Platten vor die Säue
Morrissey - Low In High School
Er ist wieder da: der Mozzer veröffentlicht ein neues Album und teilt diesmal noch mehr aus als sonst. Schließlich schadet das auch nicht.
Ja, er macht gern von sich reden und ja, seine politischen Ansichten sind teils mehr als fragwürdig. Wer sich jetzt eine politische Abhandlung über den vielleicht kontroversesten Künstler unserer Zeit erhofft, sollte hier aufhören zu lesen. Denn es sind immer schon die Texte in der Musik und die Musik selbst, die Morrissey seit der Gründung der Smiths zu einem außergewöhnlichen Talent machen. Damals 1983, im unter der Regierung Margaret Thatchers leidenden Manchester, hat sich jene Band gegründet, die bis heute zeitgemäß ist. Auch wenn The Smiths gerne als Flagschiff der gerade angesagten 80er-Nostalgie behandelt werden und die eigentliche Bedeutung dieser Band dabei in den Hintergrund gerückt wird. Schon vier Jahre nach ihrer Gründung haben sich The Smiths aufgelöst, bevor vor allem Morrissey ab 1987 seine erfolgreiche Solokarriere gestartet hat. Vor einiger Zeit schon hat es ihn in seine heutige Wahlheimat Los Angeles gezogen, wo er mittlerweile sogar seinen eigenen Feiertag bekommen hat. Nun gibt es mit Low In High School auch noch eine neue Platte auf dem Markt.
Neubeginn mit Etienne
Als Morrissey-Fan musste man schon ein wenig zittern in den letzten Jahren. Seine ständigen Streitereien mit der Musikindustrie haben immer dazu geführt, das Morrissey lange ohne Label da stand - neue Songs gab es also immer, aber wer sollte sie veröffentlichen? Da fielen schon einige Steine von einigen Herzen, als im September 2017 plötzlich eine neue Single herauskam und verkündet wurde, dass Morrissey unter Kooperation mit BMG ein neues Label, Etienne Records, hervorgerufen hat. "Spent The Day In Bed" kam bei der Musikpresse gemischt an, Morrissey hat sich über die Jahre auch viele Feinde gemacht. Zugegeben, die vielen Synthesizer sind schon eher speziell - wem das nicht gefällt, der sollte von Morrissey gewohnt großartiger Lyrik aber wieder aufgefangen werden.
Mit freundlicher Unterstützung von Maestro Morricone
Aufgenommen wurde Low In High School in Frankreich und in den Studios von Filmmusik-Legende Ennio Morricone in Rom. Mit Sicherheit eine besondere Ehre für Morrissey, der sich schon immer als großer Film-Fan gezeigt hat. Die Einflüsse der Aufnahmeorte sind auf der Platte deutlich zu hören. "The Girl From Tel-Aviv Who Wouldn't Kneel" klingt fast schon nach Tango, in "I Bury The Living" fühlt man sich wie mitten in einer italienischen Oper. Textlich geht es dabei ordentlich zur Sache. "We must pay for what we believe, we must be killed for what we believe" heißt es im Song "Who Will Protect Us From The Police?". Aber auch Morrisseys Erzfeind, die britische Monarchie, muss sich neben dem Albumcover auch im Song "I Wish You Lonely" einiges gefallen lassen:
"Tombs are full of fools who gave their life upon command of monarchy! oligarch! head of state! potentate! and now? never coming back! never coming back!"
Übrig bleibt jedenfalls ein gutes Album, das Morrisseys Millionen Fans zweifelsohne glücklich machen wird. Neueinsteiger in die fabelhafte Welt des Morrissey sollten den Anfang aber wie gewohnt lieber in den Smiths-Platten oder Klassiker-Alben wie Viva Hate oder You are the quarry suchen.
Gesamtbewertung: 3,5 von 5 Platten
"Low In High School" erscheint am 17. November 2017 auf Etienne Records.