Anna Karenina
Schon zum dritten Mal besetzt Regisseur Joe Wright seine Hauptrolle mit Keira Knightley – und schon wieder ist es ein Kostümfilm.
Schon zum dritten Mal besetzt Regisseur Joe Wright seine Hauptrolle mit Keira Knightley – und schon wieder ist es ein Kostümfilm. Das Epochendrama „Anna Karenina“ erzählt eine Geschichte über Gut und Böse, über Liebe und Vernunft.
„Das schwierigste im Leben ist es, Herz und Kopf zusammen zu bringen“, sagte Woodie Allen einmal. Damit trifft er die Kernaussage des Films „Anna Karenina“, basierend auf dem gleichnamigen Buch von Leo Tolstoi. Der Roman gilt als einer der beliebtesten Repräsentanten des russischen Realismus und spielt im späten 19. Jahrhundert. Beim Lesen erscheint das Buch oft wie das russische Äquivalent von Theodor Fontanes „Effi Briest“, denn die Thematik ist dieselbe: Eine Frau aus gutem Hause, Teil der höheren Gesellschaft, verliebt sich in einen Mann – der nicht ihr Ehemann ist.
Die Story
Die Hauptgeschichte des Filmes dreht sich um die Figur der Anna Karenina. Sie ist eine russische Adlige, verheiratet mit dem frommen Politiker Alexeij Karenin, gespielt von Jude Law. Sie führt ein geordnetes Leben, hat früh geheiratet und wie es sich für die damalige europäische Adelsgesellschaft gehörte früh einen Erben zur Welt gebracht. Während ihr Ehemann lieber Zeit am Schreibtisch oder in der Kirchenbank verbringt, ist Anna dem gesellschaftlichen Leben der St. Petersburger Gesellschaft sehr zugewandt.
Als Anna nach Moskau aufbricht, um die Eheprobleme ihres Bruders zu schlichten, trifft sie am Bahnhof den jungen und wohlhabenden Grafen Wronskij. Während ihrer Zeit in Moskau lernt sie ihn näher kennen und zwischen den beiden entwickelt sich eine amouröse Spannung, die durch das dauernde Werben des Grafen noch verstärkt wird. Lange Zeit flüchtet Anna vor ihrem Verehrer, doch gibt schließlich ihrem eigenen Verlangen nach und beginnt eine Affäre mit Wronskij. Er verkörpert all das, was ihr Ehemann nicht ist: Freiheit, Lust, Leidenschaft – und Liebe.
Als Anna von dem Grafen schwanger wird beschließt sie, ihre Liebe zu Wronskij über alles zu stellen – und verlässt ihren Ehemann und damit auch ihren Sohn. Wider aller Vernunft setzt sie ihren Stand aufs Spiel, verliert alle Ansprüche und wird von der St. Petersburger Gesellschaft, die sie früher so geliebt hatte, geschnitten. Ihr bleibt nichts außer ihrem Liebhaber, der ihr zwar völlig verfallen ist und ihr die Welt zu Füßen legen will, doch nicht genug geben kann, um den Verlust auszugleichen. Anna wird in der Zerrissenheit zwischen Vernunft und Liebe verrückt, wird launisch, depressiv.
Um die Geschichte der Hauptfiguren laufen parallele Erzählstränge, wie die Geschichte der jungen Kitty. Sie hatte auf eine Verlobung mit Graf Wronskij gehofft und erhebt Anna Karenina zu Feindbild als sie merkt, dass sich zwischen dem Grafen und der verheirateten Frau eine Liebesbeziehung entwickelt. Sie heiratet schließlich einen bodenständigen Landadligen und wird mit ihm glücklich. Wenn auch nur eine Nebenfigur, ist Kitty – am Anfang enttäuscht und von Wronskij verschmäht – die einzige, für die der Film ein gutes Ende nimmt.
Die Schauspieler
Schon zum 13. Mal wird der Roman verfilmt. Die Hauptrolle der Anna Karenina wurde schon von Leinwandgrößen wie Vivien Leigh oder Greta Garbo verkörpert. Für Keira Knightley ist die Rolle eine Premiere: Sonst eher als mädchenhafte Schönheit bekannt, spielt sie hier eine erwachsene Frau und Mutter. Sie ist ernster, reifer und vernünftiger. Die zerrissene und beinahe wahnsinnige Figur der Anna Karenina verkörpert sie überzeugend, auch wenn sie nur noch wenig mit der Rolle einer Elizabeth Bennett oder gar der Piratenbraut Elizabeth Swann zu tun hat.
Eine weitere ungewöhnliche Besetzung ist Jude Law. Der sonst als Frauenaufreisser á la Alfie oder Herzensbrecher wie in „Hautnah“ bekannte Schönling, spielt in dieser Rolle das personifizierte Anti-Sexappeal. Fromm, organisiert, vernünftig ist er ein schwacher Mann, der seine Frau nicht halten kann. Er fleht Anna an zu bleiben, obwohl sie ihn aufs Tiefste verletzt und entwürdigt hat. Er erscheint in seiner Maske mit Brille und Bart wie eine Karikatur des konformen Bürokraten, leidenschaftslos, langweilig.
Eine positive Überraschung des Films ist Alicia Vikander. Die 24-jährige spielt als „Kitty“ zwar nur eine Nebenrolle, macht ihrem Ruf als Europas neuster Shooting Star aber mit Ausdrucksstärke und Präsenz alle Ehre.
Die Inszenierung
Der Zuschauer soll sich in „Anna Karenina“ wie im Theater fühlen. Regisseur Joe Wright lässt den gesamten Film auf einer großen Theaterbühne spielen, die sich erweitert, umdreht und verwandelt und so zu immer neuen Schauplätzen wird. Einmal geht eine Türe auf und eröffnet eine neue Perspektive, dann wird die Bühne zum Schlittschuhsee oder der Zuschauerraum zur Pferderennbahn. Die dauernde Szenerie eines Theaters lässt den Film oft künstlich wirken und schafft einen gewissen Abstand, der Zuschauer kann sich nicht völlig auf den Film einlassen und wird immer wieder daran erinnert, dass es sich bei „Anna Karenina“ lediglich um ein Schauspiel handelt. Zum Teil wirken die opulenten Kostüme und einstudierten Choreographien schon fast wie ein Musical auf Leinwand. Doch hat sich Wright nicht ohne Grund für diesen ungewöhnlichen Stil entschieden: Das Leben der russischen Adelsgesellschaft Ende des 19. Jahrhunderts galt als einziges Bühnenstück, man inszenierte sich selbst und präsentierte sich dem Auge der Gesellschaft
Die Umsetzung
Es ist schwer, eine solche Fülle an Handlungen und Nebenhandlungen, wie sie in Tolstois „Anna Karenina“ vorkommen, in einen Film zu packen. Wright hat den Fokus auf die Geschichte der Hauptfigur gesetzt, was dem Zuschauer das Folgen und Verständnis des Filmes erheblich erleichtert.
Der Film greift ein altes Dilemma der Menschheit auf: Liebe und Verstand und die Frage nach Gut und Böse. Anna Karenina verkörpert die Unvernunft, die aus der Liebe entsteht – ihr Antagonist ist der brave Ehemann, gespielt von Jude Law. Indem sie dem vernünftigen Leben abschwört und sich der Liebe hingibt wird Anna zur Bösen, verletzt und verlässt Mann und Kind. Gleichzeitig nimmt ihr Leben eine Wendung zum Guten, denn sie kann sich aus ihrem unglücklichen und langweiligen Dasein als Ehefrau befreien. Anna Karenina endet unglücklich – zerrissen zwischen Liebe und Verstand, zwischen dem was sie für Gut und Böse halten soll. Am glücklichsten endet Kitty, die sich mit dem einfachen Landadelsmann abfindet. Vielleicht ist es das, was wir von den Anna Kareninas und Effi Briests der Literatur lernen sollen – und was auch Joe Wright in seiner Neuverfilmung zeigen will: Wer zu hoch hinaus will, fällt umso tiefer. Der Mensch braucht sowohl Liebe als auch Verstand, er ist sowohl gut als auch böse. Denn auch wenn es – wie Woodie Allen ein Jahrhundert nach Anna Karenina sagte – schwer ist, Herz und Kopf zusammen zu bringen: Sie sollten zumindest auf freundschaftlicher Basis verkehren.
„Das schwierigste im Leben ist es, Herz und Kopf zusammen zu bringen“, sagte Woodie Allen einmal. Damit trifft er die Kernaussage des Films „Anna Karenina“, basierend auf dem gleichnamigen Buch von Leo Tolstoi. Der Roman gilt als einer der beliebtesten Repräsentanten des russischen Realismus und spielt im späten 19. Jahrhundert. Beim Lesen erscheint das Buch oft wie das russische Äquivalent von Theodor Fontanes „Effi Briest“, denn die Thematik ist dieselbe: Eine Frau aus gutem Hause, Teil der höheren Gesellschaft, verliebt sich in einen Mann – der nicht ihr Ehemann ist.
Die Story
Die Hauptgeschichte des Filmes dreht sich um die Figur der Anna Karenina. Sie ist eine russische Adlige, verheiratet mit dem frommen Politiker Alexeij Karenin, gespielt von Jude Law. Sie führt ein geordnetes Leben, hat früh geheiratet und wie es sich für die damalige europäische Adelsgesellschaft gehörte früh einen Erben zur Welt gebracht. Während ihr Ehemann lieber Zeit am Schreibtisch oder in der Kirchenbank verbringt, ist Anna dem gesellschaftlichen Leben der St. Petersburger Gesellschaft sehr zugewandt.
Als Anna nach Moskau aufbricht, um die Eheprobleme ihres Bruders zu schlichten, trifft sie am Bahnhof den jungen und wohlhabenden Grafen Wronskij. Während ihrer Zeit in Moskau lernt sie ihn näher kennen und zwischen den beiden entwickelt sich eine amouröse Spannung, die durch das dauernde Werben des Grafen noch verstärkt wird. Lange Zeit flüchtet Anna vor ihrem Verehrer, doch gibt schließlich ihrem eigenen Verlangen nach und beginnt eine Affäre mit Wronskij. Er verkörpert all das, was ihr Ehemann nicht ist: Freiheit, Lust, Leidenschaft – und Liebe.
Als Anna von dem Grafen schwanger wird beschließt sie, ihre Liebe zu Wronskij über alles zu stellen – und verlässt ihren Ehemann und damit auch ihren Sohn. Wider aller Vernunft setzt sie ihren Stand aufs Spiel, verliert alle Ansprüche und wird von der St. Petersburger Gesellschaft, die sie früher so geliebt hatte, geschnitten. Ihr bleibt nichts außer ihrem Liebhaber, der ihr zwar völlig verfallen ist und ihr die Welt zu Füßen legen will, doch nicht genug geben kann, um den Verlust auszugleichen. Anna wird in der Zerrissenheit zwischen Vernunft und Liebe verrückt, wird launisch, depressiv.
Um die Geschichte der Hauptfiguren laufen parallele Erzählstränge, wie die Geschichte der jungen Kitty. Sie hatte auf eine Verlobung mit Graf Wronskij gehofft und erhebt Anna Karenina zu Feindbild als sie merkt, dass sich zwischen dem Grafen und der verheirateten Frau eine Liebesbeziehung entwickelt. Sie heiratet schließlich einen bodenständigen Landadligen und wird mit ihm glücklich. Wenn auch nur eine Nebenfigur, ist Kitty – am Anfang enttäuscht und von Wronskij verschmäht – die einzige, für die der Film ein gutes Ende nimmt.
Die Schauspieler
Schon zum 13. Mal wird der Roman verfilmt. Die Hauptrolle der Anna Karenina wurde schon von Leinwandgrößen wie Vivien Leigh oder Greta Garbo verkörpert. Für Keira Knightley ist die Rolle eine Premiere: Sonst eher als mädchenhafte Schönheit bekannt, spielt sie hier eine erwachsene Frau und Mutter. Sie ist ernster, reifer und vernünftiger. Die zerrissene und beinahe wahnsinnige Figur der Anna Karenina verkörpert sie überzeugend, auch wenn sie nur noch wenig mit der Rolle einer Elizabeth Bennett oder gar der Piratenbraut Elizabeth Swann zu tun hat.
Eine weitere ungewöhnliche Besetzung ist Jude Law. Der sonst als Frauenaufreisser á la Alfie oder Herzensbrecher wie in „Hautnah“ bekannte Schönling, spielt in dieser Rolle das personifizierte Anti-Sexappeal. Fromm, organisiert, vernünftig ist er ein schwacher Mann, der seine Frau nicht halten kann. Er fleht Anna an zu bleiben, obwohl sie ihn aufs Tiefste verletzt und entwürdigt hat. Er erscheint in seiner Maske mit Brille und Bart wie eine Karikatur des konformen Bürokraten, leidenschaftslos, langweilig.
Eine positive Überraschung des Films ist Alicia Vikander. Die 24-jährige spielt als „Kitty“ zwar nur eine Nebenrolle, macht ihrem Ruf als Europas neuster Shooting Star aber mit Ausdrucksstärke und Präsenz alle Ehre.
Die Inszenierung
Der Zuschauer soll sich in „Anna Karenina“ wie im Theater fühlen. Regisseur Joe Wright lässt den gesamten Film auf einer großen Theaterbühne spielen, die sich erweitert, umdreht und verwandelt und so zu immer neuen Schauplätzen wird. Einmal geht eine Türe auf und eröffnet eine neue Perspektive, dann wird die Bühne zum Schlittschuhsee oder der Zuschauerraum zur Pferderennbahn. Die dauernde Szenerie eines Theaters lässt den Film oft künstlich wirken und schafft einen gewissen Abstand, der Zuschauer kann sich nicht völlig auf den Film einlassen und wird immer wieder daran erinnert, dass es sich bei „Anna Karenina“ lediglich um ein Schauspiel handelt. Zum Teil wirken die opulenten Kostüme und einstudierten Choreographien schon fast wie ein Musical auf Leinwand. Doch hat sich Wright nicht ohne Grund für diesen ungewöhnlichen Stil entschieden: Das Leben der russischen Adelsgesellschaft Ende des 19. Jahrhunderts galt als einziges Bühnenstück, man inszenierte sich selbst und präsentierte sich dem Auge der Gesellschaft
Die Umsetzung
Es ist schwer, eine solche Fülle an Handlungen und Nebenhandlungen, wie sie in Tolstois „Anna Karenina“ vorkommen, in einen Film zu packen. Wright hat den Fokus auf die Geschichte der Hauptfigur gesetzt, was dem Zuschauer das Folgen und Verständnis des Filmes erheblich erleichtert.
Der Film greift ein altes Dilemma der Menschheit auf: Liebe und Verstand und die Frage nach Gut und Böse. Anna Karenina verkörpert die Unvernunft, die aus der Liebe entsteht – ihr Antagonist ist der brave Ehemann, gespielt von Jude Law. Indem sie dem vernünftigen Leben abschwört und sich der Liebe hingibt wird Anna zur Bösen, verletzt und verlässt Mann und Kind. Gleichzeitig nimmt ihr Leben eine Wendung zum Guten, denn sie kann sich aus ihrem unglücklichen und langweiligen Dasein als Ehefrau befreien. Anna Karenina endet unglücklich – zerrissen zwischen Liebe und Verstand, zwischen dem was sie für Gut und Böse halten soll. Am glücklichsten endet Kitty, die sich mit dem einfachen Landadelsmann abfindet. Vielleicht ist es das, was wir von den Anna Kareninas und Effi Briests der Literatur lernen sollen – und was auch Joe Wright in seiner Neuverfilmung zeigen will: Wer zu hoch hinaus will, fällt umso tiefer. Der Mensch braucht sowohl Liebe als auch Verstand, er ist sowohl gut als auch böse. Denn auch wenn es – wie Woodie Allen ein Jahrhundert nach Anna Karenina sagte – schwer ist, Herz und Kopf zusammen zu bringen: Sie sollten zumindest auf freundschaftlicher Basis verkehren.