US-Wahlkampf
Bacon, Waffen und Miss Universe
18 Schüsse, Fett tropft zu Boden - Ted Cruz, Präsidentschaftskandidat der Republikaner, pult ein Stück Bacon vom Lauf seines Sturmgewehrs und probiert.
Anschließend schwärmt er: „Mhm... machine gun Bacon.“ Dazu ein manisches, fast geisteskrankes Lachen. So sieht das neuste Youtube-Video des sich mitten im Wahlkampf befindenden Republikaners aus. Auch andere Kandidaten trumpfen im Internet mit kuriosen Inhalten. Eine Analyse.
Bacon und schwere Waffen – der amerikanische Traum
Was wie eine schlechte Parodie wirkt, ist tatsächlich ein offizielles Video. In dem – um sich das ganze nochmals vor Augen zu führen – Speck am Lauf einer großkalibrigen Waffe gebraten wird. Wenige Stunden nach Upload war das Video natürlich (aufgepasst Wortwitz) in aller Munde.
Sämtliche Medien berichten online darüber. Auch die YouTube-Kommentarspalte lief heiß. Ein Nutzer beispielsweise fordert Ted Cruz dazu auf, sich den Lauf samt des Specks in den Mund zu schieben. Das Video löst aber auch positive Reaktionen à la „keep on being awesome, Ted“ aus. Die spöttischen Kommentare jedoch überwiegen.
Es stellen sich deshalb mehrere Fragen. Wieso produziert man so ein Video, wenn Spott und Harm eigentlich absehbar sind? Und an wen genau richtet sich das Video?
Waffe + Bacon = Cruz
Speck und Waffen - Erst einmal repräsentiert das Video Ted Cruz treffender als jede Biographie: Der texanische Senator vertritt seit jeher extrem konservative Ziele, zu denen unter anderem das Recht auf Waffenbesitz gehört. Bereits 2013 drohte er strengere Waffengesetze zu blockieren und schloss sich dafür mit anderen US-Senatoren zusammen.
Auch Bacon ist ein schönes Sinnbild, um den Texaner zu charakterisieren. Cruz behauptete bereits häufiger, dass sich Klimawandel nicht auf den Menschen zurückführen lässt. Massenfleischkonsum für ihn auch kein Problem, sogar Teil der amerikanischen Kultur. Schließlich liebt jeder gute Texaner seinen Speck. Das Video ist also eine klare Positionierung im Wahlkampf. Es deckt sich eins zu eins mit dem Profil von Ted Cruz.
Gelungene Werbeaktion
Ist man sich dem klar, so versteht man das Video als kalkulierte PR-Aktion. Im Kampf um neue Wähler werden das Internet und Soziale Medien immer wichtiger. Hier – so scheint es zumindest 2012 gewesen zu sein – wurde die letzte US-Wahl vorentschieden.
Das nutzt nun Ted Cruz für sich und zwar nicht ganz unerfolgreich. Schließlich stürzten sich die Medien auf das Video (inklusive M94.5). Sein Name, der zuvor eher in der Versenkung zu verschwinden drohte, ist plötzlich wieder überall zu lesen und zu hören. Aus PR-Sicht eine gelungene Aktion. Schließlich ist jede Publicity eine gute Publicity.
Neben Cruz versuchen auch alle anderen Bewerber um den Posten im Weißen Haus im Internet und in den Sozialen Medien zu punkten. Zum Teil auch mit unterschiedlichen Strategien.
Donald Trump - Make the internet great again
König der Social-Media-Wahlkämpfer ist Donald Trump. Schon zuvor für Selbstdarstellung und Narzissmus bekannt, überbietet er sich täglich mit neuen Twitter-Posts und Instagram-Uploads.
Was auf den ersten Blick lächerlich und peinlich wirken mag, funktioniert bei ihm großartig. Seine mediale Präsenz sticht in den letzten Wochen konkurrenzlos heraus. Mittlerweile liegt Trump sogar in den Umfragen an der Spitze aller republikanischen Kandidaten.
Dabei steht er weniger für konkrete politische Ziele, sondern vertritt mehr die Marke „Trump“: Unterhaltung vor Inhalt. Die Zahlen bestätigen, die Strategie ist bisher erfolgreich.
Quelle: Instagram @realdonaldtrump
Auf Instagram posiert Trump mit allem was Beine hat. Trump hält Hunde auf dem Arm, umgarnt die aktuelle Miss Universe mit bestem Sugar-Daddy-Lächeln und stellt sich mit Wrestlinggrößen zur Schau. Eben ein Medienfeuerwerk. Auch bei Twitter ist einiges geboten. Hier haut Trump in einfacher Rhetorik täglich unzählige Posts raus. Wirr hackt Trump auf Konkurrenten und Kritiker ein und beschwert sich ständig über illegale Migration. Dabei ist wieder nur eins zentral: Unbedingt auffallen. Bis jetzt scheint die Kampagne aufzugehen.
Hipster-Hillary im Instacheck
Ganz anders sieht die Medienstrategie von Hillary Clinton aus, insbesondere in den neuen Medien. Fast schon zurückhaltend erscheint ihr Auftreten im Vergleich mit den zuvor angesprochenen Republikanern.
Das mag vielleicht auch daran liegen, dass Hillary (neben Bernie Sanders) im demokratischen Vor-Wahlkampf bis jetzt keine ernstzunehmenden Konkurrenten hat. Das Auffallen und Abgrenzen scheint für sie also nicht so entscheidend zu sein. Gezielt werden in ihrer Kampagne Inhalte angesprochen. Frauenrechte, das Gesundheitssystem usw. sind zentrale Themen, die sie auf Twitter aufgreift.
Stilbewusst, öko und liberal
Auch auf Instagram verfolgt sie eine komplett andere Strategie. In bester Hipster-Manier postet sie Vintage-Fotos. Hillary und ihr Mann Bill sind zu Studienzeiten oder beim Abhängen zu sehen. Dabei tragen sie meist coole modische Auswüchse der 70er Jahre. Die Fotos stehen sinnbildlich für eine offene, liberale Kandidatin.
Der Account vermittelt zudem das Bild einer ökologisch-bewussten Bewerberin. Es findet sich etwa ein Foto von frischem Gemüse, das das Logo ihrer Kampagne formt. Insgesamt scheint auch Design und Stilbewusstsein einen hohen Stellenwert zu genießen – bei Trump beispielsweise nicht zu erkennen.
Quelle: Instagram @hillaryclinton
Insgesamt richtet sich die Kampagne an eine gänzlich andere Zielgruppe – jung, urban, modern sind die Wähler um die Hillary wirbt. Ihr Online-Auftritt scheint sich besonders an städtische, hippe Wähler zu richten. Auch, weil ihr demokratischer Kontrahent Bernie Sanders, der noch weiter links als Hillary zu verorten ist, besonders an der Ostküste und in städtischen Zentren auf Gegenliebe stößt.
Somit konkurriert Hillary auf Instagram nicht mit Trump und Co., sondern eher innerhalb der demokratischen Partei mit anderen Kandidaten.
Jeb Bush Online – den Zeitgeist verfehlt
Jeb Bush, Bruder von George W., startete als einer der ersten Kandidaten in den Wahlkampf der Republikaner. Allerdings hat ihm der Vorsprung mit Blick auf die Umfragen bisher herzlich wenig gebracht. Anfangs als klarer Favorit gestartet, hat ihn mittlerweile Donald Trump überholt und so ist Bush nur noch einer unter vielen Anwärtern der Republikaner auf das Präsidentenamt.
Das könnte zum Teil auch an seinem Auftreten in den Sozialen Medien liegen. Die Kampagne wirkt verstaubt und langweilig. Auf Twitter sind viele Tabellen und Statistiken zu sehen - Entertainment Fehlanzeige. Man erkennt schnell, warum Trump öfter mediale Aufmerksamkeit zu Teil wird.
Grabesstimmung
Auch der Instagramm-Account ist uninteressant. Fotos von Veteranengräbern paaren sich mit Fotos von Bush während diverser Wahlkampf-Events. Auch Youtube-Videos von Bush wirken veraltet. Hier ein Beispiel:
Nicht nur der Inhalt des Videos kommt etwas rückständig rüber, sondern auch das Video selbst. Pathetische Hintergrundmusik und schwerwiegende Worte erscheinen in der Zusammenstellung äußerst unzeitgemäß. Im Video präsentiert sich Bush farblos und langweilig. Es ist nicht verwunderlich, dass Jeb Bush an öffentlicher Aufmerksamkeit verloren hat.
Auffallen und gewinnen
Mit Blick auf Jeb Bushs Online-Auftritt kommt einem Ted Cruz' Bacon Massaker gar nicht mehr so blöd vor. Es scheint wohl definitiv besser zu sein mit ungewöhnlichen Aktionen aufzufallen und sich von anderen Kandidaten abzusetzen als Sang und klanglos im Meer der Kandidaten unterzugehen. Dies gilt zumindest für die Sozialen Medien.
Es ist kein Wunder, dass Selbstdarstellungskönig Donald Trump, der so abhängig von den neuen Medien ist, erst im Jahr 2015 auf der Bildfläche (oder Tabletfläche) erscheint und im Präsidentschaftswahlkampf heraussticht. Nichtsdestotrotz ist die Wahl weiterhin offen. Der Wahlkampf bleibt spannend, auch mit Blick auf die Sozialen Medien.