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Ein Kommentar zur den Folgen für die Meinungsfreiheit nach dem Anschlag in Paris

Es lebe der Bleistift

Autor(en): Jean-Marie Magro am Donnerstag, 8. Januar 2015
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Quelle: unbekannt / twitter.com

Mit "Je suis Charlie" bekundet Internetuser ihre Unterstützung des Satiremagazins.

Mit dem Anschlag auf Charlie Hebdo wurde die Spitze der Meinungsfreiheit verletzt. Doch das wird ihr nicht schaden. Ein Kommentar.

Mit dem Anschlag auf Charlie Hebdo wurde Frankreichs Spitze der Meinungsfreiheit verletzt. Doch das wird ihr nicht schaden. Ein Kommentar. Hier auch auf Französisch.

Der barbarische Angriff auf die Redaktion von Charlie Hebdo war nicht irgendein Anschlag. Charlie Hebdo ist eine französische Institution der Meinungsfreiheit. 75 000 Stammleser hat das Blatt. Verglichen mit anderen Zeitungen in Frankreich ist das nicht herausragend. Doch die Franzosen, vor allem die Älteren, lieben es, am Kiosk vorbei zu schlendern und einen Blick auf das Titelbild zu werfen.

Seit Jahrzehnten teilt die Wochenzeitschrift gegen alles und jeden aus, häufig recht rabiat: gegen Politiker, öffentliche Akteure, gegen Christen, Juden und eben auch den Islam. Mit der provokanten Darstellungsform kommen manche mehr und andere weniger zurecht. Ihre Zeichner, der charismatische Chefredakteur Stéphane Charbonnier alias Charb, der fast 80-Jährige Georges Wolinski und Jean Cabut alias Cabu, sind landesweite Ikonen. Eben die älteren Franzosen sind mit diesen Männern und vor allem ihren schonungslosen Zeichnungen groß geworden.

Das Wichtigste: Charlie Hebdo provozierte wie kein anderes Medium und ließ sich dabei von nichts und niemandem beirren oder gar Angst einflößen. Charlie Hebdo war, ist und wird hoffentlich das demokratische Fieberthermometer der Grande Nation bleiben.

Satire ist Teil der Demokratie

Satire ist in Frankreich – noch viel mehr als in Deutschland – einer der Eckpfeiler der Demokratie. TV-Serien wie „Les Guignols de l´info“, in der an jedem Abend berühmte Persönlichkeiten mit Puppen nachgespielt und rücksichtslos auf die Schippe genommen werden, gibt es hier nicht. Die Satire kann Dinge und Umstände benennen, die sonst unausgesprochen bleiben würden.

Die Franzosen sind hierbei um einiges sensibler und werden sich durch das Attentat nicht den Mund verbieten lassen. Gleich nach der Bestürzung, den Tränen und der Ohnmacht versammeln sich im ganzen Land über Hunderttausend Menschen um ihre Solidarität zu bekunden. Abermillionen zeigen im Internet ihre Trauer, finden aber auch aufmunternde Worte.

Auf der inoffiziellen Facebook-Seite des Sprayers Banksy war die vielleicht aussagekräftigste Karikatur zu sehen: oben ein tadelloser Bleistift mit der Unterschrift „yesterday“, darunter derselbe, aber in der Mitte zerbrochene Stift für „today“. Das Entscheidende aber ist das, was „tomorrow“ sein wird: Die abgebrochene Hälfte ist gespitzt, jetzt sind es 2 Bleistifte.

 

Das ist die Botschaft an alle Fundamentalisten dieser Welt. Die Redaktion, die sich durch nichts und niemanden einschüchtern ließ, hat ein Vermächtnis hinterlassen: Den Mut, seine Meinung immer und überall frei äußern zu dürfen und das von nun an mehr als jemals zuvor.

Die Feder, das schrieb schon der englische Autor Edward Bulwer-Lytton im Jahr 1839, ist stärker als jedes Schwert. Um mit einer bekannten Karikatur von Charlie Hebdo zu schließen: Der Prophet Mohammed ist darauf im schwarzen Gewand vermummt und hält sich die Hände vor die Augen. Sein Kommetar: „Es ist hart, von Idioten geliebt zu werden.“ Wie wahr.

Dieser Text erscheint auf Deutsch, und als Solidaritätsbekundung der M94.5-Redaktion gleichzeitig auch auf Französisch.

 

Platte des Monats

Conor O'Brien zeigt mit The Art of Pretending to Swim, dass Indie-Folk auch im Jahr 2018 noch spannender klingen kann, als man das von diesem Genre erwartet hätte. Das vierte Album der Villagers vereint, was eigentlich widersprüchlich wirkt: Folk mit R'n'B und Experimentierfreude mit Zugänglichkeit. 

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