts Hearts anschlagen, nicht. Sie erinnern sehr stark an Radiohead. Ein Klang, der schon etwas in Vergessenheit geraten ist, aber gerne wieder ausgegraben werden darf! Was Hearts Hearts aber dennoch besonders macht, ist ihre Experimentierfreude, die sich nicht nur in ihrer Musik zeigt, sondern auch in ihrem ersten Video zum Track "Hunter Limits".
Auf den Punkt
"Young" erscheint genau zum richtigen Zeitpunkt, denn die träumerische und vielleicht manchmal auch etwas traurige Musik von Hearts Hearts passt perfekt zur kalten Jahreszeit und lässt vom Sommer träumen.
Auch wenn manche Songs dieser Platte beim ersten Hören sehr ähnlich klingen, ist jeder einzigartig, auch wenn man nicht genau weiß, woran das liegt.
Man muss sich nur trauen sich auf die Sphärenklänge von Hearts Hearts einzulassen. Ein Album zum Tanzen und Feiern ist es definitiv nicht. "So clap your hands and say yeah!" singt Österle dennoch. Das geht nämlich auch leise und geheimnisvoll.
Gesamtbewertung: 5 von 5 Punkten
"Young" von Hearts Hearts erscheint am 4. Dezember 2015 bei Tomlab.