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Mise En Scene im Interview

Deutsche tanzen einfach

Autor(en): Alexander Schumacher am Sonntag, 1. Oktober 2017
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Quelle: M94.5

Stef und Jodi von Mise En Scene

Letzte Woche Reeperbahn, heute bei M94.5: Mise En Scene sprechen über emotionale Deutsche, "Chick Rock" und Vorurteile in der Musikindustrie.

Stefanie Blondal Johnson und Jodi Dunlop touren mit ihrer Band Mise En Scene zurzeit durch Europa. Nach ihrem Auftritt beim Reeperbahnfestival haben die Kanadierinnen bei M94.5 zum Interview vorbeigeschaut.

Letzte Woche habt ihr auf dem Reeperbahnfestival gespielt. Was war da euer persönliches Highlight?

Stef: Das war ja jetzt schon unser drittes Mal auf der Reeperbahn, wir haben das also schon mal erlebt. Was war dieses Jahr unser Highlight? Ich glaube, wir hatten keines.

Jodi: Letztes Jahr haben wir das ganze Programm gemacht: Currywurst, Freunde und andere Bands treffen, das Rotlichtviertel anschauen. Dieses Jahr haben wir nicht direkt auf der Reeperbahn gespielt, sondern etwas abseits. Nach unserem Auftritt sind wir dann dort geblieben, haben mit den Bands dort geredet und einen Freund aus Kanada getroffen. Das war also ein bisschen entspannter für uns dieses Jahr.

Dann habt ihr ja mittlerweile ziemlich viel Erfahrung damit, vor deutschem Publikum zu spielen. Ist das anders als vor kanadischem Publikum?

Jodi: Oh ja, wir lieben deutsche Zuschauer.

Stef: Ja, ich mag sie sehr, weil deutsche Zuschauer keine Angst davor haben, was sie fühlen. Wenn jemand einen Song richtig gut findet und zwar als einziger, dann zeigt er das trotzdem. Kanadier sind da wirklich schüchtern und zeigen sowas nur, wenn alle anderen es auch machen. Deswegen ist es super, in Deutschland aufzutreten, weil man sieht, wie die Menge mitgeht. Niemand schämt sich für seine emotionale Reaktion auf die Musik. Die tanzen einfach.

Euer zweites Album "Still Life On Fire" ist ja im Juni rausgekommen. Viele Künstler haben nach ihrem Debüt Probleme weiterzumachen. Wie war eure Erfahrung, war es schwerer oder leichter nach dem ersten Album?

Jodi: Wir waren so etwas von bereit für das zweite Album! Unser erstes Album ist ja vor fünf Jahren rausgekommen, wir hatten also eine lange Pause. Das schwierigste daran, das zweite Album zu machen, war ins Studio zu gehen und es umzusetzen. Stef schreibt ständig und wir jammen ständig, deswegen haben wir die Songs eigentlich schon seit Jahren live gespielt. Es ging eigentlich nur noch darum, unsere Tour zu unterbrechen und uns Zeit zu nehmen für die Aufnahmen.

Ihr habt erwähnt, dass die Musikindustrie für Frauen härter ist. Wie hat sich das in eurer Erfahrung gezeigt?

Stef: Ich glaube, es ist eher eine große Auseinandersetzung darüber, was Frauen in der Musik sein können, speziell im Rock oder Grunge. Zum Beispiel wird uns gesagt: "Oh, Freundinnen müssen Eintritt bezahlen", wenn wir irgendwohin kommen, um aufzutreten. Die halten uns für die Freundinnen der Band, nicht für die Band.

Jodi: Oder wenn Fans oder irgendwelche Leute bei Auftritten sagen: "Hey, ist das Chick Rock?" Chick Rock? Nein Mann, es ist einfach nur Rock.

Stef: Außerdem wollen Jodi und ich uns einfach nicht sexualisieren lassen. Wir tragen keine kurzen Shorts oder kurze Röcke oder tiefe Ausschnitte, das machen wir einfach nicht. Wenn Leute nahelegen, dass wir irgendetwas anderes sein sollten, nervt das.
Aber ich muss sagen, es wird schon viel besser. Als wir angefangen haben, war es wirklich hart. Es hat sich angefühlt, als ob wir ständig schikaniert worden wären. Man musste sich einfach immer auf das Neue beweisen, weil man ein Mädchen ist. Damals haben wir keine Konzerte bekommen oder konnten uns keine Technik ausleihen, weil wir ja angeblich nicht wissen, wie man darauf spielt.

Jetzt haben wir ja viel darüber geredet, was Scheiße ist an der Musikindustrie. Was ist es, dass euch trotzdem weitermachen lässt?

Jodi: Gestern waren wir den ganzen Tag im Seilrutschen-Park, das war cool! Aber ich glaube, Musik ist eines dieser Dinge, die man einfach über alles lieben muss. Wenn man das nicht tut, wird man früher oder später aufgeben. Wir posten nur die guten Sachen auf Instagram, man sieht uns nur, wenn wir im Seilrutschen-Park sind oder bei ähnlichen coolen Aktionen. Wenn wir im Van sitzen und heulen, weil wir nicht wissen, wie wir zum nächsten Konzert kommen, kriegt das keiner mit. Um durch die beschissenen Zeiten und die extremen Tiefpunkte zu kommen, muss man Musik einfach krass lieben.

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