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Oscars 2018

Die "Besten Filme" für Eilige

Quelle: © Elisabeth Pohl / M94.5

Den entblößten Goldjungen wollen sie alle.

Unser handlicher Spickzettel für alle, die sich mit den diesjährigen Nominierten nicht auskennen, aber trotzdem mitreden möchten.

Es ist die mit Abstand wichtigste Kategorie bei den Academy Awards, verbunden mit viel Prestige und Glamour: der "beste Film". Auch dieses Jahr gehen wieder neun Kandidaten ins Rennen, und auch dieses Jahr hat sich unsere Kulturredaktion geopfert und fleißig Filme geschaut, damit ihr die Hard Facts kennt, ohne eine Woche im Kino verbringen zu müssen. Noch mehr Expertenwissen gibt's in der M94.5 Oscar-Nacht, vom 04. auf den 05. März zwischen Mitternacht und 6 Uhr morgens, denn wir bleiben für euch wach und begleiten die Verleihung live.

Call Me By Your Name

1983, irgendwo in Norditalien. Hier verbringt der 17-jährige Elio Perlman den Sommer mit seinen Eltern. Seine unbeschwerte Routine nimmt ein Ende, als der amerikanische Student Oliver in sein Leben tritt, um die Forschungsarbeit von Elios Vater zu unterstützen. Zunächst scheinen die beiden sich nicht sonderlich zu mögen, doch nach kurzer Zeit entspinnt sich eine vorsichtige Zuneigung zwischen Oliver und Elio.

Die Liebesgeschichte der beiden wird gefühlvoll und subtil erzählt, und bleibt dabei der gleichnamigen Romanvorlage treu. „Call Me By Your Name“ kommt ohne viel Drama aus, es braucht keine großen Gesten oder spektakuläre Handlung. Auch wenn der Film zeitweise melancholisch, fast schon träge wirkt, fühlt man sich als Zuschauer wohl in der schillernden, intensiv erlebten Welt, die Regisseur Luca Guadagnino geschaffen hat. Im Sommer haben wir schließlich alle Zeit der Welt.

Der Film wird außerdem getragen durch die exzellente Leistung seiner Schauspieler. Timothée Chalamet verkörpert Elios beißenden Humor genau wie seine Unsicherheit gegenüber Oliver, wiederum von Armie Hammer mit viel Selbstsicherheit und mindestens genauso viel Verwundbarkeit gespielt. Die beiden ergänzen sich perfekt und es entsteht eine intime und zugleich elektrisierende Spannung. jm

Darkest Hour (dt. Die Dunkelste Stunde)

Er wird in einer der schwierigsten Zeiten Großbritanniens zum Premierminister ernannt. Und dabei will ihn eigentlich niemand haben. Mit „Die Dunkelste Stunde“ verfilmt Joe Wright Winston Churchills erste Wochen im Amt und vor den wichtigsten Entscheidungen für das eigene Land: Was passiert mit den eingekesselten Soldaten in Dünkirchen? Oder geht England einen Vertrag mit Nazi-Deutschland ein?

Churchill hat eine klare Meinung, er will nicht aufgeben. Deutlich gemacht wird das durch die willensstarke Performance von Gary Oldman in der Rolle des Ministers. Oldman, eigentlich ein eher schmaler und bärtiger Mann, ist in „Die Dunkelste Stunde“ absolut nicht mehr wiederzuerkennen. Er sieht nicht nur aus wie der deutlich ältere und kräftigere Winston Churchill aus dem Jahr 1940, er spricht auch genauso undeutlich.

Insgesamt arbeitet Joe Wright in seinem Film mit ästhetischen Bildern und vor allem der Farbe Rot, die die andauernde Bedrohung des Krieges deutlich macht. Als Kriegsdrama, das abseits der Schützengräben und stattdessen vorwiegend in düsteren Hinterzimmern spielt, ist „Die Dunkelste Stunde“ vor allem etwas für Politik-Interessierte und Geschichts-Nerds. nm

Dunkirk

In „Dunkirk“ verarbeitet Christopher Nolan eine wahre Begebenheit: Unzählige britische Soldaten waren 1940 im französischen Dünkirchen eingekesselt von der näher rückenden Wehrmacht, Rettung schien unmöglich. Dabei wirft der Regisseur einen ungewöhnlichen und doch für ihn so typischen Blick auf die Operation Dynamo, die größte Rettungsaktion im Zweiten Weltkrieg.

Denn Nolan schafft kein patriotisches Bild eines Kriegsereignisses, sondern lässt alle Strategen außenvor und bleibt stattdessen durchweg bei den einfachen Fußsoldaten und Rettungskräften, die im Ungewissen darüber sind, ob sie sterben oder überleben. Dadurch durchlebt der Zuschauer 100 Minuten Überlebenskampf, realistisch und unermüdlich. Die Situation scheint ausweglos.

Die eindrucksvollen Bilder in Kombination mit dem bedrohlichen Soundtrack von Hans Zimmer fesseln den Blick und konzentrieren die Aufmerksamkeit voll und ganz auf die einzelnen Personen und ihre Schicksale. Die sind darüber hinaus meisterhaft in drei verschiedenen Zeitsträngen verwoben. Diese beeindruckende Leistung erntete ganze acht Oscar-Nominierungen. nm

Unsere ausführliche Kritik zum Kinostart lest ihr hier.

Get Out

„Get Out“ liefert ein zugespitztes Beispiel für das immer noch aktuelle Rassismus-Problem Amerikas, hier geschildert aus der Sicht von Chris. Dabei beginnt die Story wie ein klassischer Liebesfilm: Chris möchte die Familie seiner weißen Freundin kennenlernen und beschließt, sie draußen in ihrem Landhaus zu besuchen.

Der Hauptteil des Films reduziert sich räumlich nur noch auf das Landhaus, was zunehmend bedrückend wirkt. Hier wird Chris von der restlichen Welt abgekapselt. Als er auf einer Gartenparty wie ein exotisches Tier von den weißen Gästen begutachtet wird, beschließt er, vorzeitig abzureisen. Doch dafür ist es bereits zu spät.

Der düstere Aufbau wird immer wieder von komischen Szenen unterbrochen und aufgelockert. Die merkwürdigen Ereignisse, die der Zuschauer nie ganz zuordnen kann, sorgen trotzdem für eine grundlegende Anspannung. Es ist fast unvorstellbar, dass dieser Film das Regiedebüt von Komiker Jordan Peele sein soll. Die Idee für den Film hat er aus seinem eigenen Leben entnommen. Mit „Get Out“ hat er einen Psycho-Thriller geschafften, der einen perplex und kopfschüttelnd zurücklässt. Besonders vor dem Hintergrund der immer wieder auftretenden Rassismus-Vorwürfe gegenüber der Academy ist „Get Out“ ein verdienter Oscar-Favorit. ad

Lady Bird

Nach "Moonlight" 2017 hat es auch dieses Jahr wieder ein Vertreter des “Coming-of-Age”-Genres unter die Nominierten geschafft. “Lady Bird” – das Regiedebüt der eigentlich als Schauspielerin bekannten Greta Gerwig – dreht sich um Christine McPherson, 17 Jahre alt, und ganz versessen darauf, „Lady Bird“ genannt zu werden.

Klingt schräg — ist es auch. Der Film ist in jedem Fall außergewöhnlich, wenn auch nicht jedermanns Geschmack. Der eigentlich Oscar-untypische Indie-Streifen lässt uns einen Blick in das Erwachsenwerden der 17-Jährigen werfen, inklusive Selbstfindung, Chaos, Krisen und katholischer Mädchenschule. Das Besondere: „Lady Bird“ vermeidet Schubladen und Klischees.

Die Schauspielleistung und das Zusammenspiel von Tochter und Mutter, Saoirse Ronan und Laurie Metcalf, geben “Lady Bird” seine Qualität. Dabei ist es nicht nur eine turbulente Story über das Erwachsenwerden, sondern auch eine Erinnerung daran, dass Liebe manchmal Aufmerksamkeit bedeutet — und Aufmerksamkeit eben Liebe. Mit starken Frauen nicht nur vor, sondern auch hinter der Kamera setzt die Nominierung gerade nach den voran gegangenen Skandalen zu Harvey Weinstein & Co. ein Zeichen — für mehr Frauen und Feminismus in Hollywood. vs

Phantom Thread (dt. Der Seidene Faden)

Es ist ein Traum für jede PR-Abteilung: Der Hauptdarsteller, mehrfacher Oscar-Preisträger, verkündet, dass dies sein letzter Film gewesen sein soll. Kein Wunder also, dass „Der Seidene Faden“ jede Menge Aufmerksamkeit in der Presse bekommt; vielleicht ein bisschen mehr, als die stille Story vor eleganter 50er-Jahre-Kulisse tatsächlich verdient hätte.

Die Geschichte von Drehbuchautor und Regisseur Paul Thomas Anderson sieht zunächst nach Pygmalion aus – ein weltgewandter Lebemann erzieht sich ein naives Landei nach seinen Vorstellungen. Tatsächlich lässt sich die zur Muse aufgestiegene Kellnerin Alma (Vicky Krieps) nicht verbiegen und fordert den kreativen Feingeist (Daniel Day-Lewis) heraus, lässt ihn leiden und gibt ihm damit genau das, was er unbewusst sein Leben lang gesucht hat. Leslie Manville gibt mit einer fast schon komischen Beiläufigkeit die Schwester des Modeschöpfers, eine graue Eminenz, die nicht nur die Geschäfte führt, sondern auch die ausgemusterten Geliebten schasst.

Das alles ist schön anzusehen und auch schön anzuhören, weil Radiohead-Gitarrist Jonny Greenwood den Soundtrack beigesteuert hat. Leider drängt sich der bisweilen so in den Vordergrund, dass er die Dialoge erdrückt. Ein wirklich bitterer Beigeschmack bleibt aber nur für Rahmschwammerl-Fans zurück – dieser Film zerstört für immer das Vertrauen in Pilzgerichte. ml

The Post (dt. Die Verlegerin)

Als die Washington Post 1971 in den Besitz der streng geheimen Pentagon-Papiere kommt, muss sich die Verlegerin – gespielt von Meryl Streep – entscheiden: Veröffentlicht sie die Recherchen, droht den Redakteuren eine Gefängnisstrafe und der traditionsreichen Zeitung der wirtschaftliche Ruin. Entscheidet sie sich dagegen, kommt die US-Regierung mit den Lügen über den Vietnamkrieg davon.

Steven Spielberg produzierte „Die Verlegerin“ in nur sechs Monaten. Der aktuelle Bezug des Films ist nicht zu leugnen. Der US-Präsident Donald Trump erklärt Fakten regelmäßig für ungültig und wirft mit Fake News um sich. In der Türkei befinden sich, auch nach der Freilassung Deniz Yücels, immer noch zahlreiche Journalisten hinter Gittern, weil sie sich trotz Drohungen für eine wahrheitsgemäße Berichterstattung eingesetzt haben. Vor diesem Hintergrund lässt sich "Die Verlegerin" durchaus als Hommage an das gedruckte Wort lesen: Wenn in der Zeitungsdruckerei die Buchstaben auf das raue Papier abgedruckt werden und die fertigen Zeitungen auf ratternden Fließbändern vorbeirauschen, kann man die Druckerschwärze als Kinobesucher förmlich riechen.

 „Die Verlegerin“ ist außerdem nicht nur eine Geschichte über die Pressefreiheit, auch die Emanzipation spielt eine wichtige Rolle. Streep spielt die Verlegerin Katharine Graham hervorragend als eine eher zurückhaltende Frau, die zunächst noch etwas unsicher erscheint, jedoch im Laufe des Films immer mehr Selbstbewusstsein erlangt. Als sie ihre Entscheidung einmal getroffen hat, ist sie nicht mehr davon abzubringen. Für diese Rolle erhielt die Schauspielerin ihre 21. Oscar-Nominierung. sg

Unsere ausführliche Kritik zum Kinostart lest ihr hier.

Shape of Water

Eine so kuriose Liebesgeschichte hat der Kinozuschauer wohl noch nie gesehen: Die stumme Putzfrau Elisa verliebt sich in einen Amphibien-Mann, den die Amerikaner als Waffe im Kalten Krieg verwenden wollen.

Trotz dieser skurrilen Story ist der Film unfassbar authentisch, liefert schöne Musik von Alexandre Desplat und liebenswerte Charaktere, sowie eine berührende Love-Story der ganz anderen Art – und wird damit zum Meisterwerk. Erzählt wird es aus der Sicht von Elisas Nachbar; auch der ältere schwule Künstler von nebenan wird schnell zum Publikumsliebling.

Ein Film, der so lebendig ist wie ein Fisch im Wasser, da er so vieles richtig macht: Randgruppen werden hervorgehoben und zu Hauptfiguren mit Herz verwandelt, während der Zuschauer eine außergewöhnliche Liebesgeschichte erleben darf. Regisseur Guillermo del Toro sprengt mit „Shape of Water“ die Vorstellungskraft der Zuschauer und zaubert uns ein modernes Märchen in die Kinos. jr

Unsere ausführliche Kritik zum Kinostart lest ihr hier.

Three Billboards Outside Ebbing, Missouri

Auf den ersten Blick wirkt Mildred Hayes wie eine verbitterte, alte Frau, die zu viel flucht. Kennt man erst einmal ihre Geschichte, verzeiht man ihr ihre plumpe Art und versteht, dass hinter diesem harten Kern nur eine Frau steckt, die Gerechtigkeit will. Mildreds Tochter wurde vergewaltigt und umgebracht. Ein Jahr später hat die Polizei immer noch keinen Verdächtigen festnehmen können. Um den Fall in der Öffentlichkeit zu halten, mietet sie drei Werbetafeln am Ende der Stadt, um die Polizei zu provozieren.

Mit „Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“ hat Regisseur Martin McDonagh (“Brügge sehen und sterben”) ein Genre-übergreifendes Meisterwerk erschaffen. Der dramatische Kern des Films wird durch die komisch wirkende, vulgäre Sprache und den schwarzen Humor gebrochen. Oscar-Preisträgerin Frances McDormand zieht einen als Mutter, die es alleine gegen eine ganze Stadt aufnimmt, vollkommen in den Bann. Die beiden scheinbar korrupten Polizisten im Ort, gespielt von Woody Harrison und Sam Rockwell, bekommen aber ebenfalls die nötige Zeit, um ihren Charakter zu entfalten und ihre eigene Geschichte zu erzählen.

Der Film lässt unterschiedliche Menschen in einer fiktiven, aber typisch amerikanischen Kleinstadt aufeinanderprallen. Mit unvorhersehbaren Szenen liefert der Film eine besonders traurige, und gleichzeitig besonders lustige Geschichte, überzeugend dargestellt durch talentierte Schauspieler. ad

Unsere ausführliche Kritik zum Kinostart lest ihr hier.

Platte des Monats

Conor O'Brien zeigt mit The Art of Pretending to Swim, dass Indie-Folk auch im Jahr 2018 noch spannender klingen kann, als man das von diesem Genre erwartet hätte. Das vierte Album der Villagers vereint, was eigentlich widersprüchlich wirkt: Folk mit R'n'B und Experimentierfreude mit Zugänglichkeit. 

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M94.5 präsentiert
Donnerstag, 18. Oktober, 18 Uhr
M218 LMU Hauptgebäude
 
Munich Rocks!
Donnerstag, 18. Oktober 2018
 
Freitag, Samstag: 19./20. Oktober
 
Neuhauser Musiknacht
Samstag, 27. Oktober 2018
M94.5 Bühne @ Freiheizhalle

 

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