Über Gewalt und Gandhis Aktualität
Internationaler Tag der Gewaltlosigkeit
Vor 149 Jahren wurde in Indien der Mann geboren, der der Welt zeigen sollte, dass sich Veränderung auch ohne Gewalt herbeiführen lässt: Mahatma Gandhi.
Als Anführer der indischen Unabhängigkeitsbewegung gelang es ihm, sein Heimatland durch gewaltfreien Widerstand aus den Händen der britischen Kolonialmacht zu befreien. Damit seine Botschaft der Gewaltlosigkeit nicht verloren geht, haben die Vereinten Nationen den 2. Oktober als Internationalen Tag der Gewaltlosigkeit ausgerufen.
Gewaltbegriff
Doch was genau wird eigentlich unter „Gewalt“ verstanden und wie wird diese bewertet? Diese Fragen sind nicht leicht zu beantworten, denn Gewalt wird unterschiedlich aufgefasst, je nachdem auf welchen historischen und sozialen Kontext bzw. auf welche Disziplin (z.B. Soziologie, Staatstheorie, Rechtsphilosophie) man sich bezieht. Weltweit einheitliche Moralvorstellungen, welche Verhaltensweisen akzeptabel sind und welche nicht, gibt es nicht. Daher gibt es auch keine allgemeingültige Problemdefinition von Gewalt. Und dennoch ist Gewalt laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ein Problem, das die Gesundheit der Menschen weltweit gefährdet. In ihrem 2002 erstmals veröffentlichten Bericht „Gewalt und Gesundheit" schlagen sie daher folgende Definition vor:
„Gewalt ist der tatsächliche oder angedrohte absichtliche Gebrauch von physischer oder psychologischer Kraft oder Macht, die gegen die eigene oder eine andere Person, gegen eine Gruppe oder Gemeinschaft gerichtet ist und die tatsächlich oder mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Verletzungen, Tod, psychischen Schäden, Fehlentwicklung oder Deprivation führt."
Gewalttypen & -arten
Die WHO unterscheidet dabei drei Typen von Gewalt: Erstens Gewalt gegen die eigene Person, d.h. suizidales Verhalten und Selbstmisshandlung. Zweitens zwischenmenschliche Gewalt, die in Gewalt innerhalb und außerhalb der Familie bzw. Partnern unterteilt wird. Und drittens kollektive Gewalt, also Gewalt, die von größeren Gruppierungen wie z. B. Staaten, politischen Gruppen oder Terrororganisationen verübt wird. Innerhalb dieser drei Überkategorien wird zudem zwischen physischer, sexueller und psychologischer Gewalt sowie Deprivation oder Vernachlässigung unterschieden.
Internationale Gewaltentwicklung
Diese Differenzierungen helfen nicht zuletzt Gewalt international zu vergleichen. Tatsächlich findet die WHO in ihrem „Global Status Report On Violence Prevention 2014“ einige Unterschiede zwischen verschiedenen Regionen, Geschlechtern und Alter:
Während Männer zwischen 2002 und 2012 häufiger Opfer gewaltsamen Todes und schwerer physischer Verletzungen waren, litten Frauen, Kinder und ältere Menschen vermehrt unter den nicht-tödlichen Folgen von physischem, sexuellen und psychischem Missbrauch und Vernachlässigung. Etwas spezifischer sticht folgender Unterschied ins Auge: Der Anteil der Tötungen pro 100 000 Einwohner beträgt 2012 in den unteren und mittleren Einkommensschichten der Region Amerikas 28,5, in Europa hingegen „nur“ 3,8 und in der westpazifischen Region sogar „nur“ 2,1. Weltweit und über alle Einkommensschichten betrachtet, ist der Anteil der Tötungen zwischen 2002 und 2012 allerdings leicht zurückgegangen. Und dennoch: Gewalt kennt nach wie vor viele Formen und Gandhis Philosophie der Gewaltlosigkeit ist daher auch heute noch aktuell.
- „Auge um Auge und die Welt wird blind sein.“ (Mahatma Gandhi)