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Platten vor die Säue

Iceage - Beyondless

Quelle: Matador Records

Iceage - Beyondless

Nach vier Jahren Pause, Nebenprojekten und Familie kehren die dänischen Dystopie-Poeten von Iceage zurück - mit dem Soundtrack für den Untergang ihrer Musik.

"I'm waiting for the day the music dies" schallt es aus Sänger Elias Bender Rønnenfelt auf dem gleichnamigen Song des neuen, vierten Albums des dänischen Quartetts. Iceage sind endlich wieder zurück. Fast ganze vier Jahre nach der Veröffentlichung ihrer romantischen Tragödie Plowing Into the Field of Love erscheint nun dessen Nachfolger, Beyondless. Der Titel, in klassischer Rønnenfelt-Manier, bildet eine Anspielung auf die Figur des absurdistischen Theaters schlechthin, Samuel Beckett. In seinem Poesieband What is the Word arbeitet dieser an der Fragmentierung und Rekonfiguration von Wörtern, eine Mammutaufgabe, derer sich Iceage angenommen haben - im musikalischen Sinne.

Alles auf Anfang

Die Rekonfiguration der eigenen Musik. Anders lässt sich das Ziel der Band auf der neuen Platte wohl kaum beschreiben. Aber das sind die Fans von Iceage schon gewohnt. Denn bereits auf Plowing Into the Field of Love, ihrem dritten Album, haben Iceage den dreckigen Sound der ersten beiden Platten (New Brigade & You're Nothing) hinter sich gelassen. Verständlicherweise, schließlich war ein Haufen des Materials der Erstlingswerke noch aus der Jugendzeit des Quartetts. Auf Plowing hingegen hat sich die Band als gereift präsentiert. Weitere vier Jahre später schlägt Beyondless ein - komplett mit neuem Look, neuem Flair und neuem Style.

Natürlich lassen Iceage ihre Wurzeln auf Beyondless nicht ganz zurück. Gitarren, die weite Kreise ziehen, Drums, die turbulent Staub aufwirbeln und Rønnenfelts Gesangstil, der immer noch ans alkoholische Delirium nach dem 20. Drink erinnert, geben dem neuen Album Kontur, Kanten und Spitzen. Aber auf Beyondless stellt sich nun schlussendlich die Frage: worauf zielt das Delirium eigentlich ab? Während die ersten beiden LPs von Iceage sich in jugendlichem Wahn, Hass und der Misanthropie gesuhlt haben, sprossen auf Plowing die Saat von Liebe und Reife. Die Alben der Band haben bisher immer den Platz der Musiker im Leben reflektiert. Bei Beyondless sucht man jedoch vergeblich nach solchen Anhaltspunkten.

Die Spannung steigt

Diese Irrungen halten das Quartett aber keinesfalls davon ab, sich von ihrer besten Seite zu zeigen, beziehungsweise, ihr neues musikalisches Gewand prunkvoll zur Schau zu stellen. Bläser und Streicher waren schon auf dem letzten Album vertreten, blühen auf Beyondless aber erst so richtig auf. Tracks wie "Painkiller" oder "The Day the Music Dies" brillieren mit oppulenten Arrangements, die oft den Bombast des Soul-Rocks der 70er und 80er auf den Plan rufen. Die erste Single des Albums "Catch It" ist ein Mahlstrom, in dem Iceage manische Hymnen mit erstickender Spannung fusionieren. Doch nicht jeder Song dringt ähnlich weit in die Tiefe.

Verschleierte Vergangenheit

Iceage waren schon immer eine Band, die sich an und im Vergangenen orientiert hat. So war das dänische Quartett wohl einer der Hauptgründe für das vieldiskutierte und vielkopierte Post-Punk Revival der 2010er - und das noch aus dem zarten Jugendalter heraus. Sei es der desolate Manchester Post-Punk anno 1981 oder der stechende Goth-Rock der Spät-80er, Iceage wussten schon immer, die Gespenster von einst zu kannalisieren. Auf Beyondless geht dieser Versuch aber oft ins Leere. Iceage versuchen hier gleichzeitig minimalistische Psychedelia, gothischen Größenwahn und hymnischen Rock miteinander zu verbinden - und schlagen dabei Brücken von Nick Cave zu Oasis zu Spacemen 3. Genau diese Mischung funkelt auf Beyondless, fällt aber öfter einfach flach.

To infinity and beyond(less)

Der Drang sphärische Brit-Musik à la Spiritualized, Lush und Co. mit dem eigenen düsteren Einschlag zu verbinden vergeht nicht allzu selten im Sand. Somit ist es auch kein Wunder, dass Beyondless weniger wie eine alte Iceage Platte klingt, sondern mehr an Rønnenfelts Nebenprojekt Marching Church erinnert. Und das ist Schade, denn viele Songs auf dem Album sind der Rock-Konkurrenz meilenweit voraus. "Catch It" ist jetzt schon der Kandidat schlechthin für den besten Song des Jahres. Aber für jeden Song wie "Catch It" oder "The Day the Music Dies" gibt es eine Nummer, die lediglich psychedelisch und ohne Ziel mäandert. Und diese halbherzigen Eskapaden nimmt man der Band einfach nicht ab.

Genau hier zeigt sich das grundlegende Problem von Beyondless. Ähnlich wie der absurdistische Titel des Albums entsteht der Eindruck, dass hinter dem Vorhang der Platte einfach nicht viel ist. Beyondless ist schlicht Idee sozusagen, im Vakuum entstanden. Es wirkt, als ob die Anstöße und Motivationen der LP nur disparat umherfliegen. Iceage beweisen, dass sie ihren Zeitgenoss musikalisch immer noch weit voraus sind. Die Musik, sie überzeugt. Doch die Flamme ist erloschen.

Gesamtwertung: 3 von 5 Punkten.

Beyondless erscheint am 04.05.2018 auf Matador Records

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