Im Rahmen des Literaturfestes München fand am 27. und 28. November im Literaturhaus der Markt unabhängiger Verlage statt. Unter dem Motto „Andere Bücher braucht das Land“ fanden sich etwa 30 unabhängige Verlage aus Deutschland, Österreich und der Schweiz zusammen
Im Rahmen des Literaturfestes München fand am 27. und 28. November im Literaturhaus der Markt unabhängiger Verlage statt. Unter dem Motto „Andere Bücher braucht das Land“ fanden sich etwa 30 unabhängige Verlage aus Deutschland, Österreich und der Schweiz zusammen.
Nicht nur regionale Unterschiede gab es, auch sonst bot das Wochenende am Salvatorplatz 1 für jeden Geschmack etwas. Alt und jung waren vertreten, sowohl im Publikum als auch bei den Verlagen. Da das Münchner Literaturhaus dieses Jahr bereits zum vierten Mal zu dieser Veranstaltung geladen hat, waren zahlreiche Aussteller aus den vergangenen Jahren wieder dabei, aber auch brandneue Verlage, wie der Corso-Verlag, der im Oktober sein erstes Buch verkauft hat.
Comics, Kinder, Kuriositäten
Bevor man zu den vor Büchern überquellenden Tischen kam, wurde man von bunten Bildern begrüßt: Comicseiten aus Le Monde diplomatique - Internationale Monatszeitung für Politik, Wirtschaft und Kultur, die jetzt in einem Sammelband erschienen sind. Wer wollte, konnte sogar einige davon als Poster kaufen. Das Medium Comic nahm insgesamt eine zentrale Stellung auf dem Markt ein, denn auch die Münchner Comic Company war vor Ort und am Sonntag fand zu diesem Thema eine Podiumsdiskussion statt. Das Rahmenprogramm bot außerdem Workshops für Kinder, Signierstunden und eine Veranstaltung zu Zukunftsperspektiven unabhängiger Verlage.
Das Programm der Aussteller zeichnete sich durch ungewöhnliche Stoffe, innovative Konzepte und besondere Gestaltung aus. Nicht selten spiegelten die Bücher ganz deutlich auch die persönlichen Vorlieben der Verleger wieder. Einige der Verlage beklagen, dass ihnen der Weg in die großen Buchhandlungen verwehrt bleibt, mehr von ihnen begrüßen dies aber stolz. Das eine oder andere Buch hat es sogar schon in die Filialen der großen Buchhandelsketten geschafft, was als Zeichen des Erfolges gewertet werden kann.
Besucher, die etwas gefunden hatten, was ihrem Geschmack entsprach (bei einer so großen Auswahl war das nicht schwer), konnten in Leseecken in den Büchern schmökern. Gerade die Kinder unter den Besuchern machten davon reichlich Gebrauch, denn auch für jungen Leser war das Angebot enorm. Ältere Semester zogen es dagegen eher vor, sich in entspannter Atmosphäre mit Vertretern der Verlagshäuser zu unterhalten.
Preisgekröntes regionales Lesevergnügen
Der Tisch des lichtung Verlags war sicherlich einer der bestbesuchten dieses Jahr. Kein Wunder, denn es handelt sich um den Gewinner des Preises für einen bayerischen Kleinverlag, welcher ihm am 26. November feierlich vom Bayerischen Staatsministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst verliehen wurde. Aus dem 1987 gegründeten Kulturverein Bayerwaldforum entstanden, spezialisierte sich der lichtung Verlag aus Viechtach im Bayerischen Wald auf regionale Literatur. Eines der ersten Buchprojekte war damals Sigi Zimmerschieds Ausschwitz'n und Humor hat im Programm immer noch einen hohen Stellenwert. Aber auch Bildbände, Kochbücher und Lyrik werden herausgegeben: Hauptsache es hat etwas mit Bayern zu tun, und sei es auch nur dass die Schriftsteller von hier kommen. Dem lichtung Verlag liegt aber auch seit der Gründungszeit der Blick über die Grenze, nach Tschechien, am Herzen. Neben Reise-Literatur werden sogar Übersetzungen tschechischer Gedichte verlegt.
In der Verlagshauptstadt München ist es nicht verwunderlich, dass auch zahlreiche lokale Verlage vertreten waren. Unter anderem mixtvision, der Preisträger des letzten Jahres. Dieser junge Verlag spezialisiert sich auf Kinderbücher der besonderen Art und ist damit gleich in zweifacher Weise stellvertretend für die gesamte Veranstaltung. Unter den präsentierten Büchern ist beispielsweise die Schimpfologie – Von Angsthase bis Rotzlöffel, ein kleines Lexikon der Schimpfwörter, mit kurzen, witzigen Einträgen und herrlichen Illustrationen. Auch das Kein Buch hat mixvision im Angebot, jetzt sogar schon in zwei Versionen. Alles, was man sonst mit einem Buch nicht machen darf, ist hier erlaubt: reinkritzeln, Seiten verbrennen und sogar eine Kaugummiblase zwischen den Seiten zerplatzen lassen. Anstatt zum passiven Lesevergnügen, lädt dieses (Nicht-)Buch dazu ein, selbst tätig zu werden. Die Seiten bieten 86 Anweisungen zur Gestaltung selbiger und am Ende hat man ein persönliches Kunstwerk.
Wien ist nicht Berlin, aber fast.
Obwohl ein großen Teil der Verlage aus Bayern kam, waren auch andere deutsche Städte, sowie Österreich und die Schweiz vertreten. So zum Beispiel der Luftschacht Verlag aus Wien. Vor neun Jahren wurden die zwei Germanistikstudenten Stefan Buchberger und Gabriel Vollmann durch die Vorbereitung für ein Referat dazu inspiriert, einen Verlag zu gründen. Mittlerweile kann Luftschacht eine beachtliche Liste stylischer Publikationen vorweisen. Und auch wenn nicht jedes Buch ein Verkaufsschlager ist, so kann man zumindest sicher sein, dass die Verleger 100% hinter dem Programm stehen. Der Wiener Verlag hat in Berlin eine Vertretung und allgemein scheint die Verbindung zwischen den beiden Hauptstädten eng, wenn es um Literatur geht.
Das zeigt sich auch am Berliner Verbrecher Verlag, der einen altbekannten Wiener unter seinen Autoren hat. Der Musiker und Kabarettist Georg Kreisler hat schon in den 50er Jahren ein großes Publikum zum Lachen gebracht. Im Verbrecher Verlag ist er mit dem Lyrikband Zufällig in San Francisco – Unbeabsichtigte Gedichte vertreten und seine Texte haben nichts von ihrer Vielschichtigkeit und ihrem Humor verloren. Der Verbrecher Verlag hat aber noch weitaus mehr zu bieten. Ein besonderer Augenschmaus ist die Buchgestaltung, die vor allem bei der Belletristik durch Einfachheit überzeugt. Doch auch inhaltlich haben die Verbrecher einiges zu bieten: neben zahlreichen schrägen Themen - wie einem trotteligen Raver oder die Suche nach der Autorin eines Buches, das zum Selbstmord animiert - kommt auch Politisches nicht zu kurz.
Vielfalt könnte das inoffizielle Motto des Marktes der unabhängigen Verlage gewesen sein, denn nicht einmal beim Buch allein ließ man es bewenden: neben den Posterdrucken aus Le Monde diplomatique, wurden auch Kartenspiele und Hörbücher angeboten. Wir freuen uns schon auf den 5. Markt der unabhängigen Verlage und genießen solange noch ein paar Tage das Münchner Literaturfest und die Stapel der neuerworbenen Bücher.