Spielart 2015
Der Sound des Lebens
Hat unser Leben einen Soundtrack? Die Performance „THE DJ WHO GAVE TOO MUCH INFORMATION“ untersucht, wie Musik unser Leben beeinflusst.
Ein Plattenspieler. Ein Stapel LPs. Abwechselnd werden Platten aufgelegt und einzelne Lieder gespielt. Für jeden Song gibt es eine dazugehörige Anekdote. Mal sind es Hintergrundinformationen, häufig aber persönliche Erinnerungen, die dieses Lied unter einem anderen Blickwinkel (oder in diesem Fall Ohr-Winkel) erscheinen lassen. Die gespielten Platten werden nach und nach in ein Regal gestellt, so dass sich ein zunehmendes Mosaik aus Musik und ihren Geschichten entwickelt.
Musik als Performance?
Bei jeder Perfomance ist die Reihenfolge der Platten eine andere. Im Laufe des Projekts kommen einige Prachtstücke dazu, andere fallen weg. Für den Zuschauer entsteht so eine lockere Atmosphäre, die eher improvisiert als eingeübt erscheint. In gerade dieser Wirkung soll sich die Dramaturgie von „THE DJ WHO GAVE TOO MUCH INFORMATION“ entfalten. Denn die Performance entsteht erst aus sich selbst, existiert nicht ohne den Zuschauer und –hörer. Auf diesem Wege wird zwar in der Tat eine persönliche Stimmung sowie Nähe zum Publikum geschaffen, doch handelt es sich dabei wirklich um Kunst? Dass Musik uns Menschen mitreißt, ist schließlich bereits die Grundlage des Projekt. Warum wäre man sonst hier? Wer die Platten also auflegt, spielt dabei nicht wirklich eine Rolle.
Sagt ein Lied mehr als tausend Worte?
Die kanadische Performance-Gruppe PME-Art möchte mit ihrem Projekt „THE DJ WHO GAVE TOO MUCH INFORMATION“ untersuchen, welchen Einfluss Songs auf unsere Subjektivität und Weltwahrnehmung hat. Innerhalb von drei Stunden erlebt der Zuschauer eine Art Reise durch die Welt der Musik. Einige Lieder bringen ihn zum Lachen, andere berühren ihn. Manche werden erst durch die dazu erzählte Geschichte interessant. Teilweise sind es Lieder, die man kennt, oft jedoch auch unbekannte. Fest steht: Jedes Lied drückt etwas anderes aus. Aber handelt es sich dabei wirklich um mehr als tausend Worte? Das Potenzial dafür ist zwar vorhanden, doch nutzt die in Montréal heimische Gruppe dieses leider zu wenig aus. Die kleinen Anekdoten sind zu kurz, um beim Zuschauer ein Aha-Erlebnis auszulösen. Statt zu untersuchen, welchen Einfluss Musik auf unser Leben hat, ist dies dem Zuschauer selbst überlassen. Denn obwohl es der Titel ankündigt, werden in „THE DJ WHO GAVE TOO MUCH INFORMATION“ keineswegs zu viele Informationen gegeben. Hier geht es lediglich um’s Musik-Hören.
Der Weg ist nicht das Ziel
Die Idee hinter dem Performance-Projekt ist zu schön, um wahr zu sein. Und genau dieses Problem kann man in ihrer Umsetzung erkennen. Denn wer gekommen ist, um ein paar Drinks zu trinken und dabei ein wenig Musik zu hören sowie persönliche Geschichten zu erfahren, ist hier zwar richtig aufgehoben. Wer sich jedoch auf eine tiefgehendere Beschäftigung mit ihrer Auswirkung auf den Menschen gefreut hat, wird ein wenig enttäuscht nach Hause gehen. Denn obwohl drei Stunden voller Musik immer ganz nett sind, wird einem doch nicht wirklich etwas Neues geboten. Dafür sind die Geschichten zu kurz und drei Stunden zu lang.
Die Performance "THE DJ WHO GAVE TOO MUCH INFORMATION" war in München am 31.10. im Rahmen des Spielart-Festivals in München zu sehen.