Überwachungs-Skandal
Lieber Edward Snowden...
Genau drei Jahre ist es her, dass der Name Edward Snowden bekannt wurde. Eine Chronik zum Leben des Whistleblowers:
Vor drei Jahren und einem Tag kannte dich niemand. Dann plötzlich war dein Name in aller Munde und du warst Edward Snowden, der Whistleblower. Eine kurze Chronik für alle, die nicht wie du hautnah dabei waren:
Am 6. Juni 2013 veröffentlichen sowohl „The Guardian“ als auch „The Washington Post“ in ihren Online-Ausgaben die ersten Berichte über massive Spähaktionen des US-amerikanischen Geheimdienstes National Security Agency (NSA). Drei Tage später gab sich Edward Snowden als Informant der Veröffentlichungen zu erkennen. Die erste Welle der Enthüllungen drehte sich um das Spähprogramm PRISM des NSA. In Partnerschaft mit den Nachrichtendiensten anderer Länder hörten die Datensammler munter die Telefone ihrer jeweils eigenen Bürger ab. Zum handfesten NSA-Skandal entwickelten sich die Medienberichte dann in Deutschland spätestens mit der zweiten Veröffentlichungswelle: Die NSA hörte auch die Telefone verschiedener Staats- und Regierungschefs ab: darunter auch das von Angela Merkel.
Du, lieber Edward Snowden, weißt das natürlich alles. Du weißt vor allem aber auch, dass du seit den Datenveröffentlichungen auf der Flucht bist.
Bevor er nämlich als Whistleblower bekannt wurde, musste Snowden sein Wohnort im warmen Hawaii in Richtung Hong-Kong verlassen. Die US-Behörden stellten schon in der Woche nach den ersten Medien-Berichten einen Haftbefehl aus. Ihm wird Spionage und Diebstahl von Regierungseigentum angelastet. Der Angeklagte soll daraufhin insgesamt 21 Asylanträge gestellt haben. So steht es in einer von der Enthüllungsplattform wikileaks veröffentlichten Liste. Demnach lehnten 14 Staaten seinen Antrag ab, darunter Deutschland und Frankreich. Die USA fordern immer vehementer seine Auslieferung. Höhepunkt dieser Zeit voller internationalen Spannung ist die erzwungene Notlandung des bolivianischen Präsidenten. Weil Bolivien dem Whistleblower Asyl anbot, wurde er an Bord des Präsidenten-Flugzeugs vermutet. Anfang Juli stoppten und durchsuchten österreichische Behörden dann den Flieger. Schließlich fand Snowden in Russland vorläufiges Asyl. Bis heute lebt er dort.
Und so befindest du dich heute anstatt im Inselparadies Hawaii in Moskau. Eine Stadt mit einer jährlichen Durchschnittstemperatur von 5° Celsius.
Viele Menschen fragen sich angesichts dieses Klimawechsels: Was war die Motivation des Amerikaners? Der Dokumentarfilm CitizenFour widmet sich auch dieser Frage. Der Oscar-prämierte Film zeigt die Gefahren geheimdienstlicher Überwachung auf. Er behandelt den Konflikt zwischen den Interessen des Staates und der Zivilgesellschaft und fordert letztere dazu auf ihr Verhalten im Sinne ihrer eigenen Privatsphäre zu überdenken. Und genau das identifiziert der Streifen als Edward Snowdens Motivation für sein eigentlich illegales Handeln. Er wolle nicht mehr länger in einem Staat leben, der seine eigenen Bürger derart ausspioniert. Sondern genau auf diese Praxis aufmerksam machen und so die Zivilgesellschaft stärken.
Can you hear me now?
— Edward Snowden (@Snowden) 29. September 2015
„Hört ihr mich jetzt?“, frägst du, lieber Edward Snowden, bei deinem ersten Tweet im September letzten Jahres. Gehört wurdest du, denn vor drei Jahren und einem Tag kannte dich kaum jemand. Auf Twitter folgten dir innerhalb einer Stunde mehr als 100.000 User. Du folgst nur einem einzigen: der NSA.