Filmkritik
Auf Schritt und Tritt
Der Indie-Hit It Follows ist intelligent, atmosphärisch und gruseliger als die Kultfabrik nachts.
Das Horror-Kino steckt ein wenig in der Krise. Wer sich ein Ticket für einen Grusel-Film holt, erwartet oft gar nichts anderes mehr als Menschen, die durch ein dunkles ruhiges Haus laufen und alle fünf Minuten von einem lauten Knall aufgeschreckt werden. Und doch gibt es jedes Jahr einen Film, der gegen den Trend geht und sich für seine Schreckmomente tatsächlich etwas einfallen lässt. Dieses Jahr ist dieser Film It Follows.
Die Independent-Produktion, die sich in den USA im Frühjahr vom Geheimtipp zum Erfolgsphänomen schlich, ist nun endlich auch in den deutschen Kinos angekommen und ein echter Tipp für jeden, der sich im Kino gerne gruselt, ohne vorher sein Gehirn abschalten zu müssen. Denkt nur daran, zusätzlich zum Kinoticket gleich ein paar Schlaftabletten zu kaufen. Sonst könnte es später eine lange, unruhige Nacht werden...
Tödlich
Die 19-jährige Jay würde ihre Zeit eigentlich am Liebsten mit all den Dingen verbringen, die sie sich für diese Phase ihres Lebens immer gewünscht hatte: Filmabende mit Freunden, ziellos durch die Gegend fahren... Aber so einfach ist das nicht. Nach einer eigentlich harmlosen sexuellen Begegnung mit einem ihr flüchtig bekannten Jungen wird ihr klar, dass ihr eine Art Fluch angehängt wurde.
Alles, was sie weiß: Etwas ist hinter ihr hier. Ein Etwas, das aussehen kann wie jeder beliebige Mensch. Für alle anderen unsichtbar, folgt es ihr wohin auch immer sie geht. Jay hat eine Art persönlichen Zombie-Stalker, der sie töten wird, sobald er sie einholt. Und es gibt nur eine Möglichkeit, ihn loszuwerden: Sie muss den Fluch weitergeben.
Paranoid
Regisseur David Robert Mitchell setzt bei seinem Horror-Debüt nicht auf finster aussehende Clownspuppen oder maskierte Axtmörder. Er sucht den Grusel in der Paranoia. In dem beunruhigenden Kitzeln im Nacken, der huschenden Bewegung im Augenwinkel, den knarrenden Dielen im nächtlichen Haus. Seine Monster sehen aus wie ganz normale Menschen und das ist es, was sie so furchterregend macht. Auch als Zuschauer kommt man den ganzen Film über nicht zur Ruhe und sucht paranoid den Horizont nach einem sich auf uns zubewegenden Etwas ab.
In der Umsetzung dieser simplen Idee umgeht Mitchell viele typische Horror-Klischees und hält die Geschichte mit einigen Wendungen durchgehend spannend. Und die Besetzung rund um Newcomerin Maika Monroe bietet die besten schauspielerischen Leistungen in einem Horrorfilm seit langem.
Tiefgehend
Aber nicht nur die Menschen am Horizont, sondern auch die kleinen Details wie Familienfotos an der Wand erzählen eine Geschichte und sind es wert, genau beachtet zu werden. Von der merkwürdig zeitlosen Welt, in der It Follows spielt, bis zu den verdächtig abwesenden Eltern und der Tatsache, dass der Film auch ganz ohne Gruselmomente als Drama über die Ängste des Erwachsenwerdens funktionieren könnte, gibt es viel, was zum Nachregen einlädt und It Follows zu einem einem der interessantesten und faszinierendsten Kinoerlebnisse des Jahres macht.
Man sollte It Follows also unbedingt mit einer Kinobegleitung sehen, und das nicht nur zum Händchenhalten. Denn es gibt hinterher deutlich mehr zu besprechen als nur, ob man sich vor Angst in die Hose gemacht hat.
It Follows startet am 9. Juli in den deutschen Kinos und läuft in München im Mathäser Filmpalast.