Anfang 2016 verkündete Rostam Batmanglij via Twitter, dass er nicht länger ein Teil von Vampire Weekend sein wird. Die Nachricht kam damals ziemlich überraschend für die vielen Fans der New Yorker Indie-Band, schließlich war Rostam nicht nur irgendein Mitmusiker neben Frontmann Ezra Koenig. Als Produzent, Arrangeur und Multiinstrumentalist bildete Rostam eher eine Doppelspitze mit Ezra. Einen Wermutstropfen gab es aber dennoch: Rostam wird zwar trotzdem noch beim kommenden, vierten Vampire Weekend-Album mitwirken, es war aber auch klar, dass Rostam auch irgendwann eine eigene Platte veröffentlichen wird. Dieser Zeitpunkt ist jetzt da, und das Resultat ist wirklich großartig.

Gleich zu Beginn der Platte kommt mit "Bike Dream" der erste Hinhörer: Homosexualität ist zwar mittlerweile ein etabliertes Thema im Indie- und Pop-Bereich, die erotische Seite davon jedoch seltener bis gar nicht. Rostam hat sich auf diesem Track getraut, in radikaler Art und Weise darüber zu schreiben. Ein echter Befreiungsschlag, der angesichts der aktuellen politischen Situation in den USA sicherlich zur rechten Zeit kommt. Ganz abgesehen von den Texten überzeugt auch die Instrumentierung: ein treibendes Riff aus Synthies und Streichern mischt sich mit episch produzierten Drums - eine echte Hymne sozusagen.

Dass Rostam in Sachen Produktion ein echter Experte ist, kommt nicht von ungefähr. Neben Vampire Weekend hat er über die Jahre immer wieder mit großen Namen zusammengearbeitet, unter anderem Charli XCX, Frank Ocean und HAIM. Bei diesen ganzen großen Kollaborationen kam der gewisse Rostam-Touch zwar immer mit durch - die ganze Bandbreite seiner musikalischen Kreativät kann er aber erst jetzt der Welt zeigen.

Hier und da bedient sich Rostam an verschiedenen Einflüssen. Mal klingt es nach Bon Iver, mal nach David Byrne und mal - wenig überraschend - nach Vampire Weekend. Die Aufnahmetechniken, die vor allem für deren dritte Platte verwendet wurden ähneln sich wie die Instrumentierung. Der Iran, die Heimat von Rostams Famile, wird im Track "Wood" thematisiert. Natürlich mit den entsprechenden Instrumenten und Melodien aus der traditionellen arabischen Musik. Das Ganze ist von einem dudeligen Abklatsch aber weit entfernt. Vielmehr verschmilzt die iranische Musik mit modernen westlichen Klängen zu einem experimentellen Soundteppich, der sich hören lassen kann.

Am Ende der Platte gibt es mit dem Song "Gwan" ein weiteres Highlight. Dessen Streicherfigur erinnert wohl am ehesten an die klassische Musik des 18. und 19. Jahrhunderts, was aber auch kein Wunder ist. Schließlich hat Rostam an der New Yorker Columbia University Musik studiert. "Gwan" dürfte zum Abschluss des Albums jeden nochmal richtig aufwecken - nicht zuletzt, weil Rostam seine sanfte Stimme mit einem hörbaren Lächeln unterlegt. Ein Lächeln, dass irgendwie ansteckend wirkt.

"Half-Light" ist 15 Tracks stark, wobei jeder auf seine Weise anders klingt - es ist unmöglich die zahlreichen instrumentellen und produktionstechnischen Spielereien Rostams in Worte zu fassen. Die Platte und ihre Musik stehen für sich - es ist der Beginn einer jetzt schon bemerkenswerten Solokarriere.

Gesamtwertung: 4,5 von 5 Punkten.

„Half-Light" erscheint am 15.09.2017 auf Nonesuch Records.