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Olli „Dittsche“ Dittrich als menschgewordene Statistik ist sehenswert, aber nicht königlich

Die Krone des Mittelmaßes

Autor(en): Vero Bock am Mittwoch, 4. September 2013
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Quelle: Copyright: Zorro Film

Copyright: Zorro Film

Olli „Dittsche“ Dittrich als menschgewordene Statistik ist sehenswert, aber nicht königlich

Olli „Dittsche“ Dittrich als menschgewordene Statistik ist sehenswert, aber nicht königlich.

 

Mit den Vätern ist das so eine Sache. Sie sind manchmal Vorbild, manchmal Warnung, aber man kommt nicht drum rum, sich mit ihnen vergleichen zu lassen. Der Vater von Alex ist zum Beispiel total langweilig und spießig. Deswegen gründet er mit seiner Freundin Mira eine Poprock-Band – um zu zeigen, dass es noch Leben gibt in "Schland". Im Laufe des Films König von Deutschland werden Alex und Mira deswegen die Einzigen sein, die Protagonist Thomas Müller, dem Vater von Alex, im Kampf gegen die Industrie, das Establishment und überhaupt helfen.

 

Etwas ist faul im Staate Schland

 

Thomas Müller (Olli Dittrich, Dittsche) ist nämlich der heimliche König von Deutschland. Nicht im satirisch-rebellischen Sinne von Rio Reiser, sondern ganz pragmatisch deswegen, weil er so exakt dem durchschnittlichen Deutschen Mann entspricht, dass böse Menschen wie Stefan Schmidt (Wanja Mues, Der Pianist) damit Geld machen wollen und Marktforschung am lebenden Objekt betreiben.

Bis hierhin ist der interessanteste Teil der Story leider schon erzählt, was dann passiert ist leider absolut vorhersehbar: Ehefrau Sabine Müller (Veronica Ferres, Unter Bauern) ist scharf auf Kohle und Eigenheim und lässt sich auf die böse Seite ziehen. Thomas dämmert langsam alles und die einzigen, die zu ihm halten und ihn als Individuum wahrnehmen, sind Sohn Alex (Jonas Nay, Homevideo) mit Freundin Mira (Jella Haase, Kriegerin) und die heiße Kollegin Ute (Katrin Bauerfeind, Harald Schmidt).

 

Die deutsche Durchschnittscouch ist beige

 

...und der deutsche Durchschnittsfilm hat ein Happy End, dessen dataillierte Ausgestaltung sich bei genauer Beobachtung meistens schon in den ersten 40 Minuten des Films vorhersagen lässt. So ist es auch bei König von Deutschland, der zwar auf einer wirklich originellen Idee beruht (die Personifizierung von Statistiken), sein Potenzial aber nicht mal ansatzweise ausschöpft und so selber Durchschnitt bleiben muss – wobei sich hier natürlich die Frage stellt, ob dieses Mittelmaß so gewollt war. Auch wenn Olli Dittrich und Wanja Mues alles tun, um dagegen anzuspielen und es Spaß macht, ihnen dabei zuzusehen.

Fairerweise muss man anerkennen, dass König von Deutschland wirklich gut inszeniert ist. Überall findet man kleine Details, die einen zum Schmunzeln bringen oder sich tatsächlich an Statistiken orientieren.

Ein zusätzliches Highlight des Films ist auf jeden Fall die Wahlkampfstrategie der SÖLK-Partei (Sozial-ökologisch-liberal-konservativ), die ihre Strategie an der gefühlten politischen Meinung von König Müller ausrichtet. Besonders in Zeiten des Wahlkampfs ein Augenschmaus!

 

...was des Königs ist

 

Fazit: Eine wunderbare Idee mit toller Besetzung und einwandfreier Inszenierung, der es leider am Kernstück des Kinos fehlt: An einer packenden Story. Wenn man sich allerdings vor Augen führt, dass König von Deutschland der Abschlussfilm des Regisseurs und Autors an der dffb ist, so kann man im großen und ganzen doch von einem gelungenen Film sprechen und hoffen, dass die nächste außergewöhnliche Idee etwas bissiger und packender umgesetzt wird.

 

Und um den Bogen zu den Vätern zu spannen: Der Regisseur und Autor heißt David Dietl und verdient es wie jeder andere Mensch, unabhängig von der Arbeit seines Vaters Helmut beurteilt zu werden. Auch wenn er diesem seine Connections und damit die Star-Besetzung seines Debüt-Films zu verdanken hat.

 

Der König von Deutschland residiert ab 5. September in den deutschen Kinosälen.

 

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