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„ROT“ von HUNGER&SEIDE

Autor(en): Nicole Metz am Mittwoch, 28. Januar 2015
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Quelle: Alexander Litschka

"Rot" - Von Superhelden und Immobilienmaklern

Zwischen einer Mauer aus Pappkartons und Superheldensequenzen behandelt "ROT" die Ungleichheit in Europa.

Seit 2006 widmet sich das Münchner Performancekollektiv HUNGER&SEIDE Theaterprojekten rundum Geschichte und Gegenwart. Soziale und politische Themen werden in vermeidlichem Alltagssituationen zum brisanten Gegenstand der Handlung. In eigensinnigen, absurd-tragischen Performances bringt das Team von HUNGER&SEIDE immer wieder Stücke mit gesellschaftspolitischer Relevanz in die Theatersäle.

Den Finger am Puls der Zeit wollen HUNGER&SEIDE auch mit ihrem neuen Stück „ROT“ haben - zumindest, wenn man den Aussagen im Programmheft Glauben schenken darf.

Theater als Stadtführung

Was das Publikum in der ersten Hälfte des Stücks zu sehen bekommt, kann mit einer sehr langen und detaillierten Stadtführung verglichen werden. Eine Mauer aus Pappkartons, die die Bühne rückwärtig begrenzt, wird von den Schauspielern stetig auseinander genommen; mit den Kartons werden dann schließlich die Gebäude des Münchner Altstadtrings aufgebaut. Dieses Modell des Altstadtrings, von den Luxusgeschäften bis hin zu den Anwaltskanzleien, wird von vier Schauspielern im Stil einer Immobilienversteigerung bis zur Ermüdung in allen Einzelheiten beschrieben.

Fakten, Firmenphilosophien, Statistiken – man muss die Macher wohl für ihre Recherchebereitschaft bewundern, doch gute Unterhaltung ist etwas anderes. Die enervierend ausführliche Informationsgewalt lässt beim Publikum vor allem die Frage nach dem „Warum“ aufkommen. Es soll wohl auf die Ungleichheiten im multinationalen Europa hingewiesen werden, doch dank mangelnder Handlung kann das Publikum nur spekulieren und versuchen, sich mit dem ermattenden und nicht enden wollenden Informationsfluss auseinanderzusetzen.

Superhelden oder Witzfiguren

Aufgeweckt wird der Zuschauer schließlich durch die zweite Hälfte von „ROT“; was nicht etwa an einem Mehr an Handlung liegt, sondern an den trashigen Superheldenkostümen, die sich die vier Schauspieler nun übergestreift haben. „Super Mum“ und „Can the Man“ haben es sich zur Aufgabe gemacht, die „Wohlstandswand“ in Europa einzureißen.

Wie sie das machen? Durch alberne Boxübungen und gefühlt stundenlange Kampfposen, die den Rand der Peinlichkeit schon lange überschritten haben. Die Message dahinter soll vermeidlich sein, dass man sich zur Rettung der Welt nicht auf Superhelden verlassen darf, doch als Publikum dieses Superheldentrainings hofft man einfach nur, dass die nimmer enden wollenden Szenen bald vorüber sind.

Wenn die Superhelden dann am Ende abgekämpft und schnaufend am Boden liegen, möchte man sich als Zuschauer am liebsten gleich daneben legen – Erschöpfungserscheinungen machen sich zu diesem Zeitpunkt nämlich auch schon beim Publikum breit.

Epilog: Ambitionen sind da

Während die Superhelden erschöpft auf dem Boden liegen, bauen Helfer die Mauer aus Kartons wieder auf, diesmal direkt vor der ersten Reihe des Publikums. Ein Epilog beendet das Ganze Schauspiel. Die Rede ist vom roten Blut, das im Herzen Europas fließt, aber auch an dessen Rändern vergossen wird. Sollten nun noch Fragen offen sein, laden die Performer das Publikum am Ende des Stückes auf zu Gesprächen hinter die Bühne ein. Fragen gibt es in der Tat unweigerlich viele, allem voran wohl die, nach dem Sinn des Ganzen.

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