Filmkritik
"Der Führer" ist zurück
Adolf Hitler - mitten im heutigen Berlin! "Er ist wieder da" bringt ihn ins Heimkino und zeigt ein Volk, das immer noch auf Hitler wartet.
Was wäre, wenn Adolf Hitler nach 70 Jahren wie aus dem Nichts in Berlin auftauchen würde? Was wäre, wenn Adolf Hitler erneut zur medialen Galionsfigur der politischen Welt in der Bundesrepublik aufsteigen würde? Und was wäre, wenn keine Person eine Ahnung hätte, dass eben jener Adolf Hitler der echte Adolf Hitler ist?
Vom Buch zum Film
Genau solch provokante "Was wäre, wenn"-Fragen stellte Timur Vermes 2012 in seinem Bestseller "Er ist wieder da". Mit Erfolg: 20 Wochen thronte das Werk rund um den in die Gegenwart katalpultierten Adolf Hitler an der Spitze der SPIEGEL-Bestsellerliste. 2 Millionen verkaufte Exemplare und ein von Christoph Maria Herbst gesprochenes Hörbuch später wurde das Buch nun verfilmt.
Adolf Hitler wacht mitten in Berlin auf! Quelle: © 2015 Constantin Film Verleih GmbH/Anne Wilk
Der Film beginnt im Jahr 2014. Wie aus dem Nichts erwacht Adolf Hitler (Oliver Masucci) im heutigen Berlin. Ohne Krieg, ohne Partei, ohne Eva. Stattdessen erlebt er ein kulturell vielfältiges Deutschland mit türkischen Zeitungen, Demokratie und Internet.
Und Hitler? Der will zurück an die Spitze. Unterstützung bekommt er von quotengeilen Medienmachern, gespielt von Katja Riemann und Christoph Maria Herbst. Diese sehen im "Führer" nicht den Diktator, sondern einen politisch nicht ganz korrekten Comedian. Und das Publikum spielt mit und lacht über die Äußerungen des TV-"Führers", scheinbar ohne nachzudenken.
"Führer"-2.0: Hitler entdeckt das Internet.
Quelle: © Constantin Film Verleih GmbH
Realität trifft Fiktion
Das alles geschieht auf eine komische, wenn auch zum Teil bizarre Art und Weise. Abseits der witzigen Momente im Film zeigt Regisseur David Wnendt ein erschreckendes Bild von Deutschland. Nicht "der Führer", sondern das Volk scheint hier der wahre Wiedergänger zu sein. Besonders deutlich wird das, wenn Hitler durch die Städte der Republik marschiert und mit den Menschen spricht. Diese sind begeistert, begrüßen den "Führer" mit dem Hitlergruß und holen sich Selfies mit dem Fake-Adolf.
"Das sind doch eh alles Schauspieler" möchte man sagen, aber man irrt. Wnendt schickte Hitler-Darsteller Oliver Masucci als "Führer" in die Fußgängerzone. "Nur so erhält man zuverlässige Antworten auf die Frage: Was würde passieren, wenn Hitler heute wieder da wäre?" erklärte der Regisseur.
Der "Führer" und "Fans" am Brandenburger Tor.
Quelle: © 2015 Constantin Film Verleih GmbH/Anne Wilk
Die Reaktionen ließ Wnendt immer wieder, fast schon dokumentarisch, in den Film einfließen. Da spricht Hitler zum Beispiel mit einer Frau über die Reinrassigkeit von Schäferhunden und das man diese nicht mit Dackeln paaren dürfe. Der reinrassige Schäferhund ginge doch sonst verloren Witzig? Definitiv! Verstörend? Irgendwie schon! Es ist die stärkste Form von Komik: entlarvend und insgeheim erschütternd.
Darf man über Hitler lachen? Definitiv!
Gerade in diesen Momenten fragt man sich: Ist es ok, über einen der größten Massenmörder der Geschichte zu lachen? Meine Antwort ist klar: Ja, man muss sogar über ihn lachen! Was mit Charlie Chaplin und seinem "Großen Diktator" begann, darf 70 Jahre später, gerade in einer Zeit, in der rechtes Gedankengut rund um Flüchtlingsdebatten aktueller und stärker den je zu sein scheint, nicht aufhören.
"Er ist wieder da" lief ab 08. Oktober 2015 im Kino und ist ab 07. April 2016 auf DVD und BluRay erhältlich.