Was "Holi" ist - und was nicht.
Von Farben und Eiern
Holika. Gulal. Praladah. Warum du vielleicht nicht auf das Holi Festival gehen solltest, wenn dir diese drei Begriffe nichts sagen.
Die hinduistische Mythologie besagt, dass einst ein König versuchte, seinen jungen Sohn zu überreden, ihm alle göttliche Ehre zu erweisen. Der Junge Prinz namens Praladah weigerte sich jedoch, er betete weiterhin ausschließlich die Gottheit Vishnu an. Rasend vor Zorn entschloss sich der korrupte König dazu, seinen eigenen Sohn zu töten. Mehrmals wurden Mordanschläge auf den jungen Prinzen verübt, doch stets wurde er von Vishnu gerettet, dem er Respekt zollte. Der König hatte keine andere Wahl und griff zu einer heimtückischen List. Die Schwester des Königs, Holika, hatte eine besondere Eigenschaft: Sie war immun gegen Feuer. Er befahl ihr, den kleinen Praladah auf den Schoß zu nehmen und mit ihm ins Feuer zu springen. Doch als sie dies tat, schützte Vishnu abermals den Kleinen. Holika verbrannte im Feuer trotz Ihrer Immunität, der kleine Prinz überlebte ohne eine einzige Wunde.
Hacke statt Holi
Zur Erinnerung an dieses Wunder wird auch noch heutzutage gefeiert. Der Gedenktag steht symbolisch über den Triumph von Gut über Böse. In der Natur für den Sieg des Frühlings über den Winter. Zwischenmenschlich für die Versöhnung und das Begraben alter Streitereien. Mit lauten Mainstream DJs, stündlichem Farben-hochwerfen und besoffenen Teenies hat Holi allerdings recht wenig zu tun. Bei deutschen Holi Festivals geht es ums Vollaufen lassen statt Versöhnen - in Nepal und Indien ist Alkohol übrigens in der Regel verpönt. Anders als hierzulande. Zu jeder vollen Stunde zählt der DJ, der sein Publikum gerade mit den neuesten Songs von Justin Bieber beglückt hat, einen Countdown von zehn Sekunden runter. Dann schmeißen alle Gulal, also die Farbe, in die Luft, schießen schnell ein paar coole Fotos für Instagram und sparen sich dann ihren Beutel Farben bis zum nächsten Countdown auf, weil die sind ja teuer. Netter kommerzieller Touch: 2€ kostet eine Tüte vor Ort, mitnehmen darfst du deine eigene Farbe nicht. Übers Internet kriegt Ihr fünf Beutel übrigens auch erst ab 10€. Am Ende des Tages heult die Hälfte, weil die Farbe – welch Überraschung – nicht aus ihren teuren Designer-Shirts auswaschbar ist, und die andere Häfte zufrieden, weil sie jetzt erstmal für zwei Monate nichts Cooles mehr auf Facebook posten muss.
Hauptsache Kamera am Start. (Quelle: pixabay.com)
Keine DJs, kein Alkohol, nur rohe Eier
Ich selbst habe Holi in Nepal, in Sauraha, einem kleinen Dorf am Rande des Dschungels, erleben dürfen: keine DJs, kein Alkohol, dafür aber: rohe Eier. Schon früh am Morgen sind die Menschen auf den Straßen unterwegs. Vor allem Gruppen von Kindern strahlen umher und beschenken jeden, dessen Gesicht noch nicht grün genug aussieht, mit reichlich Farbe.
Dabei werfen sie dir das Zeug aber nicht ins Gesicht. In den Herkunftsländern ist es vielmehr üblich, die Farbe im Gesicht des anderen mal mehr, mal weniger sanft einzureiben. Dabei hörst du das engelhafte Unschuldsgezwitscher „Happy Holiiii“. Danach folgt eine trügerische Sicherheit: „Keine Chance, dass die an meinem Körper noch freien Platz für noch mehr Farbe finden“. Die Sache ist: Das denken die Nepali sich auch. Und kommen dann mit rohen Eiern um die Ecke. Kleiner Tipp: Sollte sich das Eiweiß erstmal in den Haaren festgesetzt haben, sollte man mit dem Gedanken spielen, sich Dreads machen zu lassen oder gleich die Haare abzuschneiden. Raus kriegst du das Zeug nach 10 Minuten nämlich kaum noch. Übrigens: Gulal wird einem fast überall praktisch umsonst nachgeschmissen.
So geht richtiges Holi in Indien oder Nepal. (Quelle: pixabay.com)
Das Alles soll jetzt aber nicht heißen, dass du solche Festivals meiden solltest. Sie können natürlich genauso gut oder schlecht sein wie jedes andere auch. Und zugegeben: Wenn all diese Farben durch die Luft fliegen, kann das schon mächtig geil aussehen. Du solltest dir nur bewusst sein, dass das Event, auf dem du dich befindest, ein kommerzialisierter und nicht-authentischer Abklatsch vom Original ist. Das Holi Festival findet am 6.August auf der Galopprennbahn in München-Riem statt. Kleiner Fun Fact am Rande: Das echte Holi ist schon lange vorbei, es wurde pünktlich am 23. März gefeiert.