Platten vor die Säue
The Districts - Popular Manipulations
Endlich wieder unverfälschter Indierock oder eher der Soundtrack für die Zeit nach dem 30. Geburtstag? The Districts zeigen sich jetzt reif und erwachsen.
Robby, Branden, Connor und Pat, die Mitglieder der Band The Districts, bleiben ihrer Rolle als Musterschüler des Indierocks auf ihrem dritten Album treu. Wer den Mund jetzt schon zum Gähnen geöffnet hat, sollte aber nicht zu schnell urteilen. Denn vielleicht macht „Popular Manipulations“ genau das, was die Szene gerade braucht: Rückbesinnung, Bodenständigkeit und Reife statt Pop-Appeal, Kitsch und Experiment.
Die Eins mit Stern im Indiesound
Gäbe es ein Unterrichtsfach im Indierock, das das Genre in seiner klassischsten Ausformung lehren würde, so säßen die vier Jungs von The Districts wohl in der ersten Reihe. Den sorgfältig gespitzten Bleistift in der Hand, allzeit bereit das Wichtigste mitzuschreiben.
Obwohl die Gründungsmitglieder, die sich 2009 tatsächlich im Matheunterricht kennengelernt haben, schon lange raus sind aus der Schule, wirkt ihr neues Album austauschbar, zwar nicht kopiert, aber bekannt. Die klassische Instrumentierung auf „Popular Manipulations“ vertont auf eine gleichsam stilsichere wie eintönige Art und Weise Lebensthemen der erwachsengewordenen Musiker von Manipulation bis zu Angst. Dabei gibt es vor allem die trabenden, rhythmischen Tracks, die auch Elemente aus dem Psychedelic-Rock einbinden. So bauen sich „Violet“, „Point“ oder auch die Vorabsingle „Ordinary Day“ scheppernd und galoppierend auf. Um die verzerrten Gitarren schmiegen sich dann die mit Hall ausgeschmückten Vocals. Das Ergebnis ist ein Muster, dem der Großteil der Songs auf „Popular Manipulations“ zugrunde liegt.
Daneben stehen ruhigere, balladenartige Songs, wie "Why Would I Wanna Be", dessen Rhythmus aufgeregtem Herzklopfen gleicht, oder das reduzierte "Salt", auf dem zur Abwechslung ein Klavier den Ton vorgibt. Konstante und auch Variable bildet die Stimme des Sängers und Gründungsmitglieds Robby Grote. Von beschwörendem Säuseln bis hin zum hysterischen, fast pathetischem Gesang á la Killers transportiert er uns in die verschiedenen Gefühlsebenen, die das Album vermitteln möchte.
Zwiespalt "Indie-Comfortzone"
Wo auf der einen Seite die Stimmen laut werden, die mehr klassischen Indierock und eine Rückbesinnung auf die 00er verlangen, kann dem genauso die Frage entgegensetzt werden, ob es so ein Album wirklich braucht. Also ein Revival des Revivals des Revivals oder so.
„Popular Manipulations“ ist solide und soundtechnisch reif, jedoch ein Stück zu tief verankert in überholten Genreansprüchen. Die elf Tracks treten alle in ähnlich düster-melancholischem Arrangement auf, sodass sich der erwachsene Sound von The Districts auf Albumlänge nicht etablieren kann. Zurück bleibt der zu Beginn erwähnte Zwiespalt: feiere ich die trabende Indierock-Werktreue als Erinnerung an die Aufbruchstimmung nach dem Abiball oder entscheide ich mich gegen die Standpauke des imaginären großen Bruders, der mich darüber aufklären will, dass wirklich gute Musik nicht jünger als zehn Jahre alt sein darf und handgemacht und greifbar klingen muss. 50/50-Chance: Die Wahl liegt bei euch!
Gesamtwertung: 2,5 von 5 Punkten.
"Popular Manipulations" erscheint am 11.08.2017 auf Fat Possum.