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Kuhterror-Attacken auf dem Subkontinent

Versinkt Indien im Kuhchaos?

Autor(en): Jonas Nüssle am Dienstag, 4. Juli 2017
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Quelle: DEZALB / pixabay

Heilige Kuh in Indien

Die Kuh ist im Hinduismus heilig. Das führt dazu, dass in Indien gemordet wird. Die politischen Verantwortlichen reagieren bislang sehr zurückhaltend.

I would not kill a human being for protection a cow, as I will not kill a cow for saving a human life, be it ever so precious. (Mahatma Gandhi, 1921)

Schon vor neunzig Jahren hat sich Mahatma Gandhi, das indische Symbol für Gerechtigkeit, für die Beendigung des Kuhschlachtens eingesetzt und das Leben einer Kuh mit dem eines Menschen gleichgesetzt.

Jetzt tritt Gewalt im Zusammenhang mit Kühen in Indien wieder in den Vordergrund, allerdings dieses Mal nicht gegenüber Kühen, sondern gegenüber Menschen, die Kühe angeblich schlachten oder Kuhfleisch verzehren.

Entwicklung der Gewalt

In den vergangenen Jahren hat diese Gewalt rapide zugenommen, meist durchgeführt von nationalistischen Mobs, die sich auf den Kuhschutz berufen oder sich zumindest dahinter verstecken. Eine kürzlich von der Hindustan Times veröffentlichte Studie untersuchte sogenannte „Kuhterror-Attacken“, die im Zeitraum von 2010 bis 2017 verübt wurden. Ein Auszug daraus:

August 2016 – eine Frau und ihre 14-jährige Cousine werden von einer Gruppe vergewaltigt, zwei Verwandte von ihnen ermordet, weil sie Rindfleisch gegessen haben sollen; beide Frauen verneinten dies hinterher.

April 2017 – ein 55-jähriger Muslim wird wegen eines angeblich illegalen Kuhtransports verprügelt, obwohl alle Dokumente vorliegen. Er erliegt zwei Tage später seinen Verletzungen.

Juni 2017 – ein 15-jähriger Muslim wird von einem wütenden Mob getötet, weil er angeblich Kuhfleisch bei sich trage, was nicht der Fall war.

Diese Liste ließe sich noch sehr viel weiter fortsetzen. Insgesamt 128 Übergriffe, legitimiert durch den Schutz der in Indien heiligen Kuh, wurden berichtet; 28 davon endeten tödlich und mehr als die Hälfte fußten auf (falschen) Gerüchten.

Verantwortung der Regierung

Sehr interessant dabei ist auch, dass 97 Prozent der Angriffe seit Mai 2014 stattfanden, also seit Narendra Modi zum Premierminister Indiens gewählt wurde. Seine Partei Bharatiya Janata Party (BJP) gilt als rechtskonservativ und hindu-nationalistisch.

Kritiker werfen Modi vor, dass er viel zu zögerlich auf die Vorfälle reagiert. Sogenannte Kuhmobs fühlen sich von seiner Regierung zu ihrer Gewalt legitimiert. Sieben Tage brauchte Modi zum Beispiel nach dem letzten Vorfall im Juni, um diesen anzusprechen. Erst da verurteilte er die derzeit herrschende Selbstjustiz und sprach von „Schmerz und Seelenpein“, die ihn plagen würden. Auch verwies er auf Gandhi, der Gewalt im Namen der Kuh niemals gutgeheißen hätte.

Cow protection to me is not mere protection of the cow. It means protection of what lives and is helpless and weak in the world. (Mahatma Gandhi, 1925)

Bei Gandhi ging es also um den Schutz des Lebens als solches, am Beispiel der im Hinduismus heiligen Kuh. Bei Modi muss sich noch zeigen, dass er auch wirklich meint was er sagt und nicht nur aus parteipolitischem Kalkül handelt. Denn Widerstand regt sich bisher nur in der gebildeten Mittelschicht, noch nicht in den Massen.

Touristen waren von „Kuhterror-Attacken“ bisher noch nicht betroffen. Ein solches Bild kann aber natürlich trotzdem abschreckend wirken, denn für Europäer ist der Verzehr und Umgang mit Rindfleisch normal. Im schlimmsten Fall könnten solche Vorkommnisse auch tödlich enden. Deshalb ist bei Reisen nach Indien, zumindest momentan, besondere Vorsicht geboten.

Platte des Monats

Conor O'Brien zeigt mit The Art of Pretending to Swim, dass Indie-Folk auch im Jahr 2018 noch spannender klingen kann, als man das von diesem Genre erwartet hätte. Das vierte Album der Villagers vereint, was eigentlich widersprüchlich wirkt: Folk mit R'n'B und Experimentierfreude mit Zugänglichkeit. 

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