Geschlechter-Marketing
Radio für Mann oder Frau
Quelle: M94.5
Gender-Radio (Illustration)
Antenne Bayern bietet Webradio gezielt für Männer oder Frauen an. Nicht zeitgemäß oder eine sinnvolle Erweiterung des Radioangebots?
"Rosa für Mädchen", "Blau für Jungs" ist Teil des Geschlechter-Marketings. Das Ziel: Produkte, zugeschnitten auf Frauen oder Männer, zu entwickeln und zu bewerben. Das Webstream-Angebot Radio Ludwig von Antenne Bayern soll ein Radio für die Männer darstellen. Radio Lina ist das Pendant für Frauen.
Unterschiedliche Hörergruppen
Aus der Marketing-Perspektive heraus macht das Sinn. Laut dem stellvertretenden Musikchef von Antenne Bayern, Tarik Ahmadi, ist es nämlich wesentlich einfacher eine junge und eine etwas ältere Frau in eine Hörergruppe zusammenzufassen, als eine junge Frau und einen alten Mann. Frauen und Männer sollen so Ahmadi „inhaltlich und musikalisch komplett auf ihre Kosten kommen“. Die Sparten wurden also digital gesplittet.
Max Giesinger für die Frauen
In der Praxis sieht das Ganze so aus: Auf Radio Lina erwarten die Hörerinnen Popsongs, mehr Balladen und mehr deutsche-Singer-Songwriter als beim männlichen Pendant. „Was ist das für ein Schrott?' fragen dagegen Männer bei einem Interpreten wie Max Giesinger", erklärt Ahmadi die Auswahl der Musik, und fügt an: „Männer und Frauen sind verschieden und das ist auch gut so". Klassiker wie „Summer of 69“ von Bryan Adams kämen dagegen bei allen an.
Die Sexismus-Falle
Das Marketing setzt bei solchen Unterschiedlichkeiten an. Diana Jaffé, Gründerin und Vorstand der Agentur für Gender-Marketing Bluestone versucht die Bedürfnisse der weiblichen oder männlichen Zielgruppe auszuloten. Manche Agenturen und Unternehmen schießen dabei über das Ziel hinaus und machen sexistische, diskriminierende oder allzu stereotype Werbung. Jaffé kennt die Gefahrenstellen. Humor ist eine davon, erklärt sie: „Männer können über Männer lachen. Frauen können über Männer lachen. Es ist auch alles erlaubt. Aber niemand darf über Frauen lachen. Frauen lächerlich zumachen - das geht in der Werbung zum Beispiel überhaupt nicht.“ So können mitunter Shitstorms zu Stande kommen. Gendermarketing mit Stereotypisierung und Diskriminierung gleichzusetzen, dagegen wehrt sich Diana Jaffé allerdings.
"It´s Raining Men" - Radio Ludwig
Tappen die Angebote von Antenne Bayern in diese Falle? Die Songs „It's Raining Man“ und „Man! I Feel Like A Woman“ auf der Männer-Playlist deuten jedenfalls auf eine gewisse Selbstironie, oder zumindest eine Orientierung an der Musikforschung des Senders, und nicht etwa vorgefertigten Vorstellungen von „Männer-“ vs. „Frauen“-Songs hin. Über die weiteren Inhalte hieß es in einer Pressemitteilung, dass die Hörerinnen von Radio Lina zum Beispiel die Rubrik „Die Tuschelecke“, ein Klatsch-und-Tratsch-Newsformat erwarte. „Politisch korrekt ist dem kaum etwas entgegenzusetzen“, erklärt Ahmadi. Aber Männer und Frauen seien nun mal unterschiedlich. „Ich hab selbst eine Tochter. Ich hab immer versucht sie relativ rosa-frei zu erziehen. Irgendwann hat´s mich erschlagen, weil sie nur noch Rosa wollte.“
Zielgruppe
Beim geschlechterspezifischen Webstream-Angebot handelt sich um eine Zielgruppenorientierung, wie es bei Antenne Bayern üblich ist. Auch Radio Fresh, ein Webstream für junge Leute, fällt in diese Kategorie. Eine Freundin von „kernigem, handgemachtem Sound für Männer“, wie es in der Pressemitteilung heißt, wird sich von dem Slogan „nur für Männer“ auf Radio Ludwig vielleicht nicht abschrecken lassen. Und wenn doch, gibt es ja noch einen großes Auswahl an anderen Radiosendern, aus denen Hörer auswählen können.
Den Beitrag zum Thema könnt ihr hier nachhören:
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