Mord im Dunkeln – nicht mit mir!
Nach einer Party nachts allein auf dem Nachhauseweg? Du kannst entweder lauthals anfangen zu singen oder das Heimwegtelefon anrufen!
Es ist nachts, stockfinster und du alleine auf dem Weg nach Hause? Wer mal wieder niemanden erreicht oder einfach keine Lust mehr hat, seine Freunde zu später Stunde mit einem panischen Anruf aus dem Tiefschlaf zu reißen, für den gibt es jetzt die Alternative: 030 12074182.
Das ist die Nummer des Heimwegtelefons. Seit Ende letzten Jahres erreicht man unter dieser Durchwahl Frances Berger (31) und Anabell Schuchhardt (29), zwei junge Berlinerinnen, die einem am Telefon vom Club bis vor die Haustür begleiten. Zu Beginn des Telefonats teilt man mit, wo man sich befindet und wohin man möchte. Dann kann es losgehen: „Ich unterhalt' mich viel mit den Leuten über die Stadt, über Arbeit, Studium, Bücher, Urlaub, alles mögliche. Für die neuen Helfer von uns haben wir natürlich ein paar Fragen aufgeschrieben, aber eigentlich kommt das Gespräch von ganz allein in Gang“, weiß Anabell Schuchardt. In regelmäßigen Abständen bringen die freiwilligen Telefonistinnen den aktuellen Standpunkt in Erfahrung, sodass man ohne Zwischenfälle sicher zu Hause ankommt.
Die zündende Idee
Die zwei Initiatorinnen möchten durch das Gespräch primär Sicherheit vermitteln und mit ihrer Präsenz potenziellen Übergriffen vorbeugen. Aber natürlich greifen sie auch ein, wenn es brenzlig wird. „Wenn ein Notfall eintritt, gibt es für uns nur eine Möglichkeit und zwar direkt die Polizei zu rufen und das durchzugeben“, so Schuchhardt. Auf die Idee kamen die beiden ehemaligen Arbeitskolleginnen als sie sich gegenseitig erzählten, dass sie nachts Freunde und Verwandte anrufen oder sogar Anrufe vortäuschen, um jemanden am Apparat zu haben. Schuchhardt erinnert sich: „Ich weiß, dass es in Schweden so eine Art Heimwegtelefon gibt. Da sitzen Freiwillige bei der Polizei und nehmen diese Anrufe entgegen und dann haben wir uns überlegt, dass wir das auch gerne in Deutschland hätten.“
Freiwillig Telefonieren statt abends Weggehen?
Gesagt, getan. Derzeit befindet sich das Heimwegtelefon noch in der Testphase und soll mit zahlreichen freiwilligen Helfern zu einem deutschlandweiten Netz ausgebaut werden. Schuchhardt gewährt einen Einblick in die Zukunftspläne von Heimwegtelefon: „Unser erstes Ziel ist natürlich die neuen Helfer aufzusatteln, die Zeiten und eventuell die Tage auszuweiten und eine kostenfreie 0800 - Nummer zu bekommen.“ Bis dahin sind Anabell Schuchhardt und Frances Berger jeden Freitag und Samstag von 22 Uhr abends bis 2 Uhr morgens unter: 030 12074182 erreichbar und begleiten Nachtschwärmer aus ganz Deutschland nach Hause.
Wenn man bedenkt, dass die beiden erst Ende zwanzig bzw. Anfang dreißig sind und zurzeit jeden Freitag bzw. Samstag Abend daheim vorm Computer sitzen und telefonieren – Hut ab. Doch sobald neue Telefonisten ausgewählt und geschult sind, kann das Team durchwechseln und somit auch die beiden Berlinerinnen wieder auf die Piste. Übrigens machen sie das ehrenamtlich und das soll auch so bleiben, kündigt Schuchhardt an: „Das einzige, was wir brauchen, sind Spenden, um uns irgendwie zu finanzieren. Aber auch die ehrenamtlichen Helfer sollen Ehrenamt bleiben. Wir wollen damit einfach erreichen, dass die netten Gespräche im Vordergrund bleiben.“
Wer jetzt Lust bekommen hat, anderen Menschen am Telefon den Heimweg zu erleichtern oder Interesse bzw. Anregungen hat, kann sich unter helfen@heimwegtelefon.de melden.