Der Hausmeister
Absurdes Theater für Zuschauer mit langem Atem: Harold Pinter im Residenztheater.
Absurdes Theater für Zuschauer mit langem Atem: Harold Pinters "Der Hausmeister" stellt die Besucher des Residenztheaters auf eine Geduldsprobe.
Nur selten beginnt ein Theaterstück dermaßen unspektakulär: Ein grauer Raum liegt in halber Dunkelheit und wird nur spärlich von einer so gut wie ausgebrannten Glühbirne beleuchtet. Nach ein paar Minuten der Stille geht das Licht komplett aus. Im Publikum wird ratlos gehustet. Fast möchte man meinen, der Strom sei plötzlich ausgefallen. Genau diese Unsicherheit ist gewollt. Denn "Der Hausmeister" ist ganz offensichtlich kein Stück, das auf seichte Unterhaltung aus ist.
Der große Meister hinter dem langen Text
Wer den Autor kennt, der weiß, dass er einen zähen Theaterabend zu erwarten hat. Harold Pinter, seines Zeichens Literaturnobelpreisträger, war Vertreter des Absurden Theaters - einer Stilrichtung, der vor allem seine früheren Werke zuzuschreiben sind. Zu diesen gehört auch "Der Hausmeister", mit dem Pinter in den Sechzigern der Durchbruch gelang; und der absurde Einschlag ist hier absolut nicht abzustreiten. Im Kern dieser Schule liegt die Sinnfreiheit der Welt und der orientierungslose Mensch, der alleine darin umherirrt. Was auf der Bühne passiert, soll das Publikum mit einer Situation konfrontieren, die gerade eben in Echtzeit geschieht. Dass es da keine fein formulierten Dialoge und perfekt zugespitzten Parolen gibt, ist klar. Das Drehbuch für "Der Hausmeister" enthält siebzehn Mal "Stille", 163 Mal "Pause" und 362 Mal "...".
Die Kunst, aneinander vorbei zu reden
Diese wortkarge Ratlosigkeit ist das ganze Stück über fast schmerzhaft präsent. Auch nachdem die Glühbirne ausgewechselt ist, tut sich nicht sehr viel auf der Bühne. Die konkrete Handlung ist in einem Satz zusammengefasst: Jemand zieht ein und jemand zieht aus. Dazwischen liegen zweieinhalb Stunden zäher Diskussion, die sich locker doppelt so lang anfühlen. Die schauspielerische Leistung ist dabei ohne jede Frage beeindruckend: Bei einer solchen Länge und einem derart anspruchsvollen Drehbuch ist vor den drei Akteuren, die allein die Handlung tragen, nur bescheiden der Hut zu ziehen. Doch all die feinen Nuancen in Artikulation und Gestik ändern nichts daran, dass man sich stetig dabei erwischt, auf die Uhr schauen zu wollen. Auf eine Pause wartet man vergeblich. Zwar liegt in der gnadenlos kleinschrittigen Betrachtung menschlicher Macken auch eine natürliche Komik, die hier und da zum Schmunzeln bringt. Nach Verlassen des Saals bleibt aber dennoch die dominante Emotion Erleichterung: Anstrengend war's.
Die nüchterne Realität
Es mag sein, dass genau das etwas ist, wobei dem geneigten Pinter Fan das Herz aufgeht: Ohne Skrupel wird der anhaltslose Mensch in seiner kleinen Existenz in all seine Einzelteile auseinander genommen. Natürlich ist das anstrengend. Aber das ist eben auch nicht für jeden das Wahre. Lacher gab es bei der Premiere im Publikum durchaus. Doch wer mal in der S-Bahn sitzt und auf dem Weg nach Hause zwei schwerhörigen Senioren beim Streiten zuhört, der erzielt etwa den gleichen Unterhaltungswert. Nur dauert das dann hoffentlich keine zweieinhalb Stunden.
Weitere Vorstellungen von "Der Hausmeister" finden im April und Mai statt.