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7 Phasen eines Neu-Münchners

Autor(en): Vanessa Patrick am Mittwoch, 11. Februar 2015
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Quelle: © Uwe Trottmann(trip.mckay)

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Jeder "Zuagroaste" kennt das: Von der schwierigen Wohnungssuche über Verständigungsprobleme bis hin zur schwierigen Münchner Schickeria. In die Isarmetropole ziehen ist das eine - sich hier einzuleben das andere. 7 Phasen, die jeder durchmacht, der nach München zieht!

„Weltstadt mit Herz“, „Isar-Athen“, „Nördlichste Stadt Italiens“, „Bayerisches Silicon Valley“ oder schlicht und einfach „Millionendorf“ - kaum eine Metropole ziert so viele Beinamen wie die bayerische Landeshauptstadt München. Zufall? Eher weniger. Es ist ein Versuch, die Vielseitigkeit dieser Stadt in einen Begriff zu packen.

Gefühlt 90 Prozent aller StudentInnen und junger KünstlerInnen wollen nach Berlin oder Hamburg ziehen. Und doch siedeln sich auch einige Menschen in die 1,41 Millionen-Metropole München an. Innerhalb der letzten Jahre verzeichnete die Isarmetropole einen Einwohnerzuwachs von 7,9 Prozent – mehr als alle anderen Städte Deutschlands.

Schon allein nach München zu ziehen stellt jeden „Zuagroasten“ vor eine Mammutaufgabe. Und auch hier zu bleiben: Nicht gerade ein Ponyhof-Leben. Hier die sieben Phasen, die jeder durchmacht, der nach München zieht.

Vor der ersten Woche

Du hast eine Zusage für einen Studien- oder Praktikumsplatz oder gar einen „richtigen“ Job bekommen. Glückwunsch! Die Freude ist groß. Schließlich sagte König Ludwig I. damals, dass keiner Deutschland kenne, wenn er München nicht gesehen habe. Du machst Dich also auf die Suche nach einer Wohnung auf einschlägigen Plattformen und merkst relativ schnell: Die Nachfrage übersteigt das Angebot um Faktor x². Auch die Preise für Wohnungen und einzelne WG-Zimmer sind ganz schön happig: Für ein 8m²-Kabuff ohne Fenster, dezentral gelegen, kann man durchaus mal 400 EUR berappen.

Auf Emailanfragen für Besichtigungstermine erhälst Du häufig nicht mal eine Antwort. Mit etwas Glück wirst aber auch Du in zwei bis drei WG-Küchen eingeladen. Es folgt ein knallhartes WG-Casting. Hohe Anforderungen an Dich als potentiellen Mitbewohner sind nicht die Seltenheit. Biete: Wohnung, suche: Superman. Genervt von den vielen WG-Gesprächen versuchst Du Dein Glück allein und siehst Dich schnell im Großstadtdschungel gefangen: Argwöhnisch musterst Du Deine mindestens 150 Mitbewerber für die freie 2-Zimmer-Wohnung am Gärtnerplatz. Die Chancen auf eine Wohnung für Dich gehen gegen Null.

Die erste Woche

Hunderte Emails, Skype-Telefonate und Besichtigungen später konntest auch Du Dich durchsetzen. Wahrscheinlich gehört das zum Stadtleben von München schlicht und einfach dazu, sich durch diesen bayrischen Wohnungs-Urwald durchkämpfen zu müssen. Eine Probe für das, was danach kommt?

Kaum hast Du den Umzug hinter Dir, stellt sich rasch der Eindruck ein, dass Sicherheit im Millionendorf einen hohen Stellenwert einnimmt. Gefühlt alle fünf Minuten siehst Du eine Polizei-Streife durch die Straßen fahren. Die Stadt ist sehr sauber, die Straßen alles andere als marode. Dafür sorgen schließlich mehrjährig anhaltende Dauer-Baustellen - Stau vorprogrammiert. Daher schiebst Du das Fehlende Blinken von anderen Autofahrern vor dem Spurwechsel auf dem Mittleren Ring als Zeichen des Stressabbaus. Das Vorfahrtsrecht von Autos mit Münchner Kennzeichen nimmst Du folglich erstmal hin.

Der erste Monat

Die ersten Wochenenden sind verstrichen und somit auch die ersten Begegnungen mit dem Münchner Nachtleben. Arbeitskollegen, die schon gefühlt zehn Jahre nicht mehr feiern waren, empfehlen Dir die Kultfabrik. Nach einem Weggehabend weißt Du auch warum sich das Areal mit dem Slogan „anders als man denkt“ rühmt. Kölsch Bar, Q Club, Rafael, Willenlos. Du realisierst, dass im Münchner Osten nicht unbedingt das Dolce Vita zu finden ist. Dass es eine "Feierbanane" gibt betrachtest Du als schlechten Scherz.

Du erkundest daraufhin den Sommer in der Weltstadt mit Herz und lernst die sogenannte „bayerische Gemütlichkeit“ kennen. In einem von hunderten Biergärten bestellst Dir Deine erste Maß, die Du leider als „Maas“ aussprichst, und bemerkst die schiefen Blicke von Kellnerin Resi.

In gemütlicher Runde mit Deinen Tischnachbarn, die vermutlich Sepp, Franzl oder Maxl heißen, freundest Du Dich flott mit Deinen Mitmenschen an. Du wunderst Dich darüber, wie schnell das Knüpfen von Freundschaften in der bayerischen Landeshauptstadt funktioniert.

Die ersten sechs Monate

Sepp, den Du vor ein paar Wochen bei vier Maß kennengelernt hast, ruft Dich an und lädt Dich zum Maibaumaufstellen ein. Du erinnerst Dich plötzlich: Dein Sitznachbar hat Dir von seiner Mitgliedschaft im Burschenverein erzählt. Die vielen Liter flüssiges Gold haben Dein Erinnerungsvermögen etwas getrübt.

Also fährst Du mit der Truppe junger Männer in ein Dorf außerhalb Münchens und erlebst, wie man sich am Land draußen in Bayern so die Hucke vollsäuft. Traditionspflege nennen sie das. In Bayern funktioniert nämlich sehr wenig ohne einen Tropfen Alkohol .Nicht ohne Grund heißt es: „Sieben Bier ersetzen eine Mahlzeit“.

Nach ein paar Treffen mit Maxl und co. setzt Du Dich genervt in ein Café Deiner Wahl auf der Leopoldstraße und schaust Du Dir das Treiben auf der Straße an. Ein älterer Herr mit Einkaufstüten von Lodenfrey und Bogner setzt sich in seinen Porsche, lässt den Auspuff röhren und rast die Straße hinunter – typisch Münchner Schickeria. Du zahlst Deinen 5 EUR-Cappuccino und fährst nachdenklich nach Hause.

Das erste Jahr

Langsam aber sicher fährt es Dir ein: München ist zwar an sich eine schönes, gemütliches Dorf, in dem sich irgendwie jeder kennt. Aber die Gemütlichkeit und Geselligkeit entpuppt sich eher als Schein.

Du merkst schnell, dass der Vermieter eine horrende Mieterhöhung vor Deinem Einzug beschlossen hat oder die WG-Mitbewohner 30 Prozent Miete mehr verlangen als Dein Zimmer eigentlich kosten würde.

Mittlerweile schaffst Du stolze sechs Maß, fährst mit dem Fahrrad nach Hause und wirst aufgrund des Überangebots von Polizisten angehalten. Mit über 1,6 Promille wirst Du zu einer MPU verdonnert.

Auch Deine neuen „Freunde“ entpuppen sich als oberflächliche Partypeople, die sich eigentlich für Dich überhaupt nicht interessieren, sondern eher für ihre neueste Prada-Tasche. Das was als „cool“ betitelt wird stellt sich als arrogantes, ausgrenzendes Verhalten heraus. Ohne gutes Aussehen und die richtige Klamottenmarke kommst Du jedenfalls nicht weit.

Das dritte Jahr

Du weißt nun, dass man das Oktoberfest „Wiesn“ nennt und kaufst Dir für das Großereignis eine teure Tracht – man will ja schließlich mit dem Trend der Tradition gehen. Du besäufst Du Dich Jahr aufs Jahr in einem Bierzelt mit dutzend Touristen, tanzt regelmäßig mit Deinen Sitznachbarn auf den Bierbänken und kannst „Skandal im Sperrbezirk“ oder „FC Bayern, Stern des Südens“ auswendig. Das „oans, zwoa, g'suffa“ sprichst Du sogar in einem guten Bayerisch.

Inzwischen gehst Du zum Weißwurschtfrühstücken in das Andechser Am Dom, kaufst Dir Deine Leberkassemmel am Viktualienmarkt, isst Deine Brezn mit Obazda in einem etwas kleineren, versteckten Biergarten und lädst Deine Familie und Freunde am Wochenende ins Kreuzberger zu Schweinsbraten mit Knödel und Kraut ein.

Du gewöhnst Dich an die Buam und Madln und denkst Dir, dass Du vielleicht doch nur einen schlechten Start in die Stadt hattest.

Das siebte Jahr

Hochdeutsch sprichst Du schon lange nicht mehr. Einige bayrische Vokabeln haben sich in Deine Sprache eingeschlichen. Deine nicht-bayerischen Freunde und Verwandte ziehst Du auf, weil sie nicht wissen, was ein „Oachkatzlschwoaf“ ist. Es war ein langsamer, aber steter Prozess, in dem Du Dich an die Stadt und das Bundesland gewöhnt hast.

Den neuen „Zuagroasten“ gibst Du Tipps, wo sie nicht unbedingt als erstes hingehen sollten: Das Hofbräuhaus ist nur was für Touristen, statt dem Englischen Garten lädt auch der Schlosspark Nymphenburg zum Verweilen ein. Und die Milch, die alle ist, gehst Du natürlich noch vor 20 Uhr einkaufen. Solltest Du doch mal zu spät dran sein, genießt Du einfach das Wasser aus dem Hahn.

Auch wenn es ein auf und ab in den letzten sieben Jahren war: München hat durchaus Herz, wenn man die richtigen Menschen und Orte kennenlernen konnte.

 

Prost!

 

Platte des Monats

Conor O'Brien zeigt mit The Art of Pretending to Swim, dass Indie-Folk auch im Jahr 2018 noch spannender klingen kann, als man das von diesem Genre erwartet hätte. Das vierte Album der Villagers vereint, was eigentlich widersprüchlich wirkt: Folk mit R'n'B und Experimentierfreude mit Zugänglichkeit. 

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M94.5 präsentiert
Donnerstag, 18. Oktober, 18 Uhr
M218 LMU Hauptgebäude
 
Munich Rocks!
Donnerstag, 18. Oktober 2018
 
Freitag, Samstag: 19./20. Oktober
 
Neuhauser Musiknacht
Samstag, 27. Oktober 2018
M94.5 Bühne @ Freiheizhalle

 

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