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Tränenausbruch im amerikanischen Fernsehen

Emotion im Journalismus

Quelle: Screenshot: MSNBC

Rachel Maddow weint im Livestream

Die politische Situation setzt die Medienwelt unter Druck. Oft sind Berichte viel emotionsgeladener als früher. Aber sind diese Emotionen glaubwürdig?

Der emotionale Ausbruch von MSNBC Moderatorin Rachel Maddow geht seit einigen Tagen durch die Presse. Rachel berichtet während eines Livestreams, dass kleine Kinder im Zuge der Familientrennung an den US-Grenzen eiskalt von ihren Familien getrennt werden. Als die Moderatorin diese Nachricht vorlesen will, kommt sie ins Stocken und ist sehr ergriffen von der Situation.

Allerdings wird kritisiert, dass ihre Emotion bloß Show und PR ist. Da habe ich mich gefragt, warum das behauptet wird und wie Emotion und Journalismus zueinanderstehen:

Warum nutzen Medien Emotionen?

Es herrscht ein verbitterter Kampf in der Medienlandschaft, denn jeder Sender möchte die beste Quote erringen. Besonders in Amerika versuchen etliche Sender auf sich aufmerksam zu machen. Aber wer kann es ihnen verübeln? Der Youtube Kanal BuzzFeed setzt stark auf Emotion, was mich meist dazu veranlasst, die Videos gerne zu teilen. Oft werden auch Emotionen von Medien genutzt, um eine Thematik, die dem Sender am Herzen liegt voranzutreiben. Ein Beispiel ist der Umweltschutz: Es ist schon vor langer Zeit von Naturwissenschaftlern belegt worden, dass unsere Umwelt stark verschmutzt ist und die Klimaerwärmung immer weiter voranschreitet. Die breite Öffentlichkeit ist aber erst darauf aufmerksam geworden, als die Medien die Thematik verbreitet haben. Dazu sind herzzereißende Bilder von Eisbären auf schmelzenden Eisschollen verbreitet worden. Die Allzweckwaffe der Medien: Kinder und Tiere. Das geht immer.

 

Wie emotional darf Journalismus sein?

Um diese Frage zu klären, stellt euch eine Sendung vor die komplett emotionslos und vernunftbasiert ist. Stinkangweilig. Schaut keiner. Auf der anderen Seite eine Sendung nur mit Emotionen. Sollte dort nur geweint werden, erscheint sie schnell überzogen und inszeniert. Einzig Comedy-Game -Shows funktionieren unter dem Aspekt der puren Emotion. Doch wo bleibt da der Journalismus? Die ideale Form für journalistische Medien ist der Mittelweg aus Vernunft und Emotion, die seither im Konflikt stehen. In Rachel Maddows Show wurde versucht, genau das Mittelfeld zu halten. Allerdings lassen mich ein paar Faktoren ihren „Tränenausbruch“ etwas kritischer sehen. Denn da ist sie wieder, die Allzweckwaffe: kleine Kinder. Als wäre das nicht genug, war das Wort genau das Stichwort, bei dem Rachel anfing zu weinen. Das schien mir inszeniert zu sein und zu sehr nach Schema F. Außerdem gestikuliert Rachel für meinen Geschmack zu stark und ist unnatürlich. Ich will ihr jetzt nicht unterstellen, dass ihre Emotionen fake sind, doch die beiden Punkte haben mich beim Anschauen des Videos gestört.

 

Wann sind Emotionen glaubwürdig?

Es gibt viele Einflüsse auf die Glaubwürdigkeit von Moderatoren und ihren Emotionen. Einer der wichtigsten ist die Thematik und die Situation, in der sich ein Mensch befindet. Keiner heult, weil eine neue Robbe in den Zoo kommt. Doch wenn ein(e) Reporter(in) in ein Kriegsgebiet oder an einen Tatort geschickt wird und das Leid hautnah und ungeskriptet miterlebt, ist die Emotion spontaner und ungewollt. Genau das zwanghafte Hervorrufenwollen von Emotionen bei Rachel Maddow ist zu krampfhaft und fremdgesteuert. Ein gutes Beispiel für einen bewegenden Beitrag dagegen ist das CNN tribute to victims of the Orlando shooting.

Anderson Cooper stellt vor Ort jedes Opfer vor und gibt einen kurzen Einblick in deren Geschichte. Der offen homosexuelle Journalist kommt öfter ins Stocken und es ist offensichtlich, dass ihm die Situation vor dem Pulse Nightclub nahe geht. Allerdings will er nicht mit seinen Emotionen von den Opfern ablenken, sondern er versucht, jedem die gleiche Ehre zu erweisen. Deshalb sind auch nur die Bilder der Verschiedenen zu sehen und Anderson wird selbst in den Hintergrund gerückt. Manche Moderatorn sollten sich davon eine Scheibe abschneiden und die Emotion nicht als „Showmittel“ nutzen, um in die Nachrichten zu geraten, sondern einfach nur als Gefühl das kommt, wenn es kommen will. Also vielleicht lieber einmal weniger versuchen eine Träne herauszupressen und dafür aufs Bauchgefühl zu hören?

 

 

 

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