Home > Kultur > Braucht\'s des?
Gerhard Polt zum 70sten

Braucht's des?

Autor(en): Veronika Lechl am Samstag, 3. März 2012
Tags: , , , ,
Gerhard Polt feiert seinen 70. Geburtstag und das Literaturhaus München würdigt das Urgestein der bayerischen Kabarettszene mit einer Ausstellung.

Gerhard Polt feiert seinen 70. Geburtstag und das Literaturhaus München würdigt das Urgestein der bayerischen Kabarettszene mit einer Ausstellung für und mit Gerhard Polt, vom 2. März bis zum 10. Juni 2012.

Schon bei der Pressekonferenz macht der König des bayerischen Kabaretts schnell klar, was für ihn wichtig ist: Keine Huldigung, keine Retrospektive, denn er selbst ist schließlich noch quicklebendig und voller Schaffensdrang. Ans Aufhören denkt er nicht, und schon gar nicht an den Tod, denn „der Tod kimmt eh irgendwann – ehrlich gsagt, des interessiert mi am wenigsten!“

Bereits beim Betreten der Ausstellung schwingt einem eine gewisse Gemächlichkeit, ein bisschen innere Ruhe entgegen. Der Blick des Betrachters fällt sofort auf eine Stechuhr, die die Aufschrift trägt „Lebenszeit, die sie hier verbracht haben“. Man schiebt also seine Karte rein – drückt den Hebel runter – es klickt - zack, der Beginn des Eintauchens in das Gerhard Polt-Sammelsurium ist dokumentiert. Mit einem Audioguide bewaffnet erkundet der gemeine Gerhard Polt-Liebhaber dann dessen bisheriges Schaffen. Polts Lebensbühne ist dabei aber gar keine Bühne, sondern ein imposanter Bootssteg, der speziell für die Ausstellung gefertigt wurde.

Nanu, was hat es damit denn auf sich?

Gleich zu Beginn der Ausstellung wird dieses Rätsel gelöst, denn Bootsverleiher, das ist der eigentliche Traumberuf des beliebten Kabarettisten. Er wurde eigentlich schon als Bootsverleiher geboren, sein ganzes Leben sei ein Bootsverleih Studium und „Bootsverleiher sei kein Beruf, sondern eine Berufung!“meint Polt. Doch das wollen wir schon genauer wissen und Herr Polt erklärt: „Mehr als Bootsverleiher kann man eigentlich nicht werden, schaun sie, es ist weit und breit niemand da, und diese Ruhe, gell…Ich hab ma jetz a Regnsburger mitgebracht und a Essiggurken und ich könnt mas nicht schöner vorstellen“. Na dann, darf man jedenfalls froh sein, dass das Naturtalent doch noch seiner kabarettistischen Begabung nachgegeben hat, und „den Beruf des angewandten Komikers“ übenommen hat, wie er selbst in seinem Lebenslauf schreibt.

Auf zu neuen Ufern…

Dem Bootssteg entlang laufend wird der Besucher durch die Biografie Gerhard Polts geführt. Neben zahlreichen Fotografien finden sich Dokumente aus lustigen Schriftwechseln – die meist durch Videokommentare des Kabarettisten ergänzt werden. Doch auch einige besondere Exponate, wie beispielsweise „das Gripperl“ oder der Lepoardimitat -Fellmantel „ein Schnäppchen aus Malmö“, den Gerhard Polt in jüngeren Jahren getragen hat, finden sich wieder. Abgerundet wird die Ausstellung mit zahlreichen Filmstationen, die besondere Schmankerl aus Gerhard Polts Bühnenarbeit zeigen.

Besonders gelungen ist die Mischung aus privaten Anekdoten, Fotos und Erinnerungsstücken und der fabelhaften Auswahl an Sketchen der letzten 40 Jahre. Und es ist niemand geringeres als Gerhard Polt selbst, der per Videobotschaft und mit selbst gestalteten Bildunterschriften durch sein Leben führt. Nicht immer chronologisch und schon gar nicht vollständig, dafür aber in gewohnt Poltscher Manier mit viel Komik, Gemächlichkeit und Hintergründigkeit.

Im Pressetext des Literaturhauses heißt es: „Die Ausstellung ist eine Begegnung mit dem Übersetzer, Lehrer und Autor, Kabarettisten, Schauspieler Sprachkünstler und Philosophen- und vor allem mit dem Zeitgenossen Gerhard Polt. Irritationen und gelegentliches Nachdenken sind ausdrücklich erwünscht“.

„Sie man muss sich Zeit nehmen – Na, I sag ja, so lang ma no lebt!“

Und da hat er wieder einmal Recht, der Herr Polt. Doch es ist nur allzu leicht, sich für diese Ausstellung Zeit zu nehmen. Sie lädt zum Verweilen ein, und man kann sich an den vielen Filmen, Fotos, Kindheitsaufsätzen und vielem mehr gar nicht satt sehen. Ein besonders schönes Schmuckstück, das sei an dieser Stelle erwähnt, ist auch die Geschichte vom kleinen „Jesi“, wie Gerhard Polt ihn selbst nennt. Aber die wird nicht verraten – denn, wie Gerhard Polt sagen würde: "Schaut`s es eich a!"

Beim Verlassen der Ausstellung schiebe ich meine Eintrittskarte nochmals in den Lebenszeitautomaten: Kling-zack- gestempelt. Nanu, um 13.00Uhr bin ich gekommen, und nun ist es 13.10Uhr. Die Museumswärterin schmunzelt: „ Wir haben den Lebenszeitautomaten noch nicht an den Strom angeschlossen, daher funktioniert er noch nicht einwandfrei. Sie waren jetzt ja mindestens zwei Stunden da“ Ich lächle: „Stimmt – aber gefühlt waren es wirklich nur 10 Minuten!“

Mehr Infos zur Ausstellung gibts auch auf der Homepage des Literaturhauses München.


Bildquelle: Veronika Lechl

Platte des Monats

Conor O'Brien zeigt mit The Art of Pretending to Swim, dass Indie-Folk auch im Jahr 2018 noch spannender klingen kann, als man das von diesem Genre erwartet hätte. Das vierte Album der Villagers vereint, was eigentlich widersprüchlich wirkt: Folk mit R'n'B und Experimentierfreude mit Zugänglichkeit. 

mehr
M94.5 präsentiert
Donnerstag, 18. Oktober, 18 Uhr
M218 LMU Hauptgebäude
 
Munich Rocks!
Donnerstag, 18. Oktober 2018
 
Freitag, Samstag: 19./20. Oktober
 
Neuhauser Musiknacht
Samstag, 27. Oktober 2018
M94.5 Bühne @ Freiheizhalle

 

mehr
M94.5 auf Youtube

Der M94.5-Newsletter
Du willst regelmäßig News von M94.5? Dann musst nur deine E-Mail-Adresse angeben! Keine Angst, wir spamen deinen Posteingang auch nicht voll.
 
 
Die afk Familie