M94.5 Filmkritik
Entgleiste Action
Im neuen Actionthriller „The Commuter“ muss Liam Neeson ein Wettrennen gegen die Zeit gewinnen. Mal wieder…
Was haben viele Münchner Stadtrandbewohner und Liam Neeson im neuen Kinofilm „The Commuter“ gemein? Sie pendeln zum Ort ihres täglichen Schaffens! Eine derart nervige Beschäftigung zum Thema und Titel eines Films zu machen, klingt erst einmal nach gewaltig wenig Aufregung für Actionheld Liam Neeson. Und tatsächlich: Zu Beginn des Films lernt der Zuschauer den von Neeson verkörperten Michael MacCauley als absoluten Durchschnittstypen kennen. Mit Anfang 60 steht der ehemalige Cop und jetzige Versicherungsmakler kurz vor der Rente. Sich zurücklehnen kann sich MacCauley aber nicht, denn sein Briefkasten ist voller Rechnungen. Darum hat MacCauley seit 10 Jahren einen strikten Tagesplan: Um 6 Uhr morgens aufstehen, vom Vorort aus mit dem Zug in die Stadt fahren, arbeiten. Alles, um sein beschauliches Leben aufrecht zu erhalten…
Was nach einer vorerst eintönigen Handlung klingt, wird filmisch aber sehr gelungen umgesetzt: In sich wiederholenden Szenen wird deutlich, was für eine präzise Routine MacCauley tagein, tagaus erlebt. Diese wird aber jäh durchbrochen, als ihm sein Vorgesetzter die Kündigung auf den Tisch legt.
100.000$ oder wie man sich richtig Ärger einhandelt
Richtig Fahrt nimmt der Film auf, als sich auf dem Heimweg eine mysteriöse Unbekannte zu MacCauley ins Zugabteil setzt. Sie unterbreitet ihm ein überraschendes Angebot: Wenn er es schafft, eine bestimmte Person im Zug ausfindig zu machen, winkt ihm eine Belohnung von satten 100.000$. Um den Passagier zu identifizieren, erhält MacCauley allerdings nur zwei vage Hinweise: seinen Namen und seinen Zielbahnhof. Der Ex-Cop ist skeptisch. Doch ihm bleibt keine Wahl: „Zwingen Sie mich nicht, jemandem weh zu tun, den Sie lieben,“ sagt ihm die Fremde noch. Und damit gerät MacCauleys eigene Familie in die Schusslinie. Er kann nicht anders, als den Deal einzugehen. Und ihm bleibt nur eine Stunde Zeit…
Rasant oder übers Ziel hinausgeschossen?
Die Rolle des Michael MacCauley ist Action-Spezialist Neeson natürlich auf den Leib geschneidert. Kein Wunder, da Regisseur Jaume Collet-Sera und Neeson bereits erfolgreich in den Thrillern „Unknown Identity“ und „Non-Stop“ zusammengearbeitet haben. Auch mit inzwischen 65 kauft man Neeson den knallharten Kämpfer mit weichem Herz noch ab. Und selbst die Nebenrollen sind sehr gut besetzt, viele Serienstars wie Jonathan Banks („Breaking Bad“), Elizabeth McGovern („Downton Abbey“) oder Jungstar Dean-Charles Chapman („Game of Thrones“) geben sich in „The Commuter“ die Ehre. Allerdings kommen und gehen die bekannten Gesichter ähnlich schnell wie – nun ja – ein- und aussteigende Fahrgäste in einem Zug.
Auch die Handlung und die Actionszenen in „The Commuter“ bleiben letztlich austauschbar. Die schönen, episodenhaften Aufnahmen zu Beginn weichen spätestens ab der Mitte des Films hektisch geschnittenen Kampfszenen und übertriebenen Explosionen. Auch die Dialoge bleiben nach dem Zusammentreffen mit der mysteriösen Unbekannten eher oberflächlich. Nicht nur für Hauptfigur MacCauley entgleist die Situation, sondern auch dem Zuschauer zunehmend die Begeisterung für diesen Film. „The Commuter“ bleibt somit ein eher durchschnittlicher Action-Streifen, den man so oder so ähnlich einfach schon zu oft gesehen hat.
"The Commuter" ist ab 11. Januar 2018 im Kino zu sehen.