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M94.5 Filmkritik

Die Verlegerin

Quelle: © Universal Pictures International

Angespannte Lage zwischen Verlegerin und Chefredakteur.

Spielbergs neuester Streich hat alles, was ein Oscar-Kandidat braucht: Eine historische Story, ein bisschen Pathos, Tom Hanks, und Meryl Streep.

Als die Washington Post 1971 in den Besitz der streng geheimen Pentagon-Papiere kommt, muss sich die Verlegerin – gespielt von Meryl Streep – entscheiden. Wenn sie sich für die Veröffentlichung entscheidet, droht den Redakteuren eine Gefängnisstrafe und der traditionsreichen Zeitung der wirtschaftliche Ruin.

Die Lage der Nation

Kay Graham (Meryl Streep) hat es als erste weibliche Zeitungsverlegerin in den USA ohnehin nicht leicht. Sie muss sich in der Männerdomäne behaupten und außerdem den Gang der Washington Post an die Börse meistern. Jetzt darf nichts schiefgehen, denn Kompetenz traut ihr ohnehin niemand zu. Doch genau zu diesem Zeitpunkt spielt der Whistleblower Daniel Ellsberg dem Redaktionsteam der Washington Post brisante Dokumente zu.

Die sogenannten „Pentagon Papers“ belegen, dass der Vietnamkrieg ein einziges Desaster ist und vier amerikanische Regierungen hintereinander über Jahre hinweg die Bevölkerung systematisch belogen haben. Weil sich die US-Regierung die Niederlage an der vietnamesischen Front nicht eingestehen wollte, wurden weiterhin Soldaten in die Krisenregionen gesandt, obwohl die Lage dort bereits aussichtslos war. Während das Team um Chefredakteur Ben Bradlee (Tom Hanks) noch Ordnung ins Chaos der Pentagon Papers bringt, muss die Verlegerin die wohl wichtigste Entscheidung in der Geschichte der Washington Post treffen: Drucken oder nicht?

Hoch aktuell mit einem Hauch Nostalgie

Steven Spielberg produzierte „Die Verlegerin“ in nur sechs Monaten. Der aktuelle Bezug des Films ist nicht zu leugnen. Das spannende Politdrama erinnert stark an die Watergate-Affäre, Edward Snowden oder "Spotlight" (Oscar für den Besten Film 2016). Spielberg ist und bleibt ein genialer Geschichtenerzähler. Und so führt er die Zuschauer mit viel Liebe zum Detail durch den ersten Leak der Pressegeschichte. „Die Verlegerin“ ist außerdem nicht nur eine Geschichte über die Pressefreiheit, auch die Emanzipation spielt eine wichtige Rolle.

Mit Meryl Streep und Tom Hanks sind gleich zwei brillante Schauspieler mit an Bord. Streep spielt die Verlegerin Katharine Graham hervorragend als eine eher zurückhaltende Frau, die zunächst noch etwas unsicher erscheint, jedoch im Laufe des Films immer mehr Selbstbewusstsein erlangt. Als sie ihre Entscheidung einmal getroffen hat, ist sie nicht mehr davon abzubringen. Für diese Rolle erhielt die Schauspielerin ihre 21. Oscar-Nominierung. Sie spielt ihr Rolle zwar wirklich gut, jedoch nicht so außergewöhnlich, dass sie fest mit einer weiteren Auszeichnung rechnen könnte. Tom Hanks verkörpert den selbstsicheren Chefredakteur Ben Bradlee perfekt und verleiht ihm nebenbei noch eine komische Note.

Bei „Die Verlegerin“ handelt es sich um einen überdurchschnittlich guten Film. Besonders die Sequenzen in der Zeitungsdruckerei sind fantastisch. Wenn die Buchstaben auf das raue Papier abgedruckt werden und die fertigen Zeitungen auf ratternden Fließbändern vorbeirauschen, kann man die Druckerschwärze als Kinobesucher förmlich riechen. Eine Hommage an das gedruckte Wort! Im Vergleich zum englischen Titel „The Post“, mag die deutsche Version „Die Verlegerin“ etwas plump klingen. Der Unterschied ist aber nur, dass er den Fokus eher auf Kay Graham, ihre starke Persönlichkeit und ihre mutige Entscheidung legt.

Chancen auf einen Oscar?

„Die Verlegerin“ vereint eigentlich alles, was ein Oscar-Favorit so mitbringen sollte. Der Film hat einen aktuellen Bezug, denn Pressefreiheit ist selbst im 2018 noch nicht selbstverständlich. Der US-Präsident Donald Trump erklärt Fakten regelmäßig für ungültig und wirft mit FakeNews um sich. In der Türkei befinden sich, auch nach der Freilassung Deniz Yücels, immer noch zahlreiche Journalisten hinter Gitter, weil sie sich trotz Drohungen für eine wahrheitsgemäße Berichterstattung eingesetzt haben. Trotzdem sind Experten der Meinung, dass der Politthriller höchstwahrscheinlich keine Auszeichnung erhalten wird. Es wird jedenfalls nicht einfach, sich gegen hochkarätige Gegner wie „Shape of Water“ oder „Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“ durchzusetzen.

„Die Verlegerin“ ist ab dem 22. Februar 2018 in den deutschen Kinos zu sehen.

Platte des Monats

Conor O'Brien zeigt mit The Art of Pretending to Swim, dass Indie-Folk auch im Jahr 2018 noch spannender klingen kann, als man das von diesem Genre erwartet hätte. Das vierte Album der Villagers vereint, was eigentlich widersprüchlich wirkt: Folk mit R'n'B und Experimentierfreude mit Zugänglichkeit. 

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