Sechs Superhelden, ein Film: Nie zuvor hatte ein Hollywood-Studio ein Projekt wie Marvel’s The Avengers gewagt. Und obwohl eine so überambitionierte Idee eigentlich unmöglich funktionieren konnte, sprach der Erfolg für sich: Nicht nur erwies sich der erste Film als Publikums- und Kritikerliebling, er wurde auch mit über eineinhalb Milliarden Dollar Einspielergebnis der erfolgreichste Superheldenfilm aller Zeiten. Die Erwartungen an das zweite Kapitel der Avengers-Saga sind dementsprechend nicht gerade niedrig, insbesondere da Marvel Studios auch seitdem mit weiteren Solo-Abenteuern von Iron Man, Thor und Captain America, sowie den Guardians of the Galaxy überzeugen konnte.

Und auch wenn es schwer fällt, das Ergebnis zu erklären... Age of Ultron übertrifft fast alle Wünsche, die man als Zuschauer oder Fan nur haben kann. Autor und Regisseur Joss Whedon gelingt das Avengers-Wunder ein zweites Mal und er inszeniert nicht nur den besten Marvel-Film bis jetzt, sondern den wahrscheinlich besten Blockbuster des Jahres. Star Wars: Episode 7 muss sich warm anziehen. 

Und sein Job war diesmal kein bisschen leichter. Im Gegenteil, zu den sechs bereits bekannten Helden Iron Man, Captain America, Black Widow, Thor, Hulk und Hawkeye gesellen sich in Age of Ultron noch zusätzlich die Neuzugänge Scarlet Witch, Quicksilver und Vision, sowie der aus den Iron Man-Filmen bekannte War Machine. Aber Whedon hat gelernt, wie man einen solchen Haufen an Hollywoodstars in den Griff bekommt.. Auch wenn den inneren und äußeren Dämonen der einzelnen Figuren jeweils ausreichend Leinwandzeit gewidmet ist, ist die Story selbst erstaunlich simpel:

Milliardär Tony Stark alias Iron Man gelingt zwar seine langersehnte Erschaffung von künstlicher Intelligenz, der Plan schlägt jedoch gewaltig fehl, als sein Roboter Ultron, der eigentlich als globaler Friedenswächter gedacht war, spontan entscheidet, dass es wahren Frieden nur durch die Auslöschung der Menschheit geben kann. Nun ist es an den Avengers, die Welt vor der Bedrohung zu retten, die sie selbst geschaffen haben.

Bei allen künstlerischen Bedenken über Dinge wie ein überladenes Drehbuch zählt für den normalen Kinozuschauer letzten Endes aber natürlich nur eine Sache: Macht Avengers: Age of Ultron Spaß? Und diese Frage kann man, ohne zu zögern, mit Ja beantworten. Zwar wirkt die Stimmung erwachsener und weniger unbedarft als im bonbonbunten Vorgänger, und in einigen Szenen streift das Drehbuch sogar Themen, die man in kaum einem anderen durchschnittlichen Familienfilm finden würde.

Aber das Wechselspiel zwischen den Helden und der Witz und die Liebe, die in dem Film stecken, kommen wieder voll zum Tragen. Als überraschendes Highlight erweist sich diesmal der Bogenschütze Hawkeye, der von allen Avengers im ersten Film am Wenigsten zu tun fand und nun mit viel Selbstironie seine Rolle als eigentlich ganz gewöhnlicher Typ inmitten eines Haufens von superbekräfteten Genies und Göttern gefunden hat.

Auch die zahlreichen Actionsequenzen sind mit viel Einfallsreichtum und Liebe zum Detail gestaltet. Wo viele moderne Blockbuster im dritten Akt zu simplen Großstadt-Prügeleien mit Explosionen verkommen und der Tod von tausenden Zivilisten einfach als Teil des Happy Ends akzeptiert wird, geht Avengers: Age of Ultron cleverer vor. Die Actionszenen, so beeindruckend sie auch sein mögen, verkommen nie zum Selbstzweck, sondern werden immer benutzt, um Story und Charaktere zu entwickeln.

Der Film schafft den seltenen Spagat zwischen intelligenter Abenteuergeschichte und grandios inszenierter Unterhaltung, und weiß außerdem genau, wann Schluss sein muss. Mit 141 Minuten ist der zweite Avengers-Teil eine Minute kürzer als der erste. Wie das geschafft wurde, trotz all dieser neuen Figuren? Und wie Age of Ultron allen Erwartungen und Problemen Herr und einer der besten Superheldenfilme aller Zeiten geworden ist? Nur ein weiteres Mysterium dieser wundersamen Filmreihe, deren Erfolg bis heute irgendwie unerklärlich bleibt.

Avengers: Age of Ultron startet am 23. April in den deutschen Kinos.