Remember, remember the 9th of November
„Schicksalstag" der Deutschen
Kaum ein anderer Tag in der deutschen Geschichte war so ereignisreich wie der 9. November. Wir haben die fünf wichtigsten Jahrestage zusammengefasst.
9. November 1848: Hinrichtung von Robert Blum
Der Tod des Abgeordneten Robert Blum stellt einen entscheidenden Wendepunkt und den Anfang vom Ende der sogenannten Märzrevolution 1848/49 dar. Ziel der bürgerlichen Revolutionsbestrebungen ist die Vereinigung der vielen Einzelstaaten des Deutschen Bundes zu einem deutschen Gesamtstaat mit einer gemeinsamen Verfassung. Einen großen Erfolg der Revolutionäre stellt dabei das erste demokratisch gewählte gesamtdeutsche Parlament, die Frankfurter Nationalversammlung, dar. Dort setzt sich der Demokrat Robert Blum entschieden für die Entstehung eines republikanischen Nationalstaats ein. Während Kämpfen in Wien wird der Abgeordnete von den kaiserlich-österreichischen Truppen festgenommen und öffentlich erschossen. Nach seiner Hinrichtung müssen die Revolutionäre immer mehr Niederlagen hinnehmen und die Bewegung scheitert schließlich.
9. November 1918: Ausrufung der Republik
"Das Alte und Morsche, die Monarchie ist zusammengebrochen! Es lebe das Neue! Es lebe die deutsche Republik!" - mit diesen Worten ruft der Sozialdemokrat Philipp Scheidemann die Weimarer Republik aus. Nachdem die Niederlage der Deutschen im Ersten Weltkrieg sich als immer offensichtlicher zeigt, werden die Forderungen nach der Abdankung des Kaisers immer lauter und die Novemberrevolution formiert sich. Aus Angst vor einem radikalen politischen Umsturz flieht Kaiser Wilhelm II. ins niederländische Exil und lässt am 9. November 1918 durch seinen Reichskanzler Maximilian von Baden in Berlin seine Abdankung bekannt geben. Kurz darauf tritt Philipp Scheidemann auf den Balkon des Reichstags, um einer jubelnden Menge das Ende der konstitutionellen Monarchie zu verkünden. Wenig später ruft auch der Kommunist Karl Liebknecht die Republik aus. Der linke Flügel der Revolutionäre verfügt jedoch über keine ausreichende Machtbasis und so kommen seine sozialistischen Vorstellungen in der Weimarer Republik nicht zum Tragen.
9. November 1923: Hitler-Ludendorff-Putsch
Fünf Jahre später haben sich Adolf Hitlers Pläne, die Reichsregierung zu stürzen und als Diktator selbst die Macht zu übernehmen, bereits konkretisiert und er versucht sie mit einem gewaltsamen Putsch in München in die Tat umzusetzen. Zusammen mit General Erich Ludendorff und einer Gruppe von bewaffneten Anhängern marschiert er zur Feldherrnhalle am Odeonsplatz. Mehrere Demonstranten und Polizisten kommen bei den Schusswechseln ums Leben, bis es der bayerischen Polizei schließlich gelingt, den Aufstand zu stoppen. Hitler entkommt leicht verletzt, wird jedoch einige Tage später festgenommen. Obwohl man ihn zunächst zu fünf Jahren Haft verurteilt, darf er das Gefängnis in Landsberg schon nach knapp einem Jahr wieder verlassen. Ludendorff muss sich zwar ebenfalls vor einem Gericht verantworten, wird aber freigesprochen.
9. November 1938: Reichspogromnacht
Seit der „Machtergreifung“ 1933 verfolgt Hitler mit seiner Politik das Ziel, der jüdischen Bevölkerung in Deutschland massiv zu schaden. Die Reichspogromnacht stellt dabei einen grausamen Höhe- und Wendepunkt der antisemitischen Entwicklungen dar: Aus Diskriminierung wird nun systematische Verfolgung, Deportation und Ermordung. In der Reichspogromnacht selbst setzen organisierte SA- und SS-Truppen Synagogen in Brand und zerstören tausende jüdische Geschäfte und Wohnungen. Mehrere hundert Menschen sterben. In den darauffolgenden Tagen werden im gesamten Deutschen Reich etwa 30.000 jüdische Männer verhaftet und in Konzentrationslager verschleppt.
9. November 1989: Fall der Berliner Mauer
28 Jahre lang trennt die Berliner Mauer, von ihren Veranlassern auch als „antifaschistischer Schutzwall“ bezeichnet, die DDR von Westdeutschland und fordert in dieser Zeit über 100 Todesopfer. Die Vorbereitungen einer von Seiten der DDR kontrollierten Öffnung beginnen bereits im Oktober 1989. Angedacht ist dabei zunächst ein offizieller Öffnungstermin kurz vor dem Jahreswechsel. Bei einer Pressekonferenz am 9. November verkündet Günther Schabowski, Mitglied des DDR-Politbüros, wohl versehentlich aufgrund mangelnder Vorbereitung und entgegen der offiziellen Beschlüsse auf die Frage eines italienischen Journalisten hin, dass alle neu angedachten Ausreiseregelungen ab sofort gelten würden. Das lässt sich die DDR-Bevölkerung nicht zweimal sagen und stürmt über die Mauer gen Westen. Ein Jahr später ist Deutschland wiedervereinigt. Der Mauerfall bedeutet das Ende der kommunistischen Diktaturen in Europa.
Der 9. November ist also ein sehr bedeutendes Datum für die deutsche Geschichte. Die Bezeichnung „Schicksalstag“ sollte uns dabei aber nicht in die Irre führen. Keine unausweichlichen göttlichen Mächte oder Zufälle führten zu all diesen Vorfällen, sondern Menschen mit ihrem Handeln und mit ihren Entscheidungen. Der 9. November konfrontiert uns mit den Gegensätzen von Demokratie und Diktatur und macht uns bewusst, dass wir selbst für unsere eigene Geschichte die Verantwortung tragen.