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Adam Green / Minor Love [Rough Trade/Beggars]

Platte des Monats Januar 2010

Autor(en): Michael Praetorius am Freitag, 1. Januar 2010

Eine ganze Weile ist es inzwischen her, dass ein komischer Kauz namens Adam Green urplötzlich auf der Bildfläche unserer Fernsehgeräte auftaucht. Ein rehäugiger Wuschelkopf, der unbekümmert und voller Selbstverständnis extrem schräge, unsinnige und vulgäre Lieder zu seiner zugegebenermaßen gewöhnungsbedürftigen Sicht des Lebens zum Besten gibt.

Eine ganze Weile ist es inzwischen her, dass ein komischer Kauz namens Adam Green urplötzlich auf der Bildfläche unserer Fernsehgeräte auftaucht. Ein rehäugiger Wuschelkopf, der unbekümmert und voller Selbstverständnis extrem schräge, unsinnige und vulgäre Lieder zu seiner zugegebenermaßen gewöhnungsbedürftigen Sicht des Lebens zum Besten gibt. Seine Songs werden im (deutschen) Fernsehen und Radio rauf und runter gespielt, die Leute lieben ihn für seine unkonventionelle und ironische Art. Er überrascht das Publikum immer wieder mit seinen bizarren und amüsanten Auftitten. So wie zum Beispiel bei "TV Total", als er es sich mitten im Interview auf dem Schoß des Moderators bequem macht. Sein 2005 erschienenes, drittes Album "Gemstones" schafft es so bis auf Platz 4 der deutschen Charts. Er wird zurecht als Initiator der Anti-Folk- Bewegung gefeiert und damals schon mit Größen wie Frank Sinatra verglichen.

Sich den Gesetzen des Medienzirkus beugend, legt sich irgendwann allerdings auch dieser Hype. Der Songwriter aus New York ist aber weiterhin nicht untätig und inzwischen bei Album Nummer sechs angelangt. Dieses trägt den Titel "Minor Love" und hebt sich doch erheblich von den Vorgängern ab. Da es innerhalb eines sehr kurzen Zeitraumes entstanden ist, konzentriert es sich auf eine ganz bestimmte Phase in seinem Leben: die Trennung von seiner Ehefrau. Keine angenehme, dafür aber sehr prägende und vor allem inspirierende Erfahrung. Die neuen Songs handeln von Verlust und Trauer, sowohl die Dauerhaftigkeit und als auch die Vergänglichkeit von Beziehungen sind ein großes Thema. Dabei läuft er allerdings keineswegs Gefahr, dem Kitsch zu verfallen oder seinen charakteristischen Sinn für Humor zu verlieren. Adam Green ist auf keinen Fall zum großen Romantiker avanciert: "I just simply wanted to make a record that reminded people that there was a small amount of romance that I was capable of addressing in music". Somit ist auf der Platte also immer noch Platz für absurde, skurille und etwas alberne Szenarien, deren Kreation Adam Green nach wie vor hervorragend beherrscht, wie er in Songs wie "Bathing Birds", "Castles and Tassels" oder "Buddy Bradley" beweist.

Die Texte auf "Minor Love" wirken dennoch durchdachter und aufrichtiger, als man es bisher von älteren Aufnahmen gewöhnt war. Er entfernt sich gelegentlich von den unzusammenhängenden, scheinbar sinnfreien Textfetzen, die seinen lyrischen Stil bisher ausmachten, und wird hier und da sogar zum Geschichtenerzähler: In dem Song "Goblin" schildert er auf charmant-naive Art ein Date mit einer Frau, die sich als wilde Furie erweist und ihn auf offener Straße attackiert.

Musikalisch findet Adam Green auf "Minor Love" zurück zu seinen Wurzeln. Waren seine Kompositionen in den letzten Jahren stets opulenter geworden, sind die Songs auf diesem Album wieder spärlich und dezent instrumentiert und erinnern an vergangene (Anti-)Folk-Tage. Bei seinem letzten Projekt, der Arbeit an dem musikalischen Theaterstück "Timbuktu" für das Tübinger Zimmertheater, bot sich ihm die Gelegenheit, sich im Bereich klassischer Musik vollständig auzutoben. Daher beschloss er sein neues Album eher schlicht zu halten und besinnte sich auf die Sachen, die ihn seit seiner Kindheit begleiteten, die alten "Velvet Underground" und "Rolling Stones"-Alben. Zum Beispiel das rockige, rauhe "Oh Shocks", von dem Adam Green zwar behauptet, es sei das traurigste Lied, das er je geschrieben hätte, welches aber Dank der schrammelnden Gitarren ganz und gar nicht so klingt.

"Minor Love" ist eine Weiterentwicklung, die Adam Green in den letzten Jahren erfahren hat.

Es scheint, er ist reifer geworden und beabsichtigt mit seinem neuen Werk mehr, als einfach nur zu provozieren und die Leute vor den Kopf zu stoßen. Dass er dies kann, hat er in der Vergangeheit ja zu Genüge bewiesen. Vielleicht ist er mit Ende 20 auch einfach schon zu alt dafür.

Er selbst sagt über das Album, es sei das Ende von Irgendetwas. Was das genau ist, wisse er allerdings noch nicht, das werde sich erst mit dem nächsten Album herausstellen.

Platte des Monats

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