Home > Plattenkritik > Tocotronic - Die Unendlichkeit
Platten vor die Säue

Tocotronic - Die Unendlichkeit

Quelle: tocotronic.de

Tocotronic - Die Unendlichkeit

Eine Autobiographie als Platte: Tocotronic veröffentlichen ihr 12. Studioalbum Die Unendlichkeit – und das ist unendlich schön!

Seit 25 Jahren gibt es Deutschlands wichtigste Indierock-Band nun schon. Damals, im Jahre 1993 haben sich Tocotronic als punkiges Trio formiert und mit ihrem Debüt Digital ist besser einen Meilenstein der deutschen Musikgeschichte geschaffen. Es hat sich viel verändert seitdem. Schon seit einiger Zeit ist mit Rick McPhail ein vierter Tocotrone dabei, die Band lebt und wirkt inzwischen in Berlin. Album folgte auf Album, unterschiedliche Konzepte, unterschiedliche Instrumentierungen wurden umgesetzt und Tocotronic wurden zu einer Institution der deutschsprachigen Poesie in der Rockmusik. Ende 2015 fing Frontmann und Sänger Dirk von Lowtzow dann an, Songs als einzelne Kapitel eines autobiographischen Gesamtwerks zu schreiben. Das Ergebnis ist die 12. Tocotronic-Platte Die Unendlichkeit.

"Unendlichkeit, und noch viel weiter!"

Es beginnt mit dem Titeltrack. Ein nie da gewesenes, fast schon jazziges Schlagzeug-Riff untermalt von v. Lowtzows und McPhails atmosphärischem Gitarrenspiel. Mit inzwischen gewohnt tiefer Stimme beginnt der Song:

„Ich treibe weiter / seit ich noch ein Kind war und es dauert an / bis ich nicht mehr deutlich denken kann“

Der Track bricht in einem Sound-Cluster aus und Dirk von Lowtzow predigt: „Und noch viel weiter, in die Unendlichkeit“. Tatsächlich handelt es sich um ein Zitat der Figur Buzz Lightyear aus der Filmreihe „Toy Story“. „Toy Story ist King“ verrät uns Dirk von Lowtzow im M94.5-Interview. Ein sicherlich ungewöhnliches, aber nichtsdestotrotz großartiges Intro in die zwölf Kapitel der tocotronischen Autobiografie.

"Teen Age Riot im Reihenhaus"

Das Werk ist chronologisch aufgebaut und schnell wird klar, dass sich die ersten Tracks um das Leben als Teenager in der Kleinstadt drehen. „Hey Du“, zum Beispiel, basiert auf von Lowtzows eigenen Erfahrungen, als er auf der Straße aufgrund seines Außenseitertums angestarrt und beleidigt wurde.

„Hey du, was starrst du mich an, breitbeinig auf der Bank? Bin ich was, das du nicht kennst? Dass du mich Schwuchtel nennst? Ist mein Stil zu ungewohnt für den Kleinstadthorizont?“

Dem Jahr 1993 ist ein eigener Song gewidmet. Es war das Jahr, in dem Dirk von Lowtzow aus seiner Heimat im Schwarzwald nach Hamburg gezogen ist und kurz darauf die Band gegründet hat. Im orchestral arrangierten Song „Unwiederbringlich“ geht es um den Verlust eines geliebten Freundes. Tocotronic beweisen wieder einmal ihre Vielseitigkeit. Und das nicht nur musikalsich, denn die Texte sind insgesamt deutlicher und klarer als auf den vorherigen Platten. Obwohl von Lowtzow großartige Wortspiele kreieren kann, werden diese eher spärlich eingesetzt.

Den Abschluss der Biografie bildet das wohl leicht ironische Stück „Alles was ich immer wollte war alles“ mit der finalen Textzeile „Bitte verlasst mich nicht“. Das sollte einem nach solch einer tollen Platte auch nicht in den Sinn kommen.

Gesamtbewertung: 4,5 von 5 Platten

"Die Unendlichkeit" von Tocotronic erscheint am 26. Januar 2018 bei Vertrigo Berlin.
 

Platte des Monats

Conor O'Brien zeigt mit The Art of Pretending to Swim, dass Indie-Folk auch im Jahr 2018 noch spannender klingen kann, als man das von diesem Genre erwartet hätte. Das vierte Album der Villagers vereint, was eigentlich widersprüchlich wirkt: Folk mit R'n'B und Experimentierfreude mit Zugänglichkeit. 

mehr
M94.5 präsentiert
Donnerstag, 18. Oktober, 18 Uhr
M218 LMU Hauptgebäude
 
Munich Rocks!
Donnerstag, 18. Oktober 2018
 
Freitag, Samstag: 19./20. Oktober
 
Neuhauser Musiknacht
Samstag, 27. Oktober 2018
M94.5 Bühne @ Freiheizhalle

 

mehr
M94.5 auf Youtube

Der M94.5-Newsletter
Du willst regelmäßig News von M94.5? Dann musst nur deine E-Mail-Adresse angeben! Keine Angst, wir spamen deinen Posteingang auch nicht voll.
 
 
Die afk Familie