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Matze Hielscher im Interview

Der, dem die HörerInnen vertrauen

Autor(en): Manuel Engelfried am Sonntag, 2. September 2018
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Quelle: ©M94.5

Manuel und Matze

Geniale Podcasts fallen nicht einfach vom Himmel. Der "Hotel Matze"-Moderator weiß, warum man Zeit braucht, um Dinge zu entwickeln.

Willkommen auf dem Podcast Fest von Mit Vergnügen in Berlin. Ihr hört M94.5. Mein Name ist Manuel und ich treffe mich hier mit großen und kleinen Podcastlern und Podcastlerinnen, mit schlauen Unternehmern und smarten Typen und versuche herauszufinden, wie die so ticken. Mein heutiger Gast ist Matze Hielscher. Er ist Gründer des digitalen Stadtmagazins "Mit Vergnügen" und hat dort auch seinen eigenen Interview-Podcast: "Hotel Matze".
Dir wird der Einstieg ja wahrscheinlich bekannt vorgekommen sein (Matze: 'Ja') - Mit diesen Worten leitest du ja eigentlich jede Folge ein. Wie etabliert sich denn sowas in einem Podcast?

Die Einleitung? Die ersten waren noch so ein bisschen variabel und dann hab ich mich irgendwann darauf festgebissen auf diese Formulierung. Ich spreche es auch jedes mal wirklich immer wieder neu ein. Ich finde, das ist wie ankommen. Ich merke auch, wenn ich was variiere, krieg ich sofort Zuschriften von Hörern und Hörerinnen. Ich glaube das ist mein "Guten Abend, hier ist die Tagesschau", irgendwie so in der Richtung.

Das heißt, du bekommst wirklich auch Feedback, wenn du Sachen neu machst oder was ausprobierst, von Hörern, die dann schreiben?

Ja, die schreiben dann: 'Jetzt sagst du Künstler und Künstlerin, aber du sagst immer noch Unternehmer. Warum sagst du nicht Künstler und Künstlerin und Unternehmer und Unternehmerin?' und solche Sachen. Auf jeden Fall, ja, das merken Leute sofort. Ich glaub, das ist ja das Schöne an einem Podcast; Die Leute sind wahnsinnig aufmerksam und hören alles ganz genau.

Da gibt's dann auch kein Problem mit der Verständigung, wenn du jetzt wissen willst, was deine Community interessiert?

Nee, da gibt's gar keine Probleme. Also das ist wirklich das Schöne, finde ich. Also es ist ja ein Medium, wo man nicht kommentieren kann. Auf Social Media kann man Posts machen und da gibt's dann Kommentare drunter, das geht ja beim Podcast nicht. Das heißt, die Leute, die das hören, müssen dann auf anderen Wegen mit mir Kontakt aufnehmen - oder mit anderen Podcastlern. Und das machen sie auf jeden Fall und schreiben mir fleißig bei Instagram oder Facebook, manchmal auch E-Mails, und schreiben mir, was sie gut finden und was sie nicht gut finden.

Du hast ja wirklich die unterschiedlichsten Gäste und stellst auch stellst da auch viele unterscheidliche Fragen aus allen möglichen Bereichen, um es mal allgemein zu sagen. Aber was interessiert dich denn nicht?

Mich interessiert eigentlich nicht, was ich schon weiß. Das ist ein bisschen die Schwierigkeit dabei. Ich lese mir natürlich wahnsinnig viel durch für und über die Gäste. Das bedeutet aber nicht unbedingt, dass der Hörer oder die Hörerin das auch schon weiß. Das ist dann mein Dilemma. Heute Abend werde ich z.B. Lars Eidinger interviewen, da weiß ich einfach schon so viele Dinge, aber das Publikum nicht. Aber mich interessieren dann auch die Dinge, die ich weiß, eigentlich gar nicht mehr. Wir haben gestern schon mal telefoniert, da meinte er: 'Frag mich nicht die Dinge, die du schon weißt.' Das fand ich gut und ich versuch's auch meistens zu machen und versuch dann eher noch im Intro ein paar Sachen zu erklären.

Du hast bei der Recherche wahrscheinlich die unterschiedlichsten Ideen. Wenn du dich vorbereitest, fallen dir da auch Fragen ein, die du lieber nicht stellst? - Weil du sie zu heikel findest?

Nee. Ich fang immer an, mich mit einem Künstler zu beschäftigen - oder einer Künstlerin, oder einem Unternehmer, oder einer Unternehmerin - und fange an, mir Notizen zu machen. Am Ende streiche ich dann aber auch wieder Sachen durch. Also auch, wenn ich dann merke, das ist irgendwie blöd. Da geht's gar nicht so um trauen oder nicht trauen, sondern dann passt es irgendwie nicht. Selbst im Interview geh ich meine Fragen nicht einfach komplett durch. Ich guck da auch drauf, aber es gibt auch Gespräche, wo ich nicht ein einziges Mal drauf geguckt habe.

Glaubst du, es gibt Leute, die den Podcast nur deinetwegen hören und gar nicht wegen des Gastes?

Ich glaube ja. Ich glaube die größte Schnittmenge sind immer die Gäste, aber ich glaube, dass es schon mittlerweile so ein paar Leute gibt und das find ich auch sehr gut. Ich hatte jetzt zwei relativ große Künstler. Das war zum einen Paul Ripke, Fotograf, und Jennifer Weiß, die Sängerin von Jennifer Rostock. Und danach hatte ich einen Unternehmer von 'Karls Erdbeerhof', was man eigentlich nicht kennt. Gerade nach diesen Biggies hab ich auch ganz bewusst so'n ganz... A lso der findet im Grunde nicht statt in der Öffentlichkeit, obwohl er ein riesiges Imperium hat. Das haben sich die Leute genau so angehört und ich glaube, das hat dann schon was damit zu tun, dass sie mir da auch vertrauen. Wenn ich den gut finde und den 'einlade', dann wird schon irgendwas dran sein. Der [Matze] wird jetzt nicht irgendwie 'nen Dude einladen, der uninteressant ist.

Wie kann man dich denn richtig aus der Fassung bringen? Ist das auch schon mal passiert? Stichwort: Udo Walz.

Nein, man kann mich eigentlich selten aus der Fassung bringen. Aus der Fassung heißt ja, dass man dann nicht mehr Herr seiner selbst ist. Im Fall von Udo Walz, da haben wir uns tatsächlich nicht verstanden am Anfang. Ich hab dann gesagt, dass ich das jetzt abbrechen würde, weil das irgendwie keinen Sinn macht. Es ist ja nicht ein Interview nur für ihn, sondern es ist ja auch ein Gespräch, da sollen beide was von haben. Und ich hatte nicht das Gefühl, dass er Spaß dran hatte, ich hatte auch keinen Spaß. Also dann können wir uns die Zeit schenken. Nachdem wir aber abgebrochen haben, fing unser Gespräch an, gut zu werden. Dann haben wir das Mikrophon wieder angemacht, und dann war's, fand ich, auch ein sehr schönes Gespräch. Manche denken, dass wir uns nicht verstanden haben. Aber wir haben uns tatsächlich gut verstanden und waren danach auch noch essen zusammen. Also es war total nett und wir schreiben uns ab und zu. Dennoch find ich das gut, dass es auch solche Momente gibt und ich muss ja Gott sei dank nicht... Ich muss ja nicht. Das ist irgendwie ganz schön. Wenn es blöd ist oder man merkt, es haut nicht hin, ja, dann haut's nicht hin. Aber aus der Fassung bringen, ich glaube, würde mich eher so... weiß ich jetzt nicht. Wenn jemand blöd zu mir ist, dann würd ich einfach sagen: 'Nee, komm, lass mal aufhören.'

Ist ja auch eine verständliche und professionelle Haltung. Blöd gefragt: Wie wird man denn professionell? Meinst du, das macht einfach die Erfahrung, dass du so routiniert auf sowas reagieren kannst?

Ja, auf jeden Fall. Ich glaube, dass ich dem Udo Walz, wenn das mein drittes Interview gewesen wäre, nicht so begegnet wäre. Also das hat tatsächlich was mit einer gewissen Selbstwertschätzung zu tun, dass man denkt: 'Ok, ich mach das.' und versteht was man da macht. Bei mir ist es selten, dass ich was anfange und sofort alles verstehe. Ich fang eigentlich an und guck mal wie es so ist. Diese Fragen, warum das man macht, kommen dann währenddessen. Das sag ich auch immer wieder; ich glaube generell, dass viele Menschen viel zu schnell aufgeben. Gerade bei Podcasts - kann ich immer nur sagen - da muss man echt eine Weile dran bleiben. Im ersten Jahr haben sich zwar schon Leute dafür [seinen Podcast] interessiert, aber jetzt auch nicht brutal. Das dauert echt eine Weile bis man seine Stimme findet, bis man eine Routine findet - soll nicht heißen, dass man dann gut ist. Es braucht 'ne Weile, auch dass die Leute das entdecken.

Um dran zu bleiben muss man ja aber auch erstmal hinkommen. Was würdest du denn sagen, warum die Leute unbedingt deinen Podcast hören sollen?

Ich bin da gar nicht so, dass ich sage: 'Ey, du musst unbedingt diesen Podcast hören'. Ich würd dann einfach sagen: 'Guck mal, da gibt's ganz viele verschiedene Podcasts mit ganz unterschiedlichen Leuten.' Ich find, eins der für mich spannendsten Gespräche war das Gespräch mit Kim Frank, das ist der ehemalige Sänger der Band 'Echt', kennt man vielleicht noch, die Band von 'Du trägst keine Liebe in dir'. Wie er mit sich, mit seinem Leben, mit seiner Vergangenheit umgeht, das fand ich wahnsinnig inspirierend und ich glaube, wenn man das hört und denkt: 'Oh, das berührt mich irgendwie', dann kann man weiterhören. Und wenn man denkt: 'Was ist das für ein Quatsch?!', dann ist glaube ich der Rest auch nichts für einen - gefühlt.

 

"Hotel Matze" ist der Interview Podcast von Matze Hielscher aus dem Hause "Mit Vergnügen". Der Podcast erscheint in unregelmäßigen Abständen und ist zu hören bei allen gängigen Streaming & Podcatcher-Apps. Die zwischendurch angesprochene Folge mit Lars Eidinger ist bereits die 50. Episode und wurde - wie dieses Interview - auf dem Mit Vergnügen Podcast Fest am 01.09.2018 in Berlin aufgezeichnet.

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