Außerirdische in München!!
Das Theater werkmünchen versucht eine szenische Lesung von Armin Kratzerts Roman „Beckenbauer taucht nicht auf“.
Das Theater werkmünchen versucht eine szenische Lesung von Armin Kratzerts Roman „Beckenbauer taucht nicht auf“.
Eine szenische Collage hatte man uns versprochen. Armin Kratzerts Roman „Beckenbauer taucht nicht auf“ sollte nicht nur gelesen, sondern inszeniert werden. Das Setting im Theater werkmünchen auf dem Gelände der Kultfabrik war dann recht klassisch: zwei Tische vom Typ Kunstsaalmöbel, dahinter nebeneinander aufgestellt sechs Stühle für sechs Schauspieler. Hinter den Stühlen eine Leinwand, die mal für Projektionen, mal als Schattenwand verwendet werden sollte. Die Premierenbesucher füllten in etwa die Hälfte der fest installierten Klappstuhlreihen. Reihe eins war dem Autor und seinen Begleitern vorbehalten.
Alien erkundet München
Man begann mit „Wellcome to Bavaria“, dem augenzwinkernden Seitenhieb der Biermösl Blosn auf die bayerische Bereitschaft zur Aufnahme Fremder. Schließlich geht es genau darum in „Beckenbauer taucht nicht auf“: ein Außerirdischer kommt nach München und entdeckt die seltsame Spezies „Münchner“. Die wird in Armin Kratzerts Roman von den Bewohnern des Hauses verkörpert, in das der Extraterrestrische Anatoli Hinueber einzieht. Anfangs wird er etwas argwöhnisch beäugt, doch nach und nach finden Jede und Jeder Zugang zu dem seltsamen Neuen.
Verwirrende Perspektivenwechsel und übertriebene Dynamik
Leider macht es einem die Gruppe des werkmuenchen nicht ganz leicht, dem Plot zu folgen. Immer wieder wird offensichtlich von der Textvorlage abgewichen. Ständig werden Perspektivenwechsel vollzogen. Die sollen dadurch nachvollziehbar werden, dass die jeweils erste Person hinter der Schattenwand sitzend ihren Text liest. Innere Monologe werden in eine am rechten hinteren Bühnenrand stehende Videokamera gesprochen. Die Bilder werden dann live auf die Leinwand projiziert. Die ständigen Bewegungen haben zwar ihren Zweck, zerpflügen auf der Bühne aber jede Kontinuität in der Darstellung.
Gegen Ende wird bei nachlassender Konzentration sogar vergessen, die Videokamera wieder abzudecken. Das Standbild lenkt noch zusätzlich vom eigentlichen Geschehen, der Lesung, ab. Die Peinlichkeit steht zumindest zweien der Schauspieler an einigen Stellen ins Gesicht geschrieben. Und als dann zusätzlich noch geraucht, gekokst und sich ausgezogen wird und zwei der Schauspielerinnen anfangen zu knutschen, rutschen auch die Besucher nervös auf ihren Stühlen hin und her.
Weniger ist mehr
Provokation tut manchmal gut, aber nicht immer Not. Vor allem nicht in dieser geballten Ladung, die mit der Geschichte nichts zu tun hat. Geschadet hat das Experiment szenische Lesung von „Beckenbauer taucht nicht auf“ niemandem. Armin Kratzerts Humor wurde stellenweise gut transportiert. Unterm Strich bleibt aber unklar, warum man den Text auf diese Weise interpretieren musste. Seine Rafinesse blieb dadurch verborgen, obwohl führende Feuilletons den Autor gar einen Meister genannt hatten. Eine einfache Lesung mit einem guten Reziteur, vielleicht sogar mit dem BR-Redakteur Kratzert selbst, hätte dem Buch mit Sicherheit besser getan.
Foto: Jana Lotze für M94.5