Filmfest 2015
Ein Spiel um Macht
"True Story" erzählt die wahre Geschichte über einen Mordfall aus dem Jahr 2002. Was vielversprechend klingt, zeigt in der Umsetzung einige Schwächen.
Der "Times"-Journalist Michael Finkel, gespielt von Jonah Hill, ist auf dem Höhepunkt seiner Karriere. Nach einer Afrikareise veröffentlicht er im „New York Times Magazine“ seine zehnte Titelstory, die er stolz zu den anderen Covern an die Wand hängt. Doch als herauskommt, dass er die Titelfigur aus verschiedenen realen Personen erfunden hat, wird er prompt gefeuert. Im Rausch des Erfolgs hat Finkel eine der wichtigsten Eigenschaften des Journalismus aus den Augen verloren: Die Wahrheit.
Es scheint die Ironie des Schicksals zu sein, die ihn genau zu diesem Zeitpunkt auf einen der raffiniertesten Lügner Amerikas treffen lässt. Christian Longo, gespielt von James Franco, wird in Oregon des Mordes angeklagt. Ihm wird vorgeworfen, nach der Arbeit seine Frau und seine drei kleinen Kinder grausam ermordet und die Leichen in einen Fluss geworfen zu haben. Auf der Flucht durch Mexiko gibt er sich als Michael Finkel von der New York Times aus. Als Mike davon erfährt, nimmt er sofort Kontakt mit dem Häftling auf. Eine Entscheidung, die sein Leben vollkommen auf den Kopf stellt.
Zwischen Wahrheit und Lüge
Was folgt, ist ein Psychospiel zwischen Lüge und Wahrheit. Longo entpuppt sich als sympathischer Mann, der Finkel schon allein durch seine große Bewunderung für sich gewinnen kann. In zahlreichen Gefängnisbesuchen sichert er Mike eine vielversprechende Exklusivstory zu. Er möchte ihm „die Wahrheit“ erzählen, wenn Mike ihm im Gegenzug die Kunst des Schreibens lehrt. Mike, der seine große Chance für ein Comeback wittert, geht auf das Angebot ein und beginnt ein Buch zu schreiben. Doch immer wieder fällt ihm das widersprüchliche Verhalten Longos auf und so mischt sich Finkels Vorfreude mit dem unguten Gefühl, dass Longo ihm etwas verschweigt.
James Franco, der für die Rolle des sympathischen Verbrechers wie geschaffen scheint, gelingt es, nicht nur Mike, sondern auch den Zuschauer zu verunsichern. Bei jedem Grinsen, bei jedem vielsagenden Blick in Francos Augen, fragt man sich, was der vermeintliche Mörder wohl zu verbergen hat. Steckt hinter dem Verbrechen ein größerer Zusammenhang? Ist die Trauer um seine Familie echt? Und vor allem: Ist er schuldig?
Warten auf Antworten
Neben den herausragenden schauspielerischen Leistungen der Hauptdarsteller sind es hauptsächlich diese Fragen, die den Film tragen. Bis zu den alles entscheidenden Antworten ist jedoch Geduld gefragt, denn trotz regulärer Spielfilmlänge von knapp 100 Minuten wirkt der Film unglaublich zäh. Ob sich das Ausharren am Ende lohnt, muss dabei jeder für sich entscheiden.
„True Story: Spiel um Macht“ basiert auf einer wahren Geschichte aus dem Jahr 2002. Eine Tatsache, die vermutlich ausreicht, um den ein oder anderen Zuschauer ins Kino zu locken. Doch die Realität spielt sich bekanntermaßen nicht immer in hollywoodverdächtigen Spannungsbögen ab. Vielleicht hätte es dem Film also gut getan, die Handlung an manchen Stellen ein wenig zu raffen und zu würzen, statt sich wahrheitsgetreu an jedes Detail zu klammern. Die Rolle von Finkels Freundin Jill (Felicity Jones) wirkt beispielweise ein wenig überflüssig und wäre in einem fiktiven Drehbuch vermutlich gar nicht erst aufgetaucht. Überrascht wird man jedoch von Jonah Hill, dem die Rolle des seriösen Journalisten unerwartet gut steht.
Fazit
Der Thriller „True Story: Macht um Spiel“ besticht vor allem durch seine Hauptdarsteller und eine faszinierende Geschichte, die aber leider nicht optimal umgesetzt wurde.
Im Rahmen des Filmfest München läuft "True Story: Spiel um Macht" nochmal am 1. Juli um 21:30 Uhr im City Kino und am 2. Juli um 17:00 Uhr im Filmtheater Sendlinger Tor. Ab dem 6. August 2015 kann man den Thriller regulär in den deutschen Kinos sehen.