Filmfest 2016
Eine Reise ins Ungewisse
"Fannys Reise" ist die französische Antwort auf Benignis Klassiker "Das Leben ist schön".
„Du darfst niemals Angst haben, Fanny, niemals!“ – diese Worte gibt Madame Forman, die Aufseherin des Kinderheims, in dem jüdische Mädchen und Jungen während des Zweiten Weltkriegs vor den Nationalsozialisten versteckt wurden, der 13-jährigen Fanny mit auf den Weg. Dabei hätte das Mädchen allen Grund dazu, sich zu fürchten. Da die Kinder auch im Heim nicht mehr vor der Gestapo sicher sind, werden sie auf die weite Reise von Frankreich in die Schweiz geschickt.
Von Anfang an begleitet man Fanny gebannt bei ihrem gewagten Abenteuer und bewundert, wie sehr sie die Worte ihrer Aufseherin beherzigt.
Keine Kinderaufgabe
Fanny soll die Gruppe anführen, was alles andere als eine Kinderaufgabe ist. Sie muss die Jüngeren immer wieder ermutigen, weiter durch Wald und Wiesen zu marschieren, auch wenn deren Füße schon blau vom Gehen sind, und zugleich die Älteren von ihrem Vorgehen überzeugen. Dabei gerät sie häufig an den gleichaltrigen Victor, einem schwarzen Lockenkopf mit rundlicher Brille. Der fühlt sich von den Aufsehern verraten und will Fanny nicht als Anführerin akzeptieren.
Anhand dieses Beispiels veranschaulicht der Film, wie unterschiedlich Kinder denken und handeln, was jedoch nicht an ihrer Herkunft oder Religion, sondern schlicht an ihrem Naturell liegt. Es ist rührend mit anzusehen, wie die Kinder im entscheidenden Moment doch zueinanderstehen. Die Älteren nehmen die Jüngeren schließlich Huckepack, und Fanny und Victor spenden sich Trost in Augenblicken des Kummers. Die Szenen wirken dabei glaubwürdig und die jungen Schauspieler scheinen so eingespielt, als würden sie sich aus der Krabbelgruppe kennen.
Auch kleinere Rollen in Fannys Reise sind vollgepackt mit Leben. So wie der Küchenjunge Elie, dem Fanny im Heim oft beim Kochen unter die Arme greift. Ihm gelingt es tagtäglich, aus den wenigen Zutaten, die im Krieg zu erwerben sind, köstliche Mahlzeiten zu zaubern. Mit einem Strahlen im Gesicht, als wäre der Krieg nur ein lustiges Spielchen, erklärt er dem Mädchen, dass es nur einer Spur Fantasie bedürfe, um die fehlenden Erdbeeren im Dessert herauszuschmecken.
Ein Lehrstück für Groß und Klein
Auf eine ebenso magische Art und Weise wie Das Leben ist schön zeigt der Film Fannys Reise, dass selbst harte Stunden glückliche Momente beinhalten, wenn man es nur zulässt. Das macht den Film auch für Erwachsene lehrreich. Durch die unzähligen Hügel, die die Kinder überwinden müssen, um am Ende in den Bergen der Schweiz anzukommen, ist man von Anfang bis Ende gefesselt. Der Film zeigt, zu welch außergewöhnlichen Leistungen Kinder bereits im Stande sind. Das dürfte den kleineren Zuschauern viel Selbstbewusstsein geben und ihnen womöglich helfen, auch auf Madame Formans Worte über die Angst zu hören.
Fannys Reise wurde auf dem Filmfest München mit dem Fritz-Gerlich-Filmpreis ausgezeichnet. Damit ehrt die katholische Filmproduktionsgesellschaft Tellux Filme, die ein Zeichen für Engagement und Zivilcourage setzen.